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Es herrschte Ausnahmezustand in Trier, als zum 200. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai eine samt Sockel fünfeinhalb Meter hohe Statue auf den Simeonstiftplatz unweit der Porta Nigra feierlich enthüllt wurde. Ein Geschenk Chinas, das nicht überall auf Zustimmung stieß. Zahlreiche Ehrengäste, Demonstrationen für und gegen den epochalen Denker und sein geistiges Erbe und dazu zahlreiche Feste und Veranstaltungen widmeten sich dem in Trier geborenen Philosophen – und das alles friedlich und bei bestem Wetter.

Viele Touristen werden auch aus diesem besonderen Anlass den Weg nach Trier finden. Wer sich über Marx‘ Leben und politisches Wirken informieren will, dem seien einige Ausstellungen ans Herz gelegt. So wurde auch ich zum neugierigen Besucher und habe mir die große Landeausstellung angesehen, die im Rheinischen Landesmuseum sowie im Stadtmuseum Simeonstift Marx in seiner Zeit historisch verortet.

Karl Marx Ausstellung Trier, 5. Mai–21. Oktober 2018

„Leben. Werk. Zeit.“ im Rheinischen Landesmuseum

Nach den frühsommerlichen Tagen zuvor gab es an Christi Himmelfahrt bestes Museumswetter mit Temperatursturz und Nieselregen. Somit konnte ich mir genug Zeit nehmen, die aktuelle Ausstellung sowie mal wieder ein paar Highlights der beeindruckenden Dauerausstellung anzusehen.

Der Schwerpunkt dieses Ausstellungsteils liegt auf dem Werk von Karl Marx, wobei ich persönlich die Einordnung in das aufgewühlte politische Umfeld im Europa in der Mitte des 19. Jahrhunderts besonders gelungen und spannend fand. Die Ausstellung führt chronologisch durch ein Jahrhundert im Umbruch mit tief greifenden wirtschaftlichen, technologischen, sozialen und politischen Umwälzungen, ohne die das Werk nicht denkbar ist.

Karl Marx Ausstellung Trier, 5. Mai–21. Oktober 2018

Der Geist der Zeit wird eingefangen durch Gemälde, Flugblätter, Zeitungsausschnitte und den Werken von Marx und seinen Mitstreitern. Hier offenbart er sich nicht als der verschrobene Denker, der sich in den Recherchen seines Großwerks „Das Kapital“ zunehmend verzettelte, sondern als politischer Macher, einflussreicher Journalist und vor allem begnadeter Netzwerker.

Highlights der Ausstellung sind die handschriftlichen Notizhefte, eine mit persönlichen Anmerkungen versehene Erstausgabe des Kapitals sowie eine 247 Bände umfassende Sammlung des „Kommunistischen Manifests“ in 59 Sprachen und Dialekten.

Karl Marx Ausstellung Trier, 5. Mai–21. Oktober 2018

Fahne der „Freiwilligen Compagnie“ der Reutlinger Freischärler, Mai 1849

Insgesamt hat mich dieser Teil der Ausstellung voll und ganz überzeugt, lediglich die teilweise sehr dunkle Ausleuchtung und die kleine, manchmal sehr kontrastarme Schrift wirkte ungünstig und könnte manchen Besucher vor Probleme stellen. Aber zur Not gibt es ja auch noch einen Audioguide. Und wie bereits erwähnt, sollte man sich keinesfalls die antiken und mittelalterlichen Zeugnisse der Trierer Stadtgeschichte in der Dauerausstellung entgehen lassen.

Karl Marx Ausstellung Trier, 5. Mai–21. Oktober 2018„Stationen eines Lebens“ im Stadtmuseum Simeonstift

Unweit der Monumentalstatue befindet sich direkt neben der Porta Nigra das Stadtmuseum Simeonstift, das in seinen Ursprüngen aus dem 11. Jahrhundert stammt. Es ist dem heiligen Simeon gewidmet, einem Eremiten, der sich um 1028 in einer Zelle in der Porta Nigra einmauern ließ, um ein gottesfürchtiges Leben in freiwilliger Armut zu führen.

Der Abschnitt der Ausstellung legt hier den Fokus auf die Person Karl Marx, wobei man dem Menschen irgendwie nicht so recht nahekommt. Als roter Faden dienen die Orte, in denen er während seines ereignisreichen Lebens Station machte: Trier, Bonn, Berlin, Köln, Brüssel und schließlich London. Auch Manchester als Ausgangspunkt der Industriellen Revolution wird beleuchtet. Ich fand die Städteporträts hier fast spannender als den biographischen Bezug. Gezeigt wird hier unter anderem erstmals das wohl früheste Porträt von Karl Marx, angefertigt vom Trierer Heinrich Rosbach während der Studienzeit in Bonn im Jahr 1835, Marx war demnach 17 Jahre alt. Des Weiteren nimmt die besondere Freundschaft zu Friedrich Engels einen zentralen Platz in der Ausstellung ein.

Karl Marx Ausstellung Trier, 5. Mai–21. Oktober 2018

Weitere Ausstellungen und Veranstaltungen

Neben der zweiteiligen Landesausstellung ist für Besucher natürlich das Geburtshaus von Karl Marx ein besonderer Anziehungspunkt. Dem besonderen Anlass angemessen wurde die Dauerausstellung „Von Trier in die Welt“ vollständig neu gestaltet. Hier kann man sich unter anderem den Lesesessel ansehen, in dem Marx gearbeitet hat und in dem er auch verstorben sein soll.

Das Museum am Dom widmet sich im Rahmen der Ausstellung „LebensWert Arbeit“ dem Spannungsfeld von Arbeitsleben und Menschenwürde, ein Thema, das Marx besonders bewegte, das aber heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.

Schon heute fiel mir auf, dass zahlreiche Themenführungen in der Stadt unterwegs waren. Insgesamt 300 Veranstaltungen und ebenso viele Führungen widmen sich dem berühmten Philosophen. Am Besten informiert man sich auf der zentralen Internetseite.

Trier versteht es außerdem sehr gut, „Kapital“ aus seinem berühmtesten Sohn zu schlagen. Damit hat man es sogar schon in die nationalen Medien geschafft, zu genial war die Idee, wertloses Geld mit Marx Konterfei teuer zu verkaufen, und zwar so oft, dass die Geldscheine nun schon vergriffen sind. Aber es gibt noch genügend Erinnerungsstücke zu erwerben, seien es Poster, Postkarten oder Büsten. Selbst ich konnte an dem bärtigen Quietscheentchen nicht vorbeigehen.

Karl Marx prägt Trier in diesem Jahr und Dank der Statue bestimmt noch lange darüber hinaus. Hoffen wir, dass es in seiner Geburtsstadt wie in den Ausstellungen nun zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem streitbaren Denker kommt; leider gab es in dieser Woche bereits den ersten Brandanschlag auf das Denkmal.

Landesausstellung Leben. Werk. Zeit.

Geöffnet 5. Mai bis 21. Oktober 2018 Rheinisches Landsmuseum Trier & Stadtmuseum Simeonstift Di–So, Feiertage: 10–18 Uhr

Museum Karl-Marx-Haus Mo–So, Feiertage: 9–18 Uhr

Museum am Dom Di–So, Feiertage: 10–18 Uhr

Dieser Beitrag wurde unterstützt vom Pressebüro der Karl Marx-Ausstellungsgesellschaft und vom go-vareo Blog.

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