Nachdem uns am Vortag die Touristenmassen an der Carrick-a-Rede Hängebrücke kalt erwischt hatten, ließen wir den weltberühmten Giant’s Causeway danach links (bzw. rechts) liegen und hofften, dass wir am frühen Sonntagmorgen die Natur etwas mehr für uns haben würden. Und der Plan ging auf.
Wir verließen Anvershiel House schon vor 9 Uhr am Morgen und waren bereits um halb 10 auf dem offiziellen Parkplatz des Giant’s Causeway Visitor Centre. Hier wurden wir gleich von einem Mitarbeiter des National Trusts empfangen, der uns einen Plan mit den Preisen und Infos in die Hand drückte. Pro Person kostet der Eintritt (eigentlich) 10,50 Pfund, ein stattlicher Preis, vor allem weil wir uns ja nur die Felsen ansehen wollten. Von unseren Gastgebern hatten wir zuvor mehrfach den Hinweis bekommen, dass das Ufer mit den markanten Felsformationen auch erreichbar ist, ohne den Weg durch das Visitor Centre zu nehmen. Denn rechts am Gebäude vorbei kommt man durch eine kleine Unterführung zum Fußweg. Von hier fahren auch die Shuttlebusse, die man aber unabhängig vom Eintritt separat bezahlen muss (was ich ziemlich frech finde und außerdem ist der Weg wirklich nicht so weit).
Auf der Hinfahrt regnete es noch wie aus Eimern, sodass wir uns eine kurze Pause im Auto gönnten. Doch unser Timing war auch in dieser Hinsicht perfekt, und nach der kurzen Wartezeit ließ der Regen immer mehr nach und als wir dann den Giant’s Causeway erreicht hatten, hörte es tatsächlich auf. Dennoch muss man bei diesen nassen Bedingungen aufpassen, denn auf den Felsen kann es richtig glitschig werden. Zum Glück hatten wir ordentliches Schuhwerk an den Füßen, was man längst nicht von allen Besuchern behaupten kann. Doch was gibt es überhaupt zu sehen?
Der Giant’s Causeway ist wohl die beliebteste und bekannteste Sehenswürdigkeit Nordirlands, obwohl sie aus nichts als Gestein besteht. Die ca. 40.000 fast gleichmäßig fünf-, meist seckseckigen Basaltsäulen wurden 1986 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt, und tatsächlich ist der Anblick einzigartig. Manche Säulen ragen über zehn Meter in den Himmel, auf den kleineren kann wie auf Stufen herumklettern. Um diese merkwürdigen Steinstelen vulkanischen Ursprungs ranken sich zahlreiche Mythen. Der bekannteste ist der des Riesen Finn McCool (es gibt zahlreiche alternative Schreibungen, aber diese finde ich am Besten …), der die Steine aufgetürmt hatte, um einen Weg nach Schottland zu errichten, wo er mit dem schottischen Riesen Benandonner kämpfen wollte. Eine List des vom Dammbau erschöpften Finn versetzte seinen Kontrahenten derart in Panik, dass dieser zurück nach Schottland flüchtete und den „Damm des Riesen“ zerstörte, weshalb nur noch die Relikte an der irischen Küste sowie eine ähnliche Felsformation in Schottland übrig sind. Ich finde diese Geschichte wesentlich spannender als schnöden Vulkanismus.
Zurück am Parkplatz sondierten wir erst einmal die Lage an der Ausfahrt, stellten aber fest, dass man ohne Probleme und Kontrolle herausfahren konnte. Somit stimmten die Infos unserer Tippgeber, dass man den Giant’s Causeway auch besuchen kann, ohne Eintritt zu zahlen. Grundsätzlich habe ich kein Problem damit, für Sehenswürdigkeiten, die gepflegt und gesichert werden, Eintritt oder Parkgebühren zu zahlen. In diesem Fall erschien uns der Preis allerdings unverhältnismäßig hoch, zumindest wenn man das Visitor Centre nicht besuchen will. Ich würde eine Lösung wie an den Cliff’s of Moher bevorzugen, wo Parkgebühren und Eintritt zum Besucherzentrum getrennt sind, und es auch noch private Parkalternativen gibt, wo Bauern gegen eine kleine Gebühr Flächen zum Parken zur Verfügung.
