Dass das Sommerpogo Open Air im Trierer Exhaus unter einem guten Stern stand, kann man nun wirklich nicht behaupten. Durch spontane Bandabsagen und weitere Widrigkeiten ließ sich die bunte Punkerschar die Laune aber nicht verderben und feierte im ausverkauften Balkensaal einen wilden Abend mit hochkarätigen Bands.
Open Air im Balkensaal mag man sich fragen? Nein, trotz der derzeitigen Umbaumaßnahmen ist das Dach im Exhaus noch drauf, aber eine ungünstige Wetterprognose und ein eher schleppender Ticketverkauf bewogen die Veranstalter, auf die kleine Bühne unter dem Dach auszuweichen, und den Innenhof zu einem gemütlichen Biergarten umzufunktionieren. Wie ich finde war das die genau richtige Entscheidung, die allerdings in den sozialen Netzwerken kontrovers diskutiert wurde. Für mich bietet ein aus allen Nähten platzender Balkensaal die viel angemessenere Atmosphäre für Konzerte dieser Art, eine Stimmung wie am vergangenen Samstag hätte sich auf der vergleichsweise großen und hohen Bühne im Hof niemals ergeben.
Maßgeblich zur miesen Stimmung im Vorfeld hatten Kotzreiz beigetragen, die nun schon zum dritten Mal einen Auftritt in Trier kurzfristig absagten. Man könnte ihnen zugutehalten, dass sie diesmal immerhin Bescheid gesagt haben, beim letzten Mal hatten sie ja nicht einmal das nötig. Also wer die in Zukunft noch einmal bucht, ist wirklich selbst schuld.
Für mich hatte die Absage eigentlich nur Vorteile, denn auf Kotzreiz kann ich gut verzichten und Popperklopper und Toxoplasma bekamen noch etwas mehr Spielzeit spendiert. Win-win-Situation für mich! Der Tag begann aber nach ein oder zwei Bier im sonnigen Innenhof mit Zellhaufen und Marktkreuz Attacke, beide aus Trier, beide female-fronted, beide mit ziemlich rotzigem Punk. So richtig hat mich jetzt nicht von der Theke vor die Bühne getrieben, aber als Support für das ein oder andere Konzert in Trier könnte ich mir das schon gut vorstellen.
Danach kam mit Captain Capgras für mich die große Überraschung des Abends. Man hätte ahnen können, dass die Darmstädter wissen was sie da tun, haben sie als Support immerhin schon die Bühnen mit COR, der Dritten Wahl oder Toxoplasma geteilt. Der Auftritt war richtig stark, mit sehr guten, eingängigen Songs, einem charismatischen Frontmann und ordentlich Energie. Warum die noch nie jemand nach Trier eingeladen hat, ist mir ein absolutes Rätsel, ich hoffe es bleibt nicht bei der Premiere.
Popperklopper habe ich ja erst recht spät für mich entdeckt, aber mit dem Auftritt in der Luke vor einigen Monaten ist der Funke dann wirklich übergesprungen. Und auch im Exhaus lieferte das Trio richtig ordentlich ab. Musikalisch war das trotz des großartigen Auftritts von Captain Capgras mit Abstand der Höhepunkt des Abends, die Jungs sind einfach gut. Die Zeit verging wie im Flug und die Stimmung vor der Bühne war bestens. Und ich war danach schon fix und alle.
Doch der Headliner kam ja noch und auf Toxoplasma freute ich mich sehr, kommen die Punklegenden doch aus Neuwied, ganz aus der Nähe meiner Heimat. So richtig auf dem Schirm hatte ich die Band aber dennoch nie, und ich war wirklich sehr gespannt. Die Stimmung war von Beginn an euphorisch und die Band tat alles, um den Laden am kochen zu halten. Ohne Rücksicht auf Verluste reihte sich ein Klopper an den anderen, die wütende Energie von Sänger Wally übertrug sich unmittelbar auf die Meute. Alles etwas rauer und weniger filigran als Popperklopper, aber auf den Punkt. Punk in Reinkultur. Und spätestens nach den ersten Liedern hat wohl keiner mehr den Namen Kotzreiz buchstabieren können.
Alles in allem also ein richtig schöner, gepflegt räudiger Abend in angenehmer Atmosphäre, das hat großen Spaß gemacht. Und ich hoffe für das Exhaus ist auch etwas hängen geblieben!