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Der späte September hält für Bierfreunde ein besonderes Highlight bereit, wenn im kleinen niederländischen Städtchen Bodegraven in der Nähe von Utrecht das Borefts Bierfestival gefeiert wird. Jahr für Jahr lädt die Brauerei De Molen zwanzig befreundete Brauereien ein, und schafft es immer wieder, mit den ganz großen Namen der Craft-Bier-Branche aufzutrumpfen. Waren im Vorjahr noch Cascade und Omnipollo die herausragenden Vertreter, setzte man diesmal den Fokus auf die in diesem Jahr sehr gehypte britische Brauerszene. Doch am Ende stahlen den Briten zwei niederländische Brauer und ein „Exot“ die Show.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Das Borefts Bierfestival gehört trotz mehrerer Tausend Besucher an zwei Tagen zu den gemütlichsten Veranstaltungen dieser Art, und auch mit dem Wettergott scheint man irgendeinen bierigen Pakt geschlossen zu haben. Zwar gab es am Freitag noch einen kleinen Schauer, aber ansonsten wurden die Besucher von herrlichstem Spätsommerwetter beglückt.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Wie schon im Vorjahr bin ich mit den Bloggerkollegen von den Hopfenjüngern angereist, die zwar anfangs etwas über das diesjährige Lineup mäkelten, aber dann doch nicht zweimal gefragt werden mussten. Allein wegen der Boreftswurst lohnt sich der Weg, auch wenn sich das Preis-Fleischverhältnis im Laufe der Jahre leider etwas ungünstig entwickelt hat. Wenn sie nicht so grandios wäre, würde man nicht wirklich 6 Euro für ein paar Stücke Wurst investieren. Insgesamt ist die Verpflegungslage auf dem Festival hervorragend, unser Favorit sind definitiv Bitterballen und Pommes, frittieren haben die Niederländer einfach drauf! Am Samstag versorgten wir uns allerdings im Bodegraven City mit Brot und verschiedenem Käse, was letztendlich deutlich günstiger war, und außerdem richtig gut! Bier und Käse, das passt einfach.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Das Studium der langen Bierliste hatte bei mir schon für große Vorfreude gesorgt, da ein paar alte Bekannte sowie einige aufstrebende Stars der Szene am Start waren. Oft schon war es beim Borefts so, dass man die Stars kurz vor ihrem großen Durchbruch am Start hat, und auch diesmal waren einige Brauer dabei, von denen man in den nächsten Monaten und Jahren noch ganz viel hören wird.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Schon in der Liste war sofort ersichtlich, dass die britischen Brauereien großen Raum bekommen würden. Mit Cloudwater aus Manchester, Beavertown, Weird Beard und Brew By Numbers aus London und Tempest aus Tweedbank in Schottland stammten fünf Brauereien aus dem Land der Queen. Ich war vor allem gespannt auf die geradezu hymnisch abgefeierten New England IPAs von Cloudwater, die mich aber nicht wirklich vom Hocker hauten. Ich glaube, ich habe es noch nie gesagt oder geschrieben, aber die Biere wirkten durch die Bank zu frisch. Der Hopfen ballerte noch völlig ungezähmt durch das Bier, und jegliche Nuancen und Struktur blieben auf der Strecke. Von allen vorgestellten Bieren hat mich allenfalls das Mormora Sour überzeugt, in dem Kaffeenoten und eine prägnante Säure wunderbar harmonieren.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Auch von Weird Beard stach ein Bier mit Kaffeenoten heraus, nämlich das Out of Office Ethiopian Coffee IPA, das mit Frische vorne und Kaffeearomen hinten punktet. Stärkstes Bier von Brew By Numbers war die 22|01 Cuvee 2017, ein leichtes Saison-Farmhouse Ale mit blumiger Frucht, leichten Bitternoten und extrem hoher Süffigkeit. Tempest Brewing präsentierte ein interessantes und breites Portfolio. Das Mexicake Bourbon Barrell Imperial Stout machte mit einem tollen Geruch schon Lust auf mehr, dann kommen satte Schokoaromen und dezente Bourbonnoten, ein rundes, richtig gutes Bier. Die britische Meisterschaft gewann bei mir Beavertown mit dem sehr süßen, aber ungemein leckeren Heavy Lord Imperial Stout sowie den Klassikern Neck Oil und Gamma Ray, die ich mir am späten Samstagabend noch einmal zum Festivalabschluss gönnte.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Põhjala @ Borefts 2017

In Sachen IPA legte die Stigbergets Bryggeri aus Norwegen die Latte extrem hoch und präsentierte mit den Amazing Haze NEIPA und der Omnipollo Kollaboration Uno die wohl besten Biere dieses Stils auf dem Festival. Den Exotenstatus längst verlassen hat Põhjala aus Estland, deren Biere gut verfügbar sind und die immer wieder durch Kreativität und konstant hohe Qualität überzeugen. Mit dem Barrel Aged Rukkivein hatte man ein Ratebeer-Topbier am Start, mit kerniger Getreidenote, leichter Süße und schön eingebundenem Alkohol. Das gefiel mir ebenso gut wie der CocoBänger, ein Imperial Stout, bei dem Kokos zum Glück nicht überrepräsentiert ist.

