So ein Rheinland-Pfalz Ticket der Bahn muss man ja mal ausnutzen, daher schaute ich nach dem glorreichen 0:0 der TuS aus Kowelenz noch in Bonn vorbei, denn in der alten Bundeshauptstadt gibt es seit einiger Zeit mitten in der Fußgängerzone unweit des Bahnhofs in der Brüdergasse 6 eine schicke Craftbeer-Bar. Die Bar Balthasar (zur Facebookseite) bietet Hotelanschluss, acht Hähne und eine durchaus beachtliche Karte mit Flaschenbieren. Bestellt wird an der Theke, die Leute vor Ort machten jederzeit den Eindruck, dass man weiß, was man da so verkauft. Auch wenn es dann doch zu Verwirrung kam.
Es gab auch einen konkreten Anlass, sich durch das Heer der Karnevalisten den Rhein entlang aufzumachen, denn vier der acht Hähne hatten sich die Berliner von Fuerst Wiacek reserviert. Entsprechend gespannt war ich, denn nach dem Mashsee Tap Takeover in Trier letzte Woche war die Messlatte an ein derartiges Event durchaus hoch.
Fuerst Wiacek hat sich in der Bierwelt einen exzellenten Ruf mit modern interpretierten IPAs erarbeitet, neben Sudden Death und Frau Gruber gibt es wohl nur wenige Teutonenbrauer, die in diesem Bereich den sehr hohen internationalen Standards gerecht werden. Und dass man in der internationalen Szene angekommen ist, bezeugen Kollaborationen mit zahlreichen Spitzenbrauereien.
Das Erfolgsgeheimnis der von Georg Fuerst und Lukasz Wiacek gegründeten Brauerei liegt neben der Qualität auch darin, dass man sich rar macht. Die Biere werden mit einer mir bekannten Ausnahme nicht in Flaschen oder Dosen abgefüllt und sind daher nur vom Fass zu bekommen, in der Regel nur in Berlin oder zu Anlässen wie diesem. Da ich häufiger dort vor Ort bin, waren mir Fuerst Wiacek nicht unbekannt, außerhalb der Hauptstadt war dies nun eine Premiere für mich.
Als Sauerbierliebhabber war ich natürlich gespannt, was die Hopfenvirtuosen in diesem Bereich zu leisten im Stande waren. Daher war es das Fuzz, ein Sour Farmhouse IPA, das den Nachmittag eröffnen sollte. Und ich war maximal irritiert, denn mit einem Sauerbier hatte das im Glas irgendwie nicht viel zu tun, ich fühlte mich fast an ein Session IPA erinnert. Die Brauer selbst waren im Nachhinein ebenso skeptisch wie ich und sich sicher, dass dies garantiert nicht ihr Bier war. Ich hätte sofort eine B-Probe nehmen müssen (und ärgere mich ziemlich über mich selbst), bewerten kann und will ich das Fuzz somit nicht.
Die folgenden drei Biere deckten unterschiedliche IPA-Stile ab:
- Sugar Spun ist ein dezent trübes New England IPA. Es hat die markante saftige Textur und erinnert vom Geschmack her an überreife Pfirsiche. Hinten wird es dann auch ordentlich bitter und behält eine spürbare Kantigkeit.
- Like Robots, eine Kollaboration mit Wylam aus England, kannte ich schon von Billies Craft Beer Fest 2018. Ein richtig rundes Bier, mit saftigem, aber durchaus anschmiegsamen Körper, betont grasigen Aromen und einer griffigen Bitterkeit. Dazu gibt es noch einen kleinen Fruchtkorb mit Orange, Mango und Aprikose. Für mich das Highlight des Tages.
- Whirly Brain, ein Double IPA mit Ecken und Kanten; auch hier dominierten grasige Aromen, die dann von einer leichten Süße hinten aufgefangen werden.
Ich gebe zu, mit Fuerst Wiacek tue ich mich schwer. Schon bei meinen mittlerweile recht häufigen Berlinbesuchen versuchte ich dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, so recht ist es mir bis heute nicht gelungen. Aber wer mich kennt weiß, dass ich nicht so leicht aufgebe, ich will endlich den Punkt erreichen, wo es Klick macht und ich mein Fuerst Wiacek Bier finde. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass mir das irgendwann gelingen wird. Der nächste Besuch in der Hauptstadt ist auf jeden Fall bereits geplant.
Und wer schon einmal in Bonn ist, sollte auch einen Abstecher zu P&M Getränke machen, ein wirklich außergewöhnlicher Biershop, der mit unglaublich viel Herz und Liebe geführt wird (Elsässerstrasse 33).
Zu meinem Berlin Craft Beer Guide geht es hier:
Teil 1: Zu Besuch in der Bierhauptstadt (April 2015)
Teil 2: Die Stadt der Craft Beer Tempel (Februar 2018)
Teil 3: Die Stadt der Craft Beer Tempel (Teil 3)