Mensch, das hat aber wieder gedauert… Fast vier Wochen liegt die 19. Auflage des Riez Open Airs in Bausendorf nun schon zurück, aber da ich quasi direkt nach dem Festival in Urlaub gefahren bin, gibt es erst jetzt einen kleinen Rückblick. Das war nämlich wieder einmal richtig schön und auch beim Line-Up hat man sich erneut nicht lumpen lassen. Allein die Dritte Wahl mal in einem Partyzelt zu sehen und dazu noch ein paar echte Punk-Urgesteine wie Good Riddance oder Face to Face, da hat sich die kurze Anfahrt schon mehr als ausgezahlt. Doch der Star ist eigentlich das Festival selbst, das wirklich mehr Gartenparty als Festival ist. Daher ist dies auch das einzige Festival, bei dem ich als Konzertopa sogar zelte.

Riez Open Air
In den Tagen vor dem Riez wurde dann doch immer wieder kritisch die Wetterapp beäugt, doch am Ende wurde dann doch alles gut und es gab geradezu perfektes Festivalwetter. Das sah bei unserer Ankunft allerdings anders aus, denn es regnete in Strömen und der Parkplatz verwandelte sich schon einmal in einen formidablen Matschhaufen. Wir beschlossen erst einmal im Auto unsere Biervorräte zu dezimieren, immerhin zeigte das Regenradar ein baldiges Ende der Schauer voraus. Und so war es auch, und mit etwas Verspätung konnten wir uns trockenen Kopfes der Begrüßung alter und neuer Bekannter sowie dem Aufbau der Zelte widmen.

Dritte Wahl
Leider verpassten wir so mit Tenside die erste Band des Abends, denn am Anreisetag gibt es bereits Konzerte, die dann allerdings nicht auf der „großen“ Bühne, sondern in intimer Atmosphäre im Partyzelt stattfinden. Pünktlich zu Big D and the Kids Table waren wir aber am Start, und obwohl ich von den Jungs aus Boston noch nie gehört hatte, war ich gleich überzeugt. Richtig schöner Ska-Punk, für mich ein perfekter Opener. Auf die Dritte Wahl hatte ich mich natürlich besonders gefreut, über die Konzertqualitäten der Rostocker habe ich hier ja schon oft genug berichtet. Nach gar nicht mal so langer Konzertpause waren die Herren auf jeden Fall nicht eingerostet und es ergab sich eine abwechslungsreiche Setlist, die leider aufgrund der fortgeschrittenen Zeit ohne Zugaben auskommen musste. Schade, so endete der Abend dann doch recht plötzlich.

Dritte Wahl
Wir beschallten danach noch ein wenig den Zeltplatz, bevor es ins Bett ging, und ich muss sagen, dass ich die drei Tage ausgezeichnet geschlafen habe. Unsere Nachbarn, die mit eindeutigem Wattvorteil angereist waren, entpuppen sich trotz ihres jugendlichen Alters tatsächlich als Musikgourmets, so ist es mir weniger Bange um die Zukunft, wenn ich von Jungspunden mit Johnny Cash geweckt werde.
Nach einem Luxusfrühstück mit Speck, Ei und Kirschviez zog sich der Beginn des Konzerttages dann etwas länger hin als gedacht, aber wir waren ja auch so ausreichend beschäftigt. Grund war die Absage von Nothington, die irgendwo in Russland auf einem Flughafen festhingen. Sehr ärgerlich für mich, hatte ich sie doch erst kürzlich in der Luke verpasst…

Siberian Meat Grinder
Pünktlich zum Beginn waren wir aber am Start und schauten uns Tiger Uppercut, I am Noah und Fights & Fires aus der Distanz vom Bierhügel aus an. I am Noah fand ich bei einer Releaseshow in der Luke durchaus mitreißend, diesmal wollte der Funke aber gar nicht überspringen. Aus der Nähe ansehen wollte ich mir Siberian Meat Grinder, und die Russen lieferten einen krachenden Auftritt ab. Mist, auch die habe ich kürzlich erst in der Luke verpasst, im Club ist das bestimmt richtig intensiv.