Kommen wir zu den großen Gewinnern des Festivals. Am Freitag hatten wir unseren Tisch direkt neben dem Stand der Brouwerij Alvinne aus Belgien, die uns im Vorjahr total begeistert hatte. Und auch diesmal war das Portfolio in der Breite von allerhöchstem Niveau. Auf der einen Seite macht man kernig saure Sauerbiere auf Weltklasseniveau (die Cuvée Sofie Rabarber hatte ich glaube ich dreimal), auf der anderen Seite sind die fassgereiften Biere richtig stark.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Bleiben wir bei den Sauerbieren, so hat der Shooting Star der Szene sein riesiges Talent nun auch auf dem Borefts präsentiert, ein Geheimtipp wir Tommie Sjef von nun an also nicht mehr sein. Ich habe den jungen Brauer zum ersten Mal beim Arrogant Sour Festival kennengelernt, und war dort schon begeistert. Auf dem Borefts präsentierte er sechs seiner Biere, die qualitativ allesamt zu dem Besten gehörten, was es dieses Jahr zu probieren gab. Entsprechend schnell waren die Kühlschränke jeweils geleert, doch Tommie hatte noch eine Überraschung am Start. So öffnete er am späten Samstagabend noch eine Magnumflasche seines seltenen Backslash, zum Glück waren wir zur rechten Zeit am rechten Ort. Wenn das so weitergeht, wird Tommie Sjef in den kommenden Jahren in der Weltspitze noch ordentlich mitmischen!

Besonders freute ich mich, dass einer meiner Lieblingsbrauer in Sachen Niveau noch einmal eine Schippe drauflegen konnte. Kees Bubberman von der Brouwerij Kees hatte kein einziges durchschnittliches Bier am Start, quer durch die Stile lieferte er Höchstqualität ab. Das Barrel Aged Caramel Fudge Stout ist ein absoluter Aromenknaller, schon die Standardversion hatte mir bei einem Brauereibesuch Anfang des Jahres ausgezeichnet geschmeckt. Außerdem hatte er einen brutalen Eisbock am Start, dem man die mehr als 20% Alkohol aber keinesfalls anmerkte, und der eher wie ein elegantes Stout daherkam.

9. Borefts Bierfestival, Brouwerij de Molen, Bodegraven (Ned), 22./23. Sept. 2017

Närke Kulturbryggeriet @ Borefts 2017

Offizieller Sieger des Festivals, zumindest was den Schnitt an ausgeschenkten Bieren angeht, war gewissermaßen ein Exot, den zumindest ich bis dahin noch gar nicht auf dem Schirm hatte, nämlich MONYO Brewing. Die Ungarn zeigten hohes Niveau in einer beeindruckenden stilistischen Bandbreite. Den Preis für die beste Präsentation eines Bieres müsste man MONYO auf jeden Fall zusprechen, garnierte man das Yummy Mummy IPA doch mit einer echten Hibiskusblüte, und wurde so dem Festivalmotto „Flower Power“ auf besondere Weise gerecht. Am besten gefallen hat mir das Mahna Mahna New England IPA, das sehr rund und fruchtig mit sanftem Mundgefühl daherkam. Apropos exotisch: Das vielleicht verrückteste Bier hatte die Närke Brauerei aus Schweden am „Hahn“, denn das Bäver wird stilecht aus einem Urinal gezapft und ist mit Castoreum eingebraut, dem Drüsensekret der Analdrüse des Bibers. Das rauchig-kräftige Bier war aber gar nicht übel!

Es fehlt noch ein Wort zu den Gastgebern, denn De Molen tischt zu ihrem eigenen Bierfestival immer eine geradezu absurde Anzahl an Bieren auf, manche wurden extra für das Festival eingebraut. Neben eher unnötigen Spaßgetränken wie den komischen Biercocktails haben sie aber wieder einmal gezeigt, dass es in Sachen Imperial Stout wohl nur wenige gibt, die sich in dieser Bandbreite mit den Niederländern messen können. Im Vorjahr enttäuschten uns dagegen die Biere aus dem Pale Ale / IPA Bereich, doch hier waren in diesem Jahr einige sehr gute Vertreter an den unzähligen Hähnen.

Das Borefts Bierfestival ist ein besonderes Festival mit einer ganz eigenen Atmosphäre. Auch wenn es am Samstag ausverkauft und ziemlich voll war, ist die Verfügbarkeit der Biere auch ohne langes in der Schlange stehen problemlos möglich, außer man hat von besonderen Erzeugnissen nur 30 Portionen am Start wie die Galway Bay Brewery (natürlich haben wir trotzdem was abbekommen). Das Publikum ist entspannt und freundlich, trotz der vielen Biere habe ich keine einzige Alkoholleiche gesehen. Wir brauchen aber unbedingt eine andere Hoteloption, das Beste, weil einzige Haus am Platz ist leider schmerzhaft teuer und die Brauerei von dort nur nach einem längeren Fußmarsch zu erreichen.

Meine persönliche Top 15

  1. Tommie Sjef Wild Ales: Framboos-Cassis
  2. Brouwerij Kees: Caramel Fudge Stout BA
  3. Brouwerij Alvinne: Sour’ire de Mortagne Oak Smoked Peaches

Ab hier ohne gesonderte Reihenfolge:

  • Bakunin Brewery: All In: Citra
  • Beavertown: Neck Oil
  • Brouwerij Alvinne: Cuvée Sofie Rabarber
  • Brouwerij De Molen: Binkie Claws Bourbon Barrel Aged Barley Wine
  • Brouwerij Kees: Frick & Frack Barrel Aged Barley Wine
  • Galway Bay Brewery: Two Hundred Fathoms
  • Gänstaller Bräu: Affumicator
  • Närke Kulturbryggeriet: Rom-Kaggen Stormaktsporter
  • Stigbergets Bryggeri: Amazing Haze
  • Stigbergets Bryggeri: Uno
  • Tommie Sjef Wild Ales: Blauw
  • Tommie Sjef Wild Ales: Backslash
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