Es war nur ein Kurzbesuch, daher kann ich meinen Bericht über Antwerpen wahrhaft nicht als ernsthaften Reisebericht durchgehen lassen. Vor allem weil ich sehr viele Stunden in einer Kneipe gesessen und Bier getrunken habe. Es war allerdings besonderes Bier in einer besonderen Kneipe, denn zum 5-jährigen Jubiläum von Gollem’s Beers & Burgers hatte man sage und schreibe 20 Biere der schwedischen Kreativbrauer von Omnipollo am Hahn und die zehn anderen Taps mit außergewöhnlichen und wechselnden internationalen Bieren bestückt.
Etwas mehr als fünf Stunden sind es mit dem Zug von Wasserbillig in Luxