Die Causeway Coastal Route hat uns absolut begeistert, aber wir freuten uns auch sehr, nun endlich auf dem Wild Atlantic Way in der Republik Irland unterwegs zu sein, wo wir im Vorjahr eine richtig tolle Zeit hatten. Ein großer Vorteil auf dieser Seite der Grenze ist ja, dass man nun wieder unbesorgt mit Euro bezahlen kann, ohne penibel auf die kargen Vorräte an britischen oder irischen Pfund achten zu müssen. Ziel des ersten Tages war Malin Head, der nördlichste Punkt der grünen Insel.
Nur etwa zehn Kilometer von Derry entfernt liegt schon jenseits der Grenze Grianán von Aileach, ein imposantes Ringfort mit wunderbarem Blick über Inch Island und die Halbinsel Inishowen. An strategisch günstiger Position regierten hier die Könige von Aileach, bis die Normannen am Ende des 12. Jahrhunderts das Gebiet eroberten und das Fort schließlich zerstört wurde. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde es wieder aufgebaut und ist deshalb in hervorragendem Zustand. Ausblick und Ambiente gefielen uns sehr, bis uns ein Tourist mit Drohne ziemlich auf die Nerven ging, zum Glück die einzige Störung dieser Art während unseres Urlaubs.
Der Wild Atlantic Way beginnt in Muff, von hier aus muss man nur der prägnanten Beschilderung in Richtung Süden folgen. Das fühlt sich erst einmal paradox an, denn Malin Head liegt weit im Norden. Zunächst führt die Straße wenig malerisch den Lough Foyle entlang, in Moville gab es für unsere morbiden Interessen einen reizvollen Friedhof zu besuchen. Am Eingang des Friedhofs von Cooley steht ein schönes Hochkreuz, den Gottesacker selbst betritt man durch ein Tor, das mit einem äußerst fantasievollen Schließmechanismus versehen ist. Wie so oft in Irland hat man vom Friedhof aus einen schönen Blick, in diesem Falle über den Lough Foyle; den Ahnen nur das Beste, scheint hier das Motto gewesen zu sein. Über die Bedeutung des Skull House von Moville streiten sich die Gelehrten. Als Teil einer Klosteranlage kann der kleine Steinbau viele Funktionen gehabt haben. Seinen Namen hat er von Gebeinen, die im Inneren gefunden wurden.
Nur einen Katzensprung hinter Moville bei Greencastle liegt tatsächlich eine grüne Burg. Das im frühen 14. Jahrhundert erbaute Northburgh Castle ist dicht bewachsen und man muss sich buchstäblich durch das Gebüsch schlagen, um zu den ziemlich vermüllten Mauern vorzudringen. Ein Blick von außen hätte es aber auch getan. Von hier aus ist es nicht weit zum Inishowen Head, dem äußersten nordöstlichen Zipfel Irlands. Von dort hat man einen wundervollen Ausblick auf den Atlantik, die Küste Nordirlands im Osten und die Halbinsel Inishowen im Westen. Dazu gibt es noch einen malerischen Strand (das werde ich noch häufiger schreiben), geschützt von interessanten Felsformationen, auf denen man herumklettern und sich nasse Füße holen kann.
Vorbei am Aussichtsparkplatz Magilligan Point View führt die Straße zur Kinnagoe Bay. Hier ist wirklich der Weg das Ziel, den immer wieder bietet die steile Straße herrliche Ausblicke auf die Küste. Der Strand hatte zwar ordentlich goldenen Sand zu bieten, überzeugte uns aber ansonsten nicht so.
Auf dem Weg in Richtung Culdaff wies unser bewährter Xploreit Route Atlas, den wir nun wieder nutzen konnten, einen Steinkreis aus, und da wir mit dem Auffinden derartiger Kultstätten im Vorjahr weniger Erfolg hatten, versuchten wir unser Glück erneut. Und es wurde spannend, denn der Bocan Stone Circle befindet sich mitten auf einem Steckrübenfeld, auf dem eine ganze Herde Bullen träge in der Sonne lag, bei unserer Ankunft aber beunruhigt aufstand. Ganz wohl war dem Stadtkind in mir dabei nicht, obwohl die Tiere vor uns Eindringlingen wahrscheinlich mehr Angst hatten als umgekehrt. Mitten im Steinkreis beobachtete das Treiben eine junge Alleinreisende, die sich nach kurzem Gespräch als Deutsche entpuppte, die sogar ganz aus unserer Nähe kam. Wir tauschten uns erst einmal über die Sehenswürdigkeiten der Umgebung aus, und auch die Bullen beruhigten sich wieder etwas. Der Steinkreis selbst ist in recht schlechtem Zustand, nur noch sieben Steine stehen in aufrechter Position. Der Ausblick lohnt aber wie so oft die Mühen.
Nächstes Ziel war der weitläufige Sandstrand von Culdaff, ein eindrucksvolles Beispiel dafür, dass die irischen Strände den Vergleich mit der Karibik nicht zu scheuen brauchen und nur die Luft- und Wassertemperatur sich nachteilig bemerkbar machen. Von hier aus geht es nun auf und ab in Richtung Malin Head, der Wild Atlantic Way zeigt sich von seiner schönsten Seite.
