Die Woche im Norden Siziliens ging viel zu schnell vorbei, doch wir freuten uns sehr auf den Süden, wo wir eine Wohnung mit herrlichem Meerblick direkt oberhalb des kleinen Örtchens Seccagrande gemietet hatten. Nach den vielen Kirchen in den vergangenen Tagen standen hier vor allem die weltberühmten antiken Ausgrabungsstätten auf dem Programm.
Der Weg von Casteldaccia nach Seccagrande führt über die Autobahn an Palermo vorbei in den Westen der Insel. Nach der eher kargen Landschaft im Norden war ich überrascht, wie grün es an der Küste zwischen Palermo und Trapani war, dazu gab es immer wieder tolle Ausblicke auf das Meer. Es ist schön, wie nah die Berge bis ans Meer reichen und so ein sehr abwechslungsreiches Landschaftsbild ergeben, hier sollten wir für einen nächsten Besuch auch einmal die Augen nach einer Unterkunft aufhalten.
Segesta
Da wir erst am späten Nachmittag in unserer Unterkunft einchecken konnten, hatten wir einen Zwischenstopp im antiken Segesta eingeplant. Ganz optimal war das nicht, denn dort kamen wir in der größten Mittagshitze an, aber wir sind ja hart im Nehmen. Insgesamt ist der Besuch bestens organisiert. Man parkt auf einem großzügigen Parkplatz, wo man auch etwas essen und trinken kann. Von dort aus fährt ein im Parkpreis von fünf Euro enthaltener Shuttlebus direkt zum Eingang. Wir reihten wir uns erst einmal in die Schlange an der Kasse ein (Eintritt 6 Euro), der Andrang war jedoch noch moderat, das mag zur Hochsaison anders sein.
Das Gelände erstreckt sich über zwei Hügel, Highlights sind ein dorischer Tempel und ein griechisches Theater. Vom Eingang aus fahren wiederum Shuttlebusse den Monte Barbaro hinauf, was noch einmal mit 1,50 € zu Buche schlägt. Da es bis zur nächsten Abfahrt noch eine knappe halbe Stunde hin sein sollte, entschieden wir uns, den Aufstieg zu Fuß zu wagen. Belohnt wurden wir mit herrlichen Blicken auf die sehr schöne und erstaunlich grüne Landschaft und den Tempel, anstrengend war es aber schon. Aber immerhin kamen wir in etwa gleichzeitig mit dem Bus oben an.
Die historischen Stätten werden dem legendenumwobenen Volk der Elymer zugeschrieben, die sich hier an einem wirklich schönen Ort niedergelassen hatten, bevor sie 307 v. Chr. von den Griechen vernichtet und die Bewohner versklavt wurden. Einige Ruinen zeugen heute noch von einem kurzen Aufschwung unter römischer Herrschaft, danach verschwand Segesta erst einmal von der Landkarte. Auf dem Gelände gibt es allerdings auch Zeugnisse aus dem Mittelalter, so z. B. eine Burg und eine Moschee, es gibt hier wohl noch so einiges zu entdecken.
Der Blick vom Theater zum Golf von Castellammare war herrlich, lediglich die Autobahn störte etwas die Atmosphäre. Außerdem nervte mich ein Tourist mit seiner Drohne, das konnte ich schon in Irland absolut nicht leiden und war natürlich auch untersagt. Der Weg den Berg hinunter ging – wenig erstaunlich – wesentlich leichter vonstatten; wieder am Eingang angekommen, stärkten wir uns erst einmal mit ein paar Flaschen eisgekühltem Wasser aus dem Automaten. Dann ging es den kurzen Weg hinauf zum mit 61 x 26 Metern und 36 Säulen eindrucksvollen griechischen Tempel. Dort überkletterte gerade ein italienischer Tourist die Absperrung, wurde aber zu meiner diebischen Freude entschlossen zurückgepfiffen. Der Tempel wurde dank wechselnder Koalitionen offenbar nie fertiggestellt, hat mich aber durch seine perfekt in die Landschaft integrierte, elegante Gestalt absolut fasziniert. Hier sollte man auf alle Fälle einmal vorbeischauen!
