Unser dritter Tag auf der Causeway Coastal Route hatte einige der touristischen Highlights dieses Abschnitts unserer Reise zu bieten. Leider hatte es die Planung ergeben, dass wir diese an einem Samstag bei bestem Sommerwetter erreichten, wodurch wir zum ersten Mal mit größeren Touristenmassen konfrontiert wurden. Leider fiel die Carrick-a-Rede Hängebrücke dieser Konstellation von schönem Wetter und Menschenmassen zum Opfer, da wir keine mehr als zweistündige Wartezeit in Kauf nehmen wollten. Die Küste in Nordirland hat so viel mehr zu bieten als die vermeintlichen Hotspots.
Wie schon im letzten Bericht erwähnt, schrieb uns Gastgeber Michael im Teach an Cheoil B&B eine Liste mit Orten, die wir uns keinesfalls entgehen lassen dürften, und die wir gerne aufgriffen. Somit machten wir uns gleich nach unserem Aufbruch auf den Weg zur Murlough Bay, die sich nicht nur Game of Thrones-Fans ganz dick auf der Liste markieren sollten. Die Fahrt führte zunächst etwas abenteuerlich durch eine frei herumlaufende Kuhherde und eine recht steile Straße herunter, doch die Landschaft zog uns sogleich in ihren Bann. Mehrere Szenen der HBO-Kultserie wurden hier gedreht. Für Insider: Hier gab es die unglückselige Begegnung von Renly Baratheon und seinem Bruder Stannis, bei dem auch Melisandre eine düstere Rolle spielte. Am Ufer wurden außerdem Szenen gedreht, die in der Sklavenbucht von Essos spielen, wo Tyrion und Ser Jorah gefangen genommen wurden.
Die Drehorte von Game of Thrones werden sehr gut von Infotafeln dargestellt, mit denen man einordnen kann, welche Szene an welcher Stelle gedreht wurde. Mittlerweile gibt es sogar eine App, mit der diese Orte recht leicht zu finden sind und mit der man weiterführende Informationen bekommt. Aber die haben wir natürlich erst nach unserer Rückkehr entdeckt …
Auf Michaels Liste stand außerdem Kinbane Castle, eine Ruine, die gefühlt mitten im Meer liegt, und für die man erst einmal mehr als einhundert sehr unregelmäßige und hohe Stufen herabsteigen muss (und später wieder hinauf). Doch die Mühe lohnt sich, denn auch wenn von der Burg nur noch wenig erhalten ist, sind die Ausblicke phänomenal. Ich muss jedoch gestehen, dass auch ich mich nicht bis an die Spitze der Landzunge getraut habe.
Nur wenige Kilometer hinter der Abfahrt zu Kinbane Castle erreichten wir gegen Mittag die weltberühmte Carrick-a-Rede Bridge. Die Hängebrücke, die sich im Laufe der Zeit zur echten Touristenattraktion entwickelt hat, ist eine touristisches Hochburg; es gibt sogar einen Parkdienst, der einen zur nächstgelegenen Parkposition lotst. Zum Glück ist das Parken kostenfrei. Schon bei der Einfahrt wurde uns die Uhrzeit für die nächste Möglichkeit genannt, um die Brücke zu besteigen. Doch bis wir geparkt hatten, hatte sich diese Zeit durch die durchaus sinnvolle Besucherbeschränkung noch einmal um eine Stunde nach hinten verschoben. (Tipp: Den Beifahrer schon bei der Einfahrt aussteigen und zum Tickethäuschen gehen lassen).
Uns dauerte dies alles zu lange, wir hätten mehr als zwei Stunden warten müssen, und somit beließen wir es bei einem Blick auf die Brücke aus weiter Ferne und stellten fest, dass auch der Parkplatz eine Game of Thrones Location ist, nämlich das Camp in den Sturmlanden, wo zum ersten Mal Brienne von Tarth auftauchte. Wir machten uns schnell wieder aus dem Staub und steuerten den nächsten Drehort an. Denn auf den naheliegenden Giant’s Causeway hatten wir angesichts der Menschenmassen diesmal gar keine Lust. Die wohl größte Touristenattraktion Nordirlands nahmen wir uns erst für den nächsten Tag vor.
Ballintoy Harbour gehört mittlerweile zu den beliebtesten Game of Thrones-Pilgerstätten, glücklicherweise können Busse die schmale Straße nicht bewältigen. Daher mussten wir uns schon auf der Abfahrt durch größere Gruppen Fußgänger drängeln, die uns ahnen ließen, dass wir auch hier keinen einsamen, romantischen Hafen vorfinden würden. Aber immerhin war ein Parkplatz für uns frei, und da wir ja Glückskinder sind, schnappten wir uns auch gleich noch einen freien Platz am Hafencafé, wo wir einen Scone, ein Panini und Kaffee zu uns nahmen. Der malerische Naturhafen führt uns mitten auf die Eiseninseln, schon auf der Infotafel begrüßt uns Theon Graufreud, der hier einige einschneidende Dinge miterlebt hat. Heute sprangen Kinder und Jugendliche in Neoprenanzügen mutig ins Hafenbecken oder kletterten auf den Felsen herum.