Nach dem Naturerlebnis beschlossen wir, ein anderes großes Touristenzentrum in unmittelbarer Nähe zu besuchen. Die Bushmills Distillery ist die älteste Whiskey (mit e!) Brennerei Irlands und angeblich sogar die älteste der Welt. In den 1980er-Jahren wurde sie zunächst an den französischen Pernod-Ricard Konzern verkauft, über den Umweg Diageo gehört sie heute zum mexikanischen Casa Cuervo Konzern. Wir wunderten uns etwas über die lange Schlange vor der Tür, stellten dann aber fest, dass sonntags erst um 12 Uhr geöffnet wird. Letztendlich bekamen wir recht schnell einen Timeslot für eine Führung, die Wartezeit konnten wir uns im Shop vertreiben, wo es neben Whiskey auch durchaus hochwertiges und erfreulich untrashiges Merchandising zu erwerben gab.
Die Führung kostet acht Pfund und führt direkt durch die laufende Produktion, weshalb man wegen angeblicher Explosionsgefahr durch die alkoholgeschwängerte Luft keine elektrischen Geräte wie Fotoapparate oder Handys nutzen darf. Das ist einmal eine wirklich kreative Begründung für ein Fotoverbot! Viel zu sehen gab es zwar nicht, dafür aber sehr viel zu riechen und am Ende auch zu probieren. Die Führung war durchaus kurzweilig und hat Spaß gemacht. Zu probieren gab es erst einmal den Bushmills Original, ein Blend und gewissermaßen der Basiswhiskey des Hauses. An der Bar durfte man sich nach der Führung dann einen weiteren Whiskey aus dem normalen Sortiment auswählen, Spezialitäten kosten natürlich extra. Ich hatte Glück, dass die Bergische Maid kein großer Freund des goldenen Trunks ist und ja außerdem noch fahren musste, weshalb ich neben den beiden Originals noch den Black Bush (ebenfalls ein Blend) sowie die zwölf Jahre gereifte Distillery Reserve probieren konnte, den man exklusiv nur in der Destillerie bekommt.
Der Weg in Richtung Derry ist von der Route her nicht mehr ganz so spektakulär wie die Tage zuvor, doch ein Highlight stand uns noch bevor. Der Mussenden Temple ist ein prägnantes Gebäude direkt am Rand der Steilküste. Das allein hätte schon für eine solide Touristenattraktion gereicht, doch seit hier für Game of Thrones die Festung Dragonstone digital errichtet wurde, sind die Felsen weltberühmt. Trotzdem wunderten uns die schon weit vor der Abfahrt geparkten Autos, und wir stellten fest, dass hier gerade ein Drachenfestival stattfand, was ja durchaus gut zu Drachenstein passte.
Das Event war wirklich nett, neben großen Drachen für Vorführungen brachten auch viele Kinder ihre kleinen Drachen mit, dazu gab es Hubschrauberrundflüge, und die Kleinen konnten sich an einem Quad durch die Landschaft ziehen lassen. Wir versorgten uns mit Fastfood und wanderten ein wenig an den alten Mauern entlang, bis es dann doch wieder zu regnen begann. Wir wussten hier noch nicht, dass dies schon der letzte Regentag unserer Reise sein sollte. Zwei Regentage von insgesamt 16, ich denke für einen irischen August ist das ein hervorragender Schnitt.
Die Fahrt nach Derry gestaltete sich problemlos und unsere zentral gelegene Unterkunft fanden wir auf Anhieb. Aber davon erzähle ich in meinem nächsten Bericht über eine der interessantesten Städte, die ich je besucht habe.
Die Causeway Coastal Route hat unsere Erwartungen mehr als erfüllt. Die Landschaft ist atemberaubend und muss sich keinesfalls hinter dem Westen der grünen Insel verstecken. Es gibt eine majestätische Steilküste, sehr schöne Strände und wie schon in der Republik Irland im Vorjahr waren wir von der Herzlichkeit der Menschen begeistert. In vier Tagen lässt sich die Strecke locker und mit viel Zeit zum Entdecken bewältigen, von daher eignet sich die Causeway Coastal Route ideal für den Roadtrip zwischendurch.
Bislang veröffentlicht:
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route und dem Wild Atlantic Way
- Belfast– Boomtown mit Licht und Schatten
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 1 – Von Belfast nach Cushendall
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 2 – Von Cushendall zu den Dark Hedges
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 3 – Von Ballycastle nach Portrush
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 4 – Von Portrush über den Giant’s Causeway nach Derry
- Derry – „Walled City“ mit dunkler Geschichte
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Derry nach Malin Head
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Malin Head nach Rathmullan
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Rathmullan nach Dunfanaghy
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Dunfanaghy nach Glenties
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Glenties nach Slieve League
Ein paar Bilder
(Galerie liegt bei Flickr, daher anderes Layout)