Agrigento
Die Touristenattraktion Numero Uno im Süden Siziliens ist zweifellos Agrigento, ein antikes Disneyland, das Historiker erschauern lässt und die Touristenmassen anzieht. Das „Tal der Tempel“ entpuppt sich schließlich als langgezogener Hügel, auf dem sich der prallen Sonne ausgesetzt zahlreiche Tempel in unterschiedlichen Zuständen wie an einer Perlenschnur aufgereiht den Besuchern präsentieren. Um der Hitze und den Massen etwas zu entgehen, beschlossen wir früh zu starten, um zur Öffnung der Anlage um 8.30 Uhr vor Ort zu sein.
Es gibt zwei Parkplätze und Eingänge, einen oben, einen unten. Wir hatten vorher einiges gelesen und uns entschieden, am unteren Parkplatz zu starten, uns für 3 Euro pro Person per Taxi zum oberen Parkplatz und Haupteingang fahren zu lassen, und dann die etwas mehr als zwei Kilometer bequem wieder nach unten zu spazieren. Prinzipiell ging der Plan auch auf, allerdings kamen uns dann doch zwei Busladungen zuvor, die am oberen Eingang auf den Sicherheitscheck warteten, was uns eine knappe Stunde Anstehen kostete. Da begann meine Laune dann doch etwas in den Keller zu wandern… Einen derartigen Checkpoint mit einer (!!!) Metallschleuse gab es am unteren Eingang nicht, hier wurde per Hand kontrolliert. Da die beiden am besten erhaltenen Tempel aber oben liegen, würde ich dieses Vorgehen dennoch empfehlen, da man dort ansonsten bei noch größerem Andrang in der Mittagszeit aufschlagen würde.
Nach dem Anstehen am Sicherheitscheck mussten wir uns erneut anstellen, diesmal an den Kassenhäuschen, von denen es zum Glück mehr als eins gab. Es stehen verschiedene Ticketvarianten zur Auswahl, ich kaufte das Basisticket für den Besuch der Tempel (12 Euro), vergaß aber, noch den „Garten von Kolymbetra“ dazuzubuchen. Eine weitere Option sind Tickets, die das Museum mit beinhalten.
Wenn man sich etwas abseits von den Gruppen hält (so früh ist das noch möglich), kann man auch die Topattraktionen in relativer Ruhe bestaunen. Den Tempeln wurden Namen von verschiedenen Gottheiten gegeben, diese sind aber relativ wahllos aus der Luft gegriffen worden. Sehr viel weiß man nämlich nicht über die ursprüngliche Bestimmung der historischen Stätten. Das antike Akragas wurde etwa 580 vor Christus gegründet, die Blütezeit erreichte es etwa einhundert Jahre später, in der Zeit, in der wohl die meisten Tempel entstanden. Von einer Belagerung durch die Karthager im Jahr 406 v. Chr. erholte man sich nicht, später siedelten an der Stelle noch Römer, Araber und die Normannen.
Der erste Tempel vom Haupteingang aus gesehen ist der Tempel der Juno/Hera. In schöner Lage sind von diesem etwa 450 v. Chr. erbauten Tempel noch 25 Säulen erhalten. Weiter geht es dann entlang der alten Stadtmauer, die in frühchristlicher Zeit auch als Begräbnisstätte genutzt wurde. Nach einem kurzen Fußmarsch den Hügel hinunter erreicht man den „Star“ der Anlage: Der Concordiatempel ist sicher das meistfotografierte Objekt des Areals. Er gehört zu den am besten erhaltenen griechischen Tempeln überhaupt und wurde etwa 425 v. Chr. erbaut. Seinen guten Zustand hat er dem Bischof von Agrigent zu verdanken, der das Gebäude im 6. Jahrhundert n. Chr. zu einer Kirche umfunktionierte. Ein beliebtes Fotomotiv ist außerdem die vor dem Tempel liegende Statue des gefallenen Ikarus, die im Jahr 2011 vom polnischen Künstler Igor Mitoraj installiert wurde. Weniger gelungen sind die großen Videoprojektionen mit modernem Theater, die den Blick auf den Tempel zum Glück nicht behindern.
Vorbei an einer frühchristlichen Nekropole geht es weiter zum Heraklestempel, dem ältesten des Areals. Der Tempel wurde zerstört, von den Römern neu aufgebaut und später durch ein Erdbeben erneut in Trümmer gelegt. Die nun noch zu sehenden acht Säulen wurden erst im 20. Jahrhundert durch den Hobbyarchäologen Sir Alexander Hardcastle wieder aufgerichtet.