Unser nächster Stopp war White Park Bay. Eigentlich ein normaler, wenn auch besonders schöner Strand, der aber zu einem absoluten Highlight werden sollte. Beim Spaziergang sahen wir schon aus der Ferne eine Herde Bullen oder Kühe, die vor den Felsen am Strand standen. Wir näherten uns bis auf einen Sicherheitsabstand, und sahen eine recht große Herde vor uns, für die der Strandbesuch das normalste der Welt war. Auf dem Rückweg hörten wir plötzlich merkwürdige Geräusche in unserem Rücken und befanden uns unversehens zwischen den laufenden Tieren. Bis auf das Leittier, das uns kritisch im Auge behielt, wurden wir komplett ignoriert, etwas mulmig wurde uns in der Nähe der stattlichen Tiere dann doch. Letztendlich hatten diese aber auch keine Lust auf Stress und waren nur auf dem Weg zum nächsten Wasserloch, eindrucksvoll war die Begegnung aber auf jeden Fall. Direkt über dem Strand befindet sich übrigens eine von außen sehr ansehnlich Jugendherberge, viel schöner kann man eigentlich kaum wohnen.
Mittlerweile war es schon später Nachmittag und auf dem Weg zu unserer Unterkunft in Portrush standen nun noch zwei alte Gemäuer auf dem Programm. Einen kurzen Halt legten wir am Dunseverick Castle ein. Hier sind nur kleinere Reste der ursprünglichen Burg erhalten, daher sparten wir uns den Weg auf die der Küste vorgelagerte Landzunge, obwohl man auch von dieser bestimmt sehr schöne Aussichten genießen kann. Wesentlich besser erhalten ist Dunluce Castle, eine der am häufigsten fotografierten Burgen Irlands. Gerade in der Abendsonne liegt die Burg malerisch vor den Klippen. Auch außerhalb der Besichtigungszeiten kann man das Gelände besuchen und erhält wunderbare Ausblicke auf das imposante Gemäuer. Für mich ist Dunluce Castle eine der schönsten Burgruinen, die ich je gesehen habe. Was für ein Abschluss eines herrlichen Besichtigungstages, den wir im lebhaften Küstenort Portrush ausklingen lassen wollten.
Unterkunft & Food
Unsere Unterkunft im Anvershiel House (zu buchen u.a. über booking.com) befand sich am Rand der kleinen Küstenstadt Portrush, gleich an einem Ende der sehr schönen Strandpromenade. Das Zimmer nutze den eingeschränkten Platz perfekt aus, somit hatten wir zwei getrennte Betten und erstaunlich viel Platz, um unsere Siebensachen unterzubringen. Ich hatte es mir zur Angewohnheit gemacht, meinen Koffer im Auto zu lassen, und nur die Klamotten in den Rucksack zu packen, die ich für den nächsten Tag brauche. So ließ sich für mich das aus dem Koffer leben am besten organisieren, ohne jedes Mal das ganze Zeug irgendwelche Treppen heraufwuchten zu müssen.
Wesentlich schwieriger als das Auffinden der Unterkunft gestaltete sich die Nahrungssuche. Zwar hatte unser Gastgeber Alan schon angedeutet, dass es samstags durchaus voll sein könnte, aber damit hatten wir nicht gerechnet. Er empfahl die Restaurants am Hafen, aber scheinbar war dies alles andere als ein Geheimtipp. Die Menschenmassen drängten sich um die Restaurants und Pubs und wir steuerten relativ wahllos eins an, um überhaupt eine Chance zu bekommen. Wir ergatterten einen Platz 90 Minuten später, uns wurde aufgetragen, in der Kneipe nebenan zu warten, die Reservierungsnummer würde durchgegeben werden. Nur welche Bar war gemeint?
Wir tranken erst einmal ein Bier und einen Cider vor einer Hafenbar, dann versuchten wir unser Glück nebenan, wo in einer Mischung zwischen Bar und Restaurant tatsächlich Nummern durchgegeben wurden. Ich wurde langsam genervt (und hungrig), vor allem weil ich das System nicht wirklich durchschaute. Lange Rede kurzer Sinn: Falscher Laden, falsche Nummer, aber am Ende bekamen wir zur gebuchten Zeit unseren Platz und entschieden uns für Steak meinerseits und Hühnchenfajita bei der Dame. Letztere war lecker, aber höllisch scharf (selbst für mich), daher tauschten wir und wurden beide satt. Etwas gestresst zogen wir uns danach in die zum Glück sehr ruhige Kiwi’s Brew Bar zurück, wo ich ein einheimisches Craftbeer bekam (West Bay Pale Ale der Lacada Brewery), wonach wir uns aber hundemüde in die Unterkunft zurückzogen.
Portrush scheint definitiv eine Urlaubs- und Wochenend-Partyhochburg der Region zu sein. Es gibt bunt leuchtende Spielhallen, Kneipen und es pulsiert das Leben, irgendwie genau das, was wir hier nicht gesucht hatten. Aber es war doch faszinierend dem Treiben zuzuschauen. Nach einem Samstag mit vielen Menschen sollte der folgende Tag deutlich ruhiger verlaufen, davon später mehr!
Bislang veröffentlicht:
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route und dem Wild Atlantic Way
- Belfast– Boomtown mit Licht und Schatten
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 1 – Von Belfast nach Cushendall
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 2 – Von Cushendall zu den Dark Hedges
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 3 – Von Ballycastle nach Portrush
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 4 – Von Portrush über den Giant’s Causeway nach Derry
- Derry – „Walled City“ mit dunkler Geschichte
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Derry nach Malin Head
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Malin Head nach Rathmullan
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Rathmullan nach Dunfanaghy
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Dunfanaghy nach Glenties
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Glenties nach Slieve League
Ein paar Bilder
(Galerie liegt bei Flickr, daher anderes Layout)