Es ist ja schon fast eine kleine Tradition, dass die Toten Hosen sich als Vorbereitung auf ihre Festivaltour in der vergleichsweise gemütlichen Rockhal im luxemburgischen Esch aufwärmen. Die Halle bietet beste Voraussetzungen, ist modern genug für eine anspruchsvolle Light- und Videoshow und bietet vorzüglichen Sound. Daher zögerte ich keine Sekunde, um nach 2015 auch diesmal wieder dabei zu sein.
Viel besser als mit einem solchen Konzert kann man einen Urlaub kaum beginnen, aber vor der Erholung gab es erst einmal Stress. Ganz Luxemburg versank im Stauchaos, sodass wir von der Grenze bis in den Süden des Landes ganze zweieinhalb Stunden brauchten. Aber da nicht alle Wege, sondern nur einer nach Esch führt, waren wir beileibe nicht die einzigen, und das Chaos sprach sich schnell herum, weshalb die Show eine halbe Stunde später begann. Ich war sehr froh, denn ich war schon ein wenig traurig, den Auftritt der Argies aus Argentinien möglicherweise zu verpassen.
Was ich bei den Hosen sehr sympathisch finde, ist die Tatsache, dass Vorgruppen sorgfältig ausgewählt werden, gute Technik spendiert bekommen und auch persönlich vorgestellt werden. Die Argies sind alte Freunde der Band, die mittlerweile auch eine mehr als 30 Jahre lange und 15 Alben umfassende Geschichte mit ständig wechselnden Besetzungen vorzuweisen haben. Und die Erfahrung merkte man den vier Herren durchaus an, das war auf jeden Fall eine der gelungensten Einheizershows seit Langem. Eine gute halbe Stunde lang ging es schnurstracks nach vorne, das war klassischer Punkrock vom Feinsten. Und Spanisch ist wirklich eine Sprache, die für diese Art von Musik wie geschaffen ist.
Die Rockhal hat ihr Bewirtungssystem etwas umgestellt und an einigen Thekenabschnitten kann man jetzt nur noch mit Karte bezahlen, was die Angelegenheit tatsächlich durchaus beschleunigt. Wenn sie da jetzt noch bei der Verkehrsführung am Parkplatz weiter optimieren, bin ich endgültig happy. So kam ich mit Bier rechtzeitig zurück, um mir das schöne Laune der Natur Intro anzusehen, das war wirklich schick. Entsprechend ging es dann auch los mit dem Titelsong von Album und Tour, der für mich einer der Höhepunkte einer ansonsten zwiespältigen Platte ist. Diese stand dann zwar durchaus im Vordergrund, aber man merkte schon, dass das hier eine Festivalsetlist war, die auch mit vielen Klassikern und neu arrangierten Stücken gespickt war.
Etwa ein Drittel des ziemlich genau zweistündigen Sets bestand aus Stücken der letzten beiden Alben, was bei mir dann doch für die ein oder andere empfundene Länge sorgte. Gerade auf musikalische Rohrkrepierer wie das gnadenlos uninspirierte Wannsee oder der altbekannte Schlagerstampfer Tage wie diese hätte ich gut verzichten können. Aber den Hosen verzeihe ich nahezu alles, live sind die Düsseldorfer schlicht und ergreifend eine Bank und Hier kommt Alex oder Liebeslied versöhnen mich dann umgehend wieder.
Das Konzert in Luxemburg war der Auftakt der Tour und es begann mit einem auf die Bühne stürmenden Campino, der sich gleich einmal auf die sprichwörtliche Schnauze legte. Ob das ein gutes oder schlechtes Omen ist, wird sich zeigen. Große Aufregung merkte man den alten Hasen ansonsten nicht an, auch wenn nicht alles glatt lief. Aber für eine Art Premiere war das schon sehr souverän.
Wie schon 2015 verstärkte man sich bei einigen Stücken mit „richtigen“ Musikern am Piano und mit Streichinstrumenten. Einer der Musiker entpuppte sich dann auch noch als formidabler Rockshouter, als er AC/DCs T.N.T. zum Besten gab, und das gar nicht einmal schlecht! Mit Hey Jude gab es noch einen weiteren Coversong, den es meiner Meinung nach jetzt auch nicht wirklich gebraucht hätte.
Insgesamt lieferten die Hosen hier wieder eine tolle Show ab, auch wenn das Konzert für mich bei Weitem nicht an den grandiosen Auftritt von vor drei Jahren heranreichte. Mit You’ll never walk alone verabschiedete man sich standesgemäß, es ist kaum auszudenken was mit Campino passiert, wenn nach dem Bundesligaaufstieg der Fortuna nun auch noch Liverpool die Champions League gewinnen sollte. Daumen werden auf jeden Fall gedrückt!