Hinter dem Tempel durchschneidet die Hauptstraße das Gebiet, man kann aber darüber hinweg zum westlichen Tempelbezirk weitergehen. Hier haben wir uns zunächst den Tempel der Dioskuren angesehen, bevor wir uns in den Giardino della Kolymbetra wagten. Schon in antiker Zeit lag hier ein bewässerter Garten, heute sind es vor allem Oliven- und Zitrusbäume, die man durchstreifen kann. Hier gibt es erfreulicherweise auch Schatten, während der Rest des Parks nahezu ungeschützt der Sonne ausgesetzt ist. Dieser Garten in eine erholsame, kleine Oase, die zum Verweilen einlädt. Während der Blüte der Zitrusbäume muss es unglaublich duften.
Den archäologischen Park von Agrigento sollte man als Sizilienurlauber auf jeden Fall mal gesehen haben, einmal reicht dann aber auch. Es ist bestimmt außerordentlich reizvoll, den Besuch in die Abendstunden zu verlegen. Im Sommer sind die Öffnungszeiten verlängert und die Tempel werden in der Dunkelheit angestrahlt.
Selinunte
Für den Besuch von Selinunte wählten wir eine andere Taktik und fuhren erst am späteren Nachmittag zu einem der weitläufigsten archäologischen Parks überhaupt. Am Haupteingang gibt es einen Gratisparkplatz, dieser befindet sich im östlichen Bereich der Anlage, in dem es drei Tempel gibt. Insgesamt ist man hier weniger kreativ als in Agrigento und benannte die Tempel in Ermangelung von historischen Befunden mit Buchstaben und nicht mit irgendwelchen aus der Luft gegriffenen Götternamen. Als Historiker ist mir das direkt viel sympathischer.
Von den drei Tempeln ist nur der sehr eindrucksvolle Tempel E wieder aufgebaut worden, den man im Gegensatz zu Agrigento auch betreten darf. Und wieder zeigt sich das gute Gespür der Griechen für ausgesprochen schöne Orte, denn man hat einen herrlichen Blick auf die Akropolis und das dahinterliegende Meer. Vom mittleren Tempel F ist nur noch ein Steinhaufen übrig, ebenso wie von Tempel G. Doch bei diesem erahnt man die enorme Dimension des Gebäudes, die Säulen sind gigantisch und er war wohl einer der größten Tempel der griechischen Antike.
Viele Wege führen von diesem Teil zur etwa zwei Kilometer entfernten Akropolis. Man kann zu Fuß gehen, gegen Gebühr eine kleine Bahn nehmen, oder mit einem Golfwagen fahren. Wir entschieden uns für die denkbar einfachste Lösung und fuhren mit dem Auto. Vom Parkplatz aus führt ein Weg zu einem zweiten Parkplatz nahe der Akropolis. Direkt an der Zufahrt wurden hierfür noch einmal die Tickets kontrolliert und dann hat man freie Fahrt.
Den Akropolishügel fand ich tatsächlich noch schöner als den anderen Bereich. Als erstes springt einem die eindrucksvolle Stadtmauer ins Auge, dahinter offenbart sich dann ein sehr schöner Blick auf die antiken Überreste. Wir haben uns aber erst einmal mit einer leckeren und erfrischenden Granita gestärkt. Das einzige wieder aufgebaute Bauwerk in diesem Gebiet ist der sehenswerte Tempel C aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. Die anderen Tempel und Gebäude sind nur noch zu erahnen, die Beschilderung hilft aber durchaus weiter. Da wir unseren Besuch auf den Abend verlegten, nutzten wir die angenehmeren Temperaturen zu einer kleinen Wanderung durch die Natur, die uns schließlich zur Fontana della Gaggera und zum Demeterheiligtum führten. Muss man nicht unbedingt gesehen haben, den Weg bereut haben wir aber nicht. Mir hat Selinunt sehr gut gefallen, alles ist etwas gemächlicher als im touristisch voll erschlossenen Agrigento und die Tempel sind ähnlich beeindruckend.
