Das Volcano Festival im saarländischen Theley ist zweifelsohne eines meiner Lieblingsfestivals; es ist klein, wird von extrem tollen Menschen in DIY-Manier organisiert und schafft es Jahr für Jahr, ein sehr attraktives Lineup in die Provinz zu locken. In diesem Jahr kamen trotz der Sondaschule, der Terrorgruppe, Radio Havanna, Rantanplan, Lygo und einigen anderen Bands nicht ganz so viele Besucher wie erhofft, dennoch war es ein grandioser Samstag.

Rantanplan @ Volcano Festival 2017
Ein Samstag, der ziemlich scheiße begann. Wie schon die vergangenen beiden Jahre hatten wir Quartier im Hotel Schauenburg im benachbarten Tholey bezogen, ein einfaches Traditionsgasthaus und Hotel mit ordentlichem Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber wo der frühe Vogel normalerweise den Wurm fängt, wurde uns die frühe Buchung diesmal zum Verhängnis. Da sich eine Gruppe angekündigt hatte, wurde unsere Buchung kurzerhand, und ohne uns Bescheid zu geben, in den Papierkorb geworfen. Bei unserer Ankunft störten wir den Gastwirt gerade beim reichhaltigen Mittagessen und wurden gleich einmal mit der Botschaft konfrontiert, dass wir hier wohl kein Zimmer bekommen würden. Von einer Entschuldigung keine Spur, nur gelangweiltes Schulterzucken. Wir wären ja selbst schuld, weil wir uns nach der Buchung nicht mehr gemeldet hätten. Nach dem Austausch von ein paar Nettigkeiten zogen wir von dannen und hatten Glück, dass wir im nahe gelegenen Gasthof zum Haab noch ein Zimmer bekamen, was sogar günstiger, und deutlich besser ausgestattet war. Und mit wirklich ungemein netten Gastgebern! Den Rest überließen wir booking.com, die dem Schauenburg-Wirt hoffentlich ordentlich Feuer unter dem Hintern machen. Also wer im nächsten Jahr ein Zimmer zum Festival sucht: Neben dem Haab bietet auch die Jugendherberge am Schwimmbad günstige und komfortable Zimmer.
So bezogen wir unsere Zimmer und konnten unsere Wut vor Ort noch mit einem Bier herunterspülen, bevor wir zum Glück noch eine Mitfahrgelegenheit zum Festival ergattern konnten. Das haben wir bislang in all den Jahren immer geschafft. Leider verpassten wir durch den ganzen Ärger die ersten Bands (was auch irgendwie schon Tradition hat) und kamen erst zu Waste of Mind aufs Gelände. Wir kümmerten uns erst einmal um Getränke und begrüßten ein paar Bekannte, was ich von Waste of Mind mitbekam, wusste aber auf jeden Fall zu gefallen.

Tony Gorilla @ Volcano Festival 2017
Bei Tony Gorilla und Not Available waren wir dann aufnahmefähig, beide Konzerte waren durchaus gelungen, auch wenn die Zuschauer sich zu diesem Zeitpunkt noch auf einem schmalen Schattenstreifen am Rand zusammenquetschten, um der Sonne zu entfliehen. Also das Volcano hat wirklich einen Pakt mit dem Wettergott geschlossen, bei allen drei Besuchen bisher hat die Sonne geschienen. Für die Zuschauer ist das gut, vor allem weil die Sonne von hinten kommt, für die Bands ist das aber durchaus schwierig, es herrscht akute Sonnenbrandgefahr!

Lygo @ Volcano Festival 2017
Auf das Wiedersehen mit Lygo hatte ich mich im Vorfeld schon sehr gefreut, das Konzert im April in der Luke habe ich in sehr guter Erinnerung behalten (zum Bericht). Und auch auf der Festivalbühne funktionierte der explosive Sound der Bonner trotz der frühen Stunde sehr gut und zum ersten Mal wurde es auch etwas voller im Glutofen vor der Bühne. Schon krass, was die drei Herren da für eine Energie entfachen können, selbst wenn das im kleinen Club naturgemäß noch etwas besser funktioniert. In zwei Wochen auf dem Riez Festival mache ich den Lygo-Hattrick dann komplett.