In Bree gabelt sich die Route, und es bildet sich ein kleiner Rundweg um die Nordspitze der Insel, den wir gegen den Uhrzeigersinn fuhren. Schon mit Blick auf Malin Head hielten wir am Wee House of Malin, einer Pilgerstätte in einer Höhle, in der unzählige Steine und Bilder den Verstorbenen gedenken. Die Ruinen der kleinen Kirche davor stammen wohl aus dem 16. Jahrhundert. Hier verbinden sich heidnische und christliche Tradition und jedes Jahr an Mariä Himmelfahrt treffen sich die Pilger. Am steinigen Strand befinden sich interessante Felsen und Höhlen, es ist ein malerischer und friedlicher Ort zum Innehalten.
Den recht steilen Weg zum Malin Head erreichten wir am späten Nachmittag und es standen bereits einige Autos am Wegesrand, sodass wir einen kleinen Besucheransturm befürchteten. Dem war aber nicht so, denn es war wegen Bauarbeiten lediglich der Hauptparkplatz gesperrt. Auf dem Banba’s Crown genannten Felsen befindet sich ein stillgelegter Signalturm, von wo aus man einen kleinen Wanderweg entlang der Klippen zum Hell’s Hole unternehmen kann, wo der tosende Atlantik durch eine Felsspalte schießt.
Wir machten einige Fotos, als wir von einer Stimme hinter uns erschreckt wurden, wo eigentlich nur noch Steilküste und Atlantik waren. Doch es war lediglich ein tollkühner Kletterer, der uns fragte, ob er ein Foto von uns machen sollte. Das Angebot nahmen wir gerne an und beobachteten danach noch den unfassbar schnellen Weg des Mannes über die Klippen, mir sagte er noch, dass dies ein normaler Abendspaziergang wäre. Wir gingen derweil den im Vergleich eher langweiligen Weg zurück zum Parkplatz und schauten uns noch den markanten „Eire“ Schriftzug an, der im zweiten Weltkrieg die deutschen Bomber daran erinnern sollte, dass dies nicht Großbritannien, sondern das neutrale Irland ist.
Unterkunft & Food
Auf unsere Unterkunft freuten wir uns ganz besonders, denn die Seaview Tavern punktete bei der Auswahl mit herrlicher Aussicht und einem sehr gut bewerteten Restaurant (zu buchen u.a. über booking.com). Und die hohen Erwartungen wurden definitiv nicht enttäuscht. Unser Zimmer in der nur wenige Kilometer von Malin Head in Ballygorman gelegenen Unterkunft hatte unverstellten Blick aufs Wasser, das erste was wir am Morgen nach dem Aufwachen sahen, war das Meer. Das Restaurant ist bekannt für seine ausgezeichneten Steaks und auch wir waren sehr angetan von der Qualität des Fleisches und der Art der Zubereitung. Dazu gab es ausgezeichnetes Craft-Bier der Boghopper Brewery aus Muff und der Donegal Brewing Company aus Ballyshannon, der Geburtsstadt von Blueslegende Rory Gallagher. Auch das Frühstück nahmen wir im Restaurant ein selbstredend mit Blick aufs Meer, und auch dieses war ausgezeichnet. Ich selbst hatte wie immer ein Full Irish, die Bergische Maid wagte sich an French Toast mit Bacon und Ahornsirup und war durchaus angetan von dieser ungewöhnlichen Kombination. Service und Ambiente passten, die Seaview Tavern können wir jedem Irlandreisenden nur empfehlen.
In Ballygorman machten wir abends noch einen kleinen Spaziergang am Meer und stolperten über Farren’s Bar, den angeblich nördlichsten Pub der Insel, an dessen Fassade uns Meister Yoda begrüßte. Auch in unserer Unterkunft gab es Star Wars Merchandising zu erwerben, denn die Dreharbeiten zu Episode VIII, der im Winter in die Kinos kommt, fanden unter anderem auch an Malin Head statt. Star Wars und Game of Thrones, der Norden Irlands scheint sich immer mehr zu einem beliebten Hollywood-Drehort zu entwickeln.
Bislang veröffentlicht:
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route und dem Wild Atlantic Way
- Belfast– Boomtown mit Licht und Schatten
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 1 – Von Belfast nach Cushendall
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 2 – Von Cushendall zu den Dark Hedges
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 3 – Von Ballycastle nach Portrush
- Unterwegs auf der Causeway Coastal Route Tag 4 – Von Portrush über den Giant’s Causeway nach Derry
- Derry – „Walled City“ mit dunkler Geschichte
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Derry nach Malin Head
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Malin Head nach Rathmullan
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Rathmullan nach Dunfanaghy
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Dunfanaghy nach Glenties
- Unterwegs auf dem nördlichen Wild Atlantic Way – Von Glenties nach Slieve League
Ein paar Bilder
(Galerie liegt bei Flickr, daher anderes Layout)













