All for Nothing
Richtig gut fand ich auch All for Nothing, female-fronted Hardcore aus den Niederlanden, der aber erstaunlich melodisch rüberkam und dank der sympathischen Frontfrau auch zwangsläufig auf das testosterongeschwängerte Ellenbogengedengel verzichtete, das man sonst so häufig sieht (ich glaube ihr wisst was ich meine).

Riez Open Air
Mit Nasty aus Belgien endete dann für mich etwas arg früh der Konzertfreitag. Auf den Headliner Deez Nuts hatte ich eh keine große Lust, aber leider verpasste ich den offenbar ausgezeichneten Auftritt von Teenage Bottlerocket, was mich am nächsten Tag dann doch maßlos ärgerte. Aber ich war einfach platt.
Doch meine Regeneratiosfähigkeiten sind legendär, somit war ich Samstag wieder in alter Frische beim Frühstück. Wir vertrödelten die Zeit auf dem Zeltplatz und verpassten die ersten beiden Bands, erst zu Rising Anger nahmen wir unsere Plätze ein. Danach kamen auch schon meine Geheimfavoriten von Lygo, immerhin habe ich die Bonner in diesem Jahr nun schon zum dritten Mal gesehen. Kann ich auch nur empfehlen, eine sehr sympathische, mitreißende Liveband mit einigen richtig guten Songs.

Lygo
Etwas ausruhen konnte ich mich dann bei den Crowned Kings, die aber einen durchaus überzeugenden, wenn auch etwas eindimensionalen Auftritt hinlegten. Mir musikalisch deutlich näher als der Hardcore der Australier war mir Not Available, die Schwaben (ich hoffe ich sag nix Falsches) hatten auch eine ordentliche Fanbase am Start. Dem Auftritt merkte man die zwanzigjährige Bühnenerfahrung an, wobei der Spaß nicht zu kurz kam. Das war rundum richtig gut!

Not Available
Deutlich ruhigere Töne gab es danach mit Tim Vantol, der niederländische Singer/Songwriter hatte diesmal sogar seine ganze Band dabei. Aber so richtig warm werde ich damit irgendwie nicht, daher gönnte ich mir eine kleine Essens- und Verschnaufpause, der leider auch Evergreen Terrace zum Opfer fiel.

Good Riddance
Aber gut erholt hatte ich danach wieder volle Energie für zwei Bands, auf die ich mich ganz besonders gefreut hatte, und die absolut würdige Headliner waren. Mit Good Riddance und Face to Face standen echte Punk-Legenden auf der Bühne. Vor allem Good Riddance rissen mich richtig mit, seit mehr als 30 Jahren stehen die Kalifornier (mit einer kurzen Unterbrechung) nun schon auf der Bühne. Nur einige Jahre weniger Erfahrung haben Face to Face, die für einen gut gelaunten Festivalabschluss sorgten und meine hohen Erwartungen ebenfalls voll und ganz erfüllten.

Face to Face
Im Vergleich zum Vorjahr (hier geht es zum Bericht) war das diesjährige Festival nicht ganz so gut besucht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es am Line-Up lag, auch wenn ich nicht beurteilen kann, wie bekannt Bands wie Good Riddance heutzutage beim Nachwuchs noch sind, um als Zugpferd zu dienen. Ich bin mir aber sicher, dass zum 20. Jubiläum im nächsten Jahr die Wiese voll sein wird, ich bin auf alle Fälle am Start! Den Veranstaltern und allen ehrenamtlichen Helfern ist nur zu danken, verrückt, was für ein geiles Festival da in privater und extrem entspannter Atmosphäre auf die Beine gestellt wird.
Das Riez Festival 2018 findet vom 26.–28. Juli 2018 in Bausendorf bei Wittlich statt.

Riez Open Air