Die vergangenen Monate waren in vielfacher Hinsicht sehr anstrengend gewesen, daher war in diesem Jahr einmal kein ausführlicher Roadtrip angesagt, sondern eine gesunde Mischung aus Entspannung unter südlicher Sonne, gutem Essen und ein paar Sehenswürdigkeiten.
Sizilien hatten wir nach unserem Besuch vor drei Jahren in sehr guter Erinnerung behalten (zum Reisebericht). Bereisten wir damals den mit touristischen Highlights reich gesegneten Osten der Insel, so wollten wir diesmal den Norden und den Süden erkunden. Basis für unseren Besuch im Norden war das etwas abseits von Casteldaccia in den Bergen gelegene Haus Danza La Luna, was schon allein einer der Höhepunkte der Reise war.
Danza La Luna
Unser Flug ging um 7 Uhr in der Früh, sodass wir bereits gegen 10 Uhr am Morgen unseren Fiat Panda auf die belebten Straßen steuern konnten. Autofahren ist in Italien und besonders in Sizilien ein echtes Erlebnis, in manchen Situationen geradezu eine Grenzerfahrung. Zum Glück genieße ich das Privileg, mich mit Karte und Navi bewaffnet herumkutschieren zu lassen, für meine Nerven wäre das echt nix.
Nach einem kleinen Arrancini-Snack in Casteldaccia sammelten uns Frances und Vinny ein, um uns zu unserer etwas abgelegenen Unterkunft oberhalb des Städtchens zu führen. Die beiden kümmern sich mit Hingabe um das Anwesen, wenn Carlotta, die eigentliche Besitzerin, nicht auf der Insel ist. Sie standen uns jederzeit mit Rat und Tat zur Seite und sind die nettesten Menschen, die man sich vorstellen kann.
Nachdem sich die automatisch zu öffnende Pforte geöffnet hatte, blieb uns erst einmal die Spucke weg. So eine gepflegte, liebevoll gestaltete und perfekt ausgestattete Ferienwohnung hatten wir auf unseren vielen Reisen noch nie erlebt. Der Blick ins Tal und über die Berge ist atemberaubend, dazu die Stille und die absolute Abgeschiedenheit. Als wir gebucht hatten, war der Pool noch gar kein Thema, denn dieser wurde erst vor wenigen Monaten neu errichtet und sollte zu unserem Lieblingsplatz im Haus werden, wobei wir den vielen Sitzgelegenheiten auf der riesigen Terrasse nicht unrecht tun wollen. Die Ausstattung perfekt machte ein großer Gasgrill, den wir gleich zwei Mal für ein Mahl unter freiem Himmel nutzten.
Als Ausgangspunkt für die Erkundung der Nordküste ist Danza La Luna bestens geeignet. Trotz der abgeschiedenen Lage, ist die Autobahn bei Casteldaccia schnell erreicht, außerdem gibt es einen kleinen Bahnhof, von wo regelmäßig günstige Regionalzüge zum Beispiel in das etwas mehr als 20 Minuten entfernte Palermo fahren.
Agriturismo Case Varisco
Den Empfehlungen der Einheimischen sollte man ja meist folgen, und so zögerten wir keine Sekunde, als uns Frances die Case Varisco wärmstens ans Herz legte. Cinzia und Bartolo, die den landwirtschaftlichen Betrieb wiederbelebt und zu einem Agriturismo mit Zimmern, Pool und Restaurant umgestaltet haben, sind an Herzlichkeit kaum zu überbieten und das Essen war fantastisch. Kaum eine Minute nachdem wir uns gesetzt hatten, bog sich der Tisch unter Wein und zahlreichen Antipasti, die uns ganz selbstverständlich und ohne auf eine Bestellung zu warten serviert wurden. Diese reichten von vegetarischer Frittata, über Capponata, eingelegtem Gemüse, bis zu Kutteln in Tomatensoße und mit Olivenöl serviertem Vitello. Es war fantastisch und schon allein wegen seiner geschmacklichen Vielfalt ein Erlebnis. Als Primo gab es eine vorzügliche Pasta mit Kartoffeln und Salsiccia, für den Secondo, Fleisch mit Tomatenpanade und Kartoffeln, reichte dann fast die Kraft nicht mehr. Als Nachtisch wurden Früchte mit zwei leckeren, mit Ricotta gefüllten Teigtaschen gereicht. Nach Kaffee und Limoncello hatten wir fast ein schlechtes Gewissen, als wir den Preis sahen, so gut und günstig habe ich wohl selten gegessen.
Aspra & Porticello
Unsere erste kleine Erkundungstour führte uns über das mit einer „Kreuzung des Wahnsinns“ gesegnete Bagheria nach Aspra und Porticello. Die beiden malerischen Fischerdörfer werden in den einschlägigen Tourismusportalen gerne als „das ursprüngliche Sizilien“ verkauft, dürften in den Sommermonaten aber durchaus belebter sein. Doch wir befanden uns ja bereits in der Nachsaison und so fanden wir tatsächlich zwei Orte vor, in denen wir scheinbar die einzigen Touristen waren. Verschlafen wirkten beide aber dennoch nicht.
In Aspra beispielsweise gab es ein kleines Kinderfest direkt am schönen Hafen mit den bunten Fischerbooten. Es war tatsächlich wie beschrieben, meist ältere Männer werkelten an den Booten, flickten Netze oder tauschten den jüngsten Klatsch und Tratsch aus. Wir gingen ein wenig die Strandpromenade entlang, schauten etwas den Kindern zu und setzten dann unsere Fahrt fort.
Vorbei an vielen auffallend prachtvollen und meist etwas versteckt gelegenen Villen sowie am markanten Capo Zafferano erreichten wir recht bald Porticello, einem Ortsteil von Santa Flavia. Auch hier gab es eine schöne Promenade, wo wir uns erst einmal einen Cocktail und einen Kaffee gönnten. Das Fischerdorf hat einen durchaus beachtlichen Hafen, an dem es einige Restaurants gibt, die sich natürlich vor allem auf Fischgerichte spezialisiert haben. Mich drängte es aber zur ersten Pizza des Urlaubs, die wir auch hier allein unter Einheimischen genießen konnten.
Cefalù
Touristisches Zentrum der Nordküste ist zweifellos Cefalù, und das absolut zu Recht. Gleich am Ortseingang gibt es am Strand einen großen Parkplatz, wo man seinen Wagen zu durchaus erschwinglichen Preisen abstellen und sich in den Trubel der Strandpromenade fallenlassen kann. Ich persönlich kann mit überquellenden Touristränden und den jeden Millimeter ausnutzenden Liegestühlen ja nicht so viel anfangen, aber etwas Leben fand ich nach all der Ruhe nun auch mal wieder ganz gut.
Doch zum Glück hat das an einem Felsen gelegene Städtchen nicht nur für Sonnenanbeter einiges zu bieten. Den Aufstieg auf den Rocca samt Panoramablick ersparten wir uns und ließen uns etwas durch die engen Gassen treiben. Erstes Ziel war der berühmte Normannendom, den Roger II. ab 1131 in seinem typischen, an eine Burg erinnernden Stil erbauen ließ. So schroff und kantig das Gebäude von außen auch wirken mag, innen erlebt man pure Pracht und Eleganz. Die vom Jesus Pantocrator dominierten Mosaiken werden nur noch von denen in Monreale übertroffen, überhaupt wirkt der Dom wie der kleine Bruder des Gesamtkunstwerks in den Bergen bei Palermo.
Dies spiegelt sich auch im Kreuzgang wieder, der vom Haupteingang des Domes aus gesehen an der linken Seite liegt. Zwei der vier Wandelgänge haben heute noch kunstvoll gearbeitete Säulen und fantasievolle Kapitelle, ein Besuch lohnt sich auf jeden Fall, auch wenn man bei all dem Trubel in der Altstadt einmal kurz zur Ruhe kommen will.
Auf dem Weg von der Strandpromenade zum Dom besteht die Gefahr, dass man an einer weiteren Sehenswürdigkeit achtlos vorbeiläuft. Das Lavatoio ist ein jahrhundertelang genutztes mittelalterliches Waschhaus aus arabischer Zeit. Aus einem Bach läuft das Wasser in verschiedene steinerne Becken, wo man seine Kleidung reinigen konnte.
Bietet der Hauptstrand unterhalb der Strandpromenade ein typisches Bild des Massentourismus, so geht es am kleinen Stadtstrand Spiaggia di Cefalù gemütlicher zu. Hier baden am Abend die Einheimischen und Hochzeitspaare lassen sich fotografieren. Überhaupt ist die Stadt derartig fotogen, dass uns gleich mehrere Brautpaare samt einer Entourage aus Fotografen begegneten. Zum Strand gelangt man unter anderem durch die Porta della Pescara, die darüber hinaus ein schönes Fotomotiv abgibt.
Am Abend konnten wir noch einen Tisch im Ristorante Le Chat Noir ergattern, und wir waren sehr begeistert. Zum Essen gab es „Lumera“, einen schönen Roséwein von Donnafugata. Für mich das Highlight war die Pasta. Ich hatte sie stilecht a la Norma, die Bergische Maid wählte als leichtere Variante Fussili mit Tomaten, Zucchini und Ricotta. Beim Secondo war ich diesmal so schlau, keine Beilagen zu wählen, ich bekam vier Involtini mit sehr interessanter Panade, vielleicht einen Tick zu weit gegrillt. Die Hähnchenbrust in Orangensauce begeisterte meine Begleitung sehr. Der Verzicht auf die Beilagen hatte einen weiteren Vorteil, denn so gab es noch Platz für Dolci: Panacotta und ein Mandelparfait mit einer Soße aus Modicaschokolade. Ein wirklich toller Abschluss eines sehr schönen Tages.