Rantanplan @ Volcano Festival 2017
Einer der absoluten Höhepunkte des Festivals waren für mich Rantanplan, die schon recht früh die Bühne enterten. Sondaschule, die Terrorgruppe und Radio Havanna hatte ich teilweise schon mehrfach gesehen, Rantanplan fehlten mir bislang aber noch. Eine Schande, denn der Auftritt war richtig groß und vor der Bühne war ordentlich Alarm. Hier offenbarte sich aber erstmals ein großes Manko des diesjährigen Festivals. Wie in den Vorjahren gab es einen an sich schon völlig unnötigen Graben vor der Bühne. Diesmal fehlte dort aber bis in den Abend hinein die Security, weshalb die Crowdsurfer vor der Bühne jäh zum Absturz gebracht wurden. Hier sollte man in den nächsten Jahren auf jeden Fall nachbessern und auch die Boxen vor der Bühne besser befestigen, damit nicht wieder Musiker samt Box in eben jenem Graben landen. Zum Glück ist Gero von Rantanplan aufgrund außergewöhnlicher Körperbeherrschung nix passiert (und es gibt sogar bewegte Bilder!). Aber trotzdem, das Konzert war top, Rantanplan muss ich mir irgendwann unbedingt noch einmal in einem Club angucken.

Radio Havanna @ Volcano Festival 2017
Einen anstrengenden Tag hatten Radio Havanna, die vor dem Volcano noch einen Festivalgig in Bonn spielten. Auf der Bühne merkte man davon aber nichts, das Konzert war mitreißend wie immer, incl. Bengalo, Schnipselkanone und Jungpunks auf der Bühne. Nach dem Auftritt tranken wir noch einen Mexikaner mit Sänger Fichte und frischten seine Erinnerung an das erschütternd schlecht besuchte Konzert in Lucky’s Luke auf, das er wahrscheinlich erfolgreich aus dem Kopf verbannt hatte (zum Bericht). Geil war es trotzdem! Einfach eine super Band und richtig nette Leute.

Terrorgruppe @ Volcano Festival 2017
Die Terrorgruppe spielte ein klassisches Festivalset mit einem bunten Strauß an Klassikern aus der langen Bandgeschichte. Vor der Bühne gab es einige Proteste aufgrund der jüngst aufgeflammten Sexismusdebatte, in deren Rahmen MC Motherfucker mit Torsun von Egotronic aneinandergeraten war. Auslöser waren Diskussionen rund um einen verbalen Ausfall vom Sänger der US-Punkband Dickies, der eine Besucherin extrem asozial beleidigt hatte. Die sich daran anschließende Diskussion drehte sich um Sexismus auf der einen und die grundlegende Frage, wie politisch korrekt Punkrock sein muss auf der anderen Seite. Eine Debatte, die man durchaus mal führen kann und die für die Szene vielleicht auch fruchtbar sein könnte. Die Rufe und Plakate ließ die Band zunächst unkommentiert an sich abprallen, bevor Archie dann doch noch betonte, dass er den Slogan „Sexism Sucks! Love Punk“ genau so jederzeit unterschreiben würde. Was aber schon sehr auffällig war: Trotz der vielen durchaus meinungsstarken Bands spielte Politik in den Ansagen und Statements quasi keine Rolle, und das an einem Wochenende, das die deutsche Linke voraussichtlich in die größte substantielle Krise der letzten Jahrzehnte stürzen wird. Dafür gab es aber viele Gelegenheiten an den Ständen das Gespräch zu suchen, so waren Viva con Agua, Amnesty International, die Antifa und Kein Bock auf Nazis vertreten (ich hoffe, ich habe niemanden vergessen).

Sondaschule @ Volcano Festival 2017
Mit diesem Line-Up war ich ursprünglich schon voll und ganz zufrieden, aber als dann recht spät noch die Sondaschule bekanntgegeben wurde, hab ich mich dann doch richtig gefreut. Das Konzert im kleinen Mergener Hof war der Hammer (zum Bericht), und mir war klar, dass hier ein würdiger Headliner gebucht worden war. Und tatsächlich war es ein Konzert ohne Fehl und Tadel. Einen Tag nach dem Release von Schere, Stein, Papier stand naturgemäß das neue Album im Zentrum des Auftritts, aber man hat genug Erfahrung und Hits, um keinerlei Langeweile aufkommen zu lassen. Und erstaunlich viele Besucher waren auch bei den neuen Stücken schon ziemlich textsicher. Das war ein richtig stimmungsvoller Abschluss eines wie immer tollen Festivals. Vielen Dank an alle, die das mit Leidenschaft und viel ehrenamtlicher Arbeit ermöglichen! Jetzt geht es morgen erst einmal zu den Dropkick Murphys, bevor in zwei Wochen dann das ebenso fantastische Riez Open Air in Bausendorf auf dem Programm steht (zur Vorschau).