Nützliche Hinweise gibt es auch hier: https://en.visitselinunte.com/archaeological-park/#itineraries
Praktischerweise liegt die Innenstadt von Selinunte nur einen Katzensprung von den antiken Stätten entfernt. Nach der anstrengenden Besichtigung gönnten wir uns erst einmal einen Aperol Spritz an der Hafenpromenade und studierten Tripadvisor auf der Suche nach einem Restaurant. An der Eingangsstraße des Örtchens fanden wir das Ristorante Èthos, wo wir trotz schon recht fortgeschrittener Stunde wie so oft die ersten Gäste waren. Wir ließen uns aber nicht abschrecken und hatten mal wieder richtig gelegen. Ich blieb bei Pasta und einem sehr guten Steak, während die Bergische Maid sich Gambero Rosso gönnte, ein Muss in dieser Gegend, die für Freunde von Fisch und Meeresfrüchten ein Schlaraffenland darstellt.
Marsala, Stadt des Weins
Unter Weinkennern genießt Marsala einen Ruf wie Donnerhall, ist doch nicht allein der bekannte und mit Port und Sherry zu vergleichende Süßwein nach dem kleinen Ort im Westen der Insel benannt. Auch sonst spielt Wein eine bedeutende Rolle, was sich nicht nur an den vielen kleinen Weinlokalen zeigt, die die Altstadt prägen.
Ich habe im Vorfeld etwas recherchiert und mich schließlich für einen Besuch im historischen, 1983 neu gegründeten Weingut Donnafugata entschieden. Ein paar Weine hatte ich schon im Vorfeld probieren können und war von der Qualität durchaus angetan. Die Weinberge liegen nicht in Marsala, dort werden die Trauben nur weiterverarbeitet und in Stahl- oder Betontanks sowie in Barriquefässern ausgebaut.
Die Führung gab einen schönen Einblick in die Geschichte des Weinguts, die Weinberge mit den unterschiedlichen Rebsorten und die Produktionsbedingungen in Marsala. Und natürlich durfte am Ende probiert werden. Es gab ein kleines Tasting mit vier sehr unterschiedlichen Weinen, darunter dem edlen Süßwein Ben Ryé. Wir probierten dann auf eigene Faust noch ein wenig weiter und nahmen natürlich auch ein paar Flaschen mit. Die Weine waren durchweg von bester Qualität und auch die Gestaltung der Etiketten gefiel uns richtig gut. Somit versüßte uns die Führung einen ansonsten ziemlich verregneten Nachmittag.
Das Wetter besserte sich zusehends, doch der Regen hatte das Pflaster der Altstadtgassen in eine Rutschbahn verwandelt. Nicht nur ich hatte etwas Probleme mit der Standfestigkeit, einen Rollerfahrer schmiss es mit Getöse in einer Kurve zu Boden. Ziel war die hochgelobte Bierbar Quimera, aber leider standen wir zur annoncierten Öffnungszeit vor verschlossener Tür. Da wir die italienischen Gepflogenheiten ja mittlerweile kennen, gingen wir noch ein wenig spazieren, aber als sich auch eine halbe Stunde später nichts tat, verschattete sich meine Laune dann doch etwas. Immerhin meldeten sich die Betreiber auf meine Nachfrage hin umgehend bei Facebook und entschuldigten sich, leider gab es wohl technische Probleme, wegen derer der Laden ausgerechnet an diesem Tag geschlossen bleiben musste. Grrrrr…
Das Abendessen entschädigte aber für all das Ungemach. Im Divino Rosso gab es einen vorzüglichen Nero d’Avola als Hauswein, bei den Preisen für derartig hochwertige Weine bekommt man fast schon Tränen in die Augen. Vielleicht war es auch mein Glück, die Zeit nicht mit womöglich durchschnittlichen Bieren zu verschwenden, und es gleich mit dem richtig guten Stoff der Region zu versuchen? Als Primo gab es eine große, vorzügliche Portion Pasta, die allein fast schon gereicht hätte. Zum Glück ließ ich einen Anstandsrest und etwas Platz im Bauch, denn das Filetto in Marsalasauce war unglaublich gut und groß. So groß, dass wir uns die Reste einpacken lassen mussten. Glücklicherweise ist diese Möglichkeit jetzt sehr verbreitet. Zum Nachtisch gab es dann noch ein Glas süßen Marsala und Cantuccini. So traten wir nach einem der schönsten Tage des Urlaubs zufrieden den etwa 90-minütigen Heimweg an.
Sciacca
Auf halbem Weg zwischen Seccagrande und Marsala liegt das lebendige, gar nicht mal so kleine Städtchen Sciacca. Kurz vor der Stadt besuchten wir das verzauberte Schloss (Castello Incantato) des 1967 gestorbenen und in Sciacca geborenen Künstlers Filippo Bentivegna, der auf diesem Anwesen über viele Jahrzehnte Hunderte, wenn nicht Tausende Steinköpfe herstellte und an den verschlungenen Pfaden verteilte. Man fühlte sich fast an Arya Stark und ihrer Ausbildung bei den gesichtslosen Männern in Game of Thrones erinnert, einen derartig verrückten Ort habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Ich finde die fünf Euro Eintritt haben sich schon aus Gründen der Skurrilität gelohnt.
Weiter in Sciacca eroberten wir tatsächlich noch einen zentrumsnahen Parkplatz, am späteren Nachmittag war hier ganz schön was los. Wir genossen erst einmal einen Panoramablick über den Hafen und spazierten dann die schmalen Gassen hinauf zum Castello Luna. Die Burg hat eine durchaus interessante Geschichte und ist mittlerweile fast vollständig in die Gebäude drum herum integriert. Für drei Euro Eintritt kann man den Hof betreten, in einem Turm befindet sich eine kleine Ausstellung mit Gewändern, Rüstungsteilen und zwei Keuschheitsgürteln. Insgesamt wirkte das alles etwas lieblos und selbst einen Burgenfreund wie mich überzeugte das alles nicht so richtig.
Auf dem Weg nach unten spazierten wir an den Autos vorbei den Corso Vittorio Emanuele entlang, wo sich viele Geschäfte befinden, vor allem das heimische Keramikhandwerk findet sich dort wieder. Wir gönnten uns noch eine Granita und wollten eigentlich zum Mastro Malto Beer Shop weiterziehen, in der Hoffnung, wenigstens ein (!) vernünftiges Bier zu bekommen. Aber wieder hatten die Hopfengötter sich gegen mich verschworen, ein kleiner Facebookcheck offenbarte, dass wir wieder wie in Marsala vor verschlossenen Türen stehen würden. So entschieden wir uns für die Paliko Bar, wo es neben Burgern und Pizza einige Biere geben sollte. Doch irgendwer wollte mich wohl verspotten, und so erwischten wir die wohl einzige Bitburgerbar Siziliens, und auch die anderen drei Biere am Hahn waren aus deutscher Produktion und für mich alles andere als aufregend. So blieb mir ein Dosenguinness, aber wenigstens die Pizza und das Gelato Fritto waren gut.
Eraklea Minoa
Gar nicht weit von unserer Unterkunft befand sich noch eine weitere Ausgrabungsstätte, die etwas im Schatten der Touristenmagneten liegt. Das antike Eraklea Minoa wurde wohl im 6. Jahrhundert vor Christus gegründet und zeichnet sich wieder einmal durch eine landschaftlich reizvolle Lage mit tollem Blick auf die umliegende Küste aus.
Nachdem wir bei feinstem sizilianischen Regen unsere undichte Wohnung in Richtung Ragusa verlassen hatten, erwartete uns die Ausgrabungsstätte nach kurzer Wartezeit auf dem Parkplatz mit schlagartig aufgerissenen Wolken und blauem Himmel. Highlight der Anlage ist das durch eine Dachkonstruktion vor der Witterung geschützte Theater, ansonsten gibt es noch einen Gebäudekomplex, der ebenfalls durch eine Halle geschützt ist. Ein von Pinien gesäumter Spazierweg bietet immer wieder schöne Blicke auf die Küste. Am Eingang befindet sich außerdem ein kleines Museum, in dem die durchaus beachtlichen Fundstücke der Anlage präsentiert werden.
Scala dei Turci
Nach dem ganzen antiken Kram gab es zum Abschluss noch ein Naturmonument zu sehen. Die Scala dei Turci („Treppe der Türken“), ein bis ins Meer reichender, schneeweißer Kalksteinfelsen, liegt in der Nähe der Gemeinde Realmonte und hat es zu einer ernstzunehmenden Touristenattraktion geschafft, davon zeugte zumindest die endlose Reihe parkender Autos oberhalb des Strandes. Ich will gar nicht wissen, was hier in der Hauptsaison los ist. Wir fuhren direkt bis hinunter und gönnten uns den Luxus eines kostenpflichtigen, bewachten Parkplatzes (5 Euro). Wir hatten immerhin unser ganzes Gepäck an Bord. Von dort gingen wir den Strand entlang, der mir wirklich sehr gut gefiel. Durch den Kalk- bzw. Mergelstein ist das Wasser cremig weiß, je näher man dem Felsen kommt, desto schlickartiger wird der Untergrund.
Der Bergischen Maid war das dann schlammig genug, sie kehrte um und gönnte sich ein Päuschen in der Sonne. Ich wagte mich aber durch den wadentiefen Schlamm weiter zum Felsen. Manch Besucher nutzte dies für ein Ganzkörperschlammbad, das traute ich mich dann doch nicht und zum Glück legte ich mich samt Kamera auch nicht unfreiwillig in die klebrige Masse. Durch den Regen des Morgens war es auf dem Felsen selbst dann doch ziemlich rutschig, aber der Weg nach oben hat sich auf jeden Fall voll gelohnt, wobei meine Klamotten danach aussahen wie Sau. Den gröbsten Schlamm habe ich dann später im Meer abgewaschen, an einer Strandbar gönnten wir uns noch die letzten Arrancini und Granita des Urlaubs, der sich nun wirklich langsam seinem Ende näherte.
Da unser Flug recht früh vom kleinen Flughafen in Comiso ging, mieteten wir uns für eine Nacht im sehr schönen B&B Borgo Monachella in der Nähe von Ragusa ein. Von dort aus ist es nicht weit zum Hafenort Marina di Ragusa, wo wir den Abschlussabend verbringen wollten. Mit viel Glück ergatterten wir noch einen Parkplatz, denn im Gegensatz zu vielen anderen Orten in den vergangenen beiden Wochen war hier mal so richtig Remmidemmi. Aber so an einzelnen Abenden finde ich es ja schon schön, die Vorzüge touristischer Vollbedienung genießen zu können.
Da wir sehr früh am nächsten Morgen abreisen mussten, konnten wir nicht das hochgelobte Frühstück in unserer Unterkunft genießen. Aber unsere sehr netten Gastgeber hatten uns eine Auswahl zusammengepackt, sodass wir nicht hungrig in den Flieger steigen mussten.
Fazit
Die antiken Stätten im Süden sollten für jeden kulturell interessierten Sizilienbesucher zum Pflichtprogramm gehören, ich war wirklich schwer beeindruckt. Auch unsere Wohnung „Sole Luna“ mit kaum zu übertreffendem Meerblick war als Ausgangspunkt für die Touren sehr gut gelegen, die Ortschaften in der Umgebung, vor allem Seccagrande, hatten es uns aber nicht sehr angetan. Die Wohnung selbst hielt dem Vergleich mit Danza La Luna in keiner Weise stand, obwohl sich die Besitzer wirklich bemühten, die auftretenden Probleme so schnell wie möglich zu lösen, was aber leider nicht immer gelang. Aber was Ausstattung und Komfort angeht, waren wir leider nach der ersten Woche anderes gewohnt und verwöhnt, wenngleich der Vergleich sicher etwas unfair ist.
Alle von uns bereisten Gebiete Siziliens haben ihre Höhepunkte. Der Norden mit Palermo und Cefalù, hochinteressante Städte mit prachtvollen Kirchen. Der Osten bietet mit dem Etna, Taormina oder Syrakus touristische Hotspots von Weltrang und dazu viele kleine Städtchen, in denen ich mich irgendwie wohler fühlte als an der Nord- oder Südküste. Dann der Süden mit den antiken Stätten, von der Küste an sich war ich eher enttäuscht. Uns fehlt noch der Westen der Insel, der bei der Durchreise einen tollen Eindruck machte; Trapani und Erice gehören in jedem Fall noch auf die Bucketlist. Und mit dem schönen Marsala haben wir dort ja schon einmal einen gelungenen Vorgeschmack bekommen. Auch wenn nun erst einmal andere Ziele an der Reihe sind, ist Sizilien auf jeden Fall weiter im Hinterkopf, dann vielleicht noch einmal zu einer anderen Jahreszeit.
- Danza La Luna und der Norden
- Palermo: Wie der Papst mein Treffen mit dem Stauferkaiser verhinderte
- Der Süden mit seinen antiken Stätten
Ein paar Bilder
(Galerie liegt bei Flickr, daher anderes Layout)