Monreale
Ein Pflichtbesuch für Kulturliebhaber ist das kleine Städtchen Monreale, das etwas oberhalb von Palermo liegt. Geprägt ist der Ort von atemberaubenden historischen Zeugnissen aus der Ära des sizilianischen Königs Wilhelms II. (* um 1153; † 18. November 1189), der mit dem Bau der Kathedrale, immerhin die größte Siziliens, die Kirchen in Palermo und Cefalù übertreffen wollte. Dieser sich im typisch normannischen Stil von außen eher schlicht und burgartig präsentierende Bau, wurde zwischen 1172 und 1176 erbaut und offenbart ein prachtvolles Innenleben.
In weiser Voraussicht hatten wir uns entschlossen, so früh wie möglich anzureisen, was uns zwar ein paar Nerven im Berufsverkehr von Palermo kostete, aber letztendlich eine sehr ruhige Zeit in der Kathedrale verschaffte. Diese öffnet um 8.30 Uhr und wenig später waren wir fast die einzigen Besucher und konnten die Wucht des Gotteshauses voll auf uns wirken lassen. In der für viele sizilianische Bauwerke typischen Mischform von christlicher, byzantinischer und arabischer Kultur wurde der Innenraum großflächig auf über 6000 Quadratmetern mit herrlichen Mosaiken ausgestaltet. Auch den Schriftunkundigen wurden durch diese monumentalen Bilder die wichtigsten biblischen Szenen vor Augen geführt. Sehr lohnenswert ist auch der Rundgang auf dem Dach, der beeindruckende Ausblicke auf und über Palermo sowie den Kreuzgang bietet.
Dieser Kreuzgang gehört zum ansonsten nicht erhaltenen Benediktinerkloster. Er ist deutlich großzügiger angelegt als der in Cefalù, die Säulen und Kapitelle sind noch etwas prachtvoller ausgestaltet. Gerade die 228 Kapitelle laden zum Verweilen und Entdecken ein, auf einem ist auch Wilhelm II. zu sehen, der seine Kathedrale an Maria übergibt. In einer Ecke gibt es einen ebenfalls sehr ansprechend gestalteten Brunnen zu sehen.
Monreale gehört zu den meistbesuchten Sehenswürdigkeiten der Insel, entsprechend voll kann es hier werden. Es gibt mehrere Parkplätze, die zu vertretbaren Gebühren genutzt werden können (wir haben 1 € pro Stunde gezahlt). Und auch hier gibt es die Regel, dass wer früh kommt, die Nerven schonen und sich einen längeren Fußweg ersparen kann. Wir parkten quasi direkt an den Treppen, die zur schmalen Zugangsgasse in Richtung Kathedrale führen.
Und was ist mit Palermo?
Palermo ist gewiss das aufregendste Ziel im Nordwesten Siziliens und ein Tagesausflug eindeutig viel zu wenig Zeit, um die pulsierende Stadt auch nur ansatzweise zu erfassen. Wir haben trotzdem unser Bestes gegeben, was ich in einem eigenen Artikel festgehalten habe.
Fazit
Der Gewinner der ersten Urlaubswoche war zweifellos die Unterkunft. So wohl und umsorgt habe ich mich in einer Ferienwohnung noch nie gefühlt. Das Danza La Luna war der perfekte Ort, um in Urlaubsstimmung zu kommen und etwas vom Alltag zu entspannen. Das sollte in der zweiten Woche etwas schwieriger werden. Doch neben der Einsamkeit ist etwas Leben ja schon ganz gut, daher hat mir der Tag in Cefalù ausgesprochen gut gefallen.
Was mich wirklich geschockt hat, war der allgegenwärtige Müll am Straßenrand. Es will mir einfach nicht in den Kopf, wie man seine eigene Heimat so kaputtmachen kann. Das Müllproblem gibt es auf der ganzen Insel, so schlimm wie im Norden habe ich es aber noch nie gesehen. Vor allem die allgegenwärtigen Plastikflaschen und Plastiktüten gingen mir so richtig gegen den Strich, auch in vielen Restaurants bekam man den Wein in edlen Gläsern, das Wasser aber in Plastikbechern serviert. Eine absolute Schande ist das.
Dennoch hat mir die Woche sehr gut gefallen, auch wenn mich die Küste mit ihren kleinen Fischerorten nicht so recht umgehauen hat. Und für den Kulturreisenden ist die Kathedrale von Monreale so etwas wie ein Weltwunder. Somit traten wir mit gemischten Gefühlen, aber auch etwas Wehmut die Reise in den Süden an, der uns ein ganz anderes Sizilien präsentieren sollte.
- Danza La Luna und der Norden
- Palermo: Wie der Papst mein Treffen mit dem Stauferkaiser verhinderte
- Der Süden mit seinen antiken Stätten
Ein paar Bilder
(Galerie liegt bei Flickr, daher anderes Layout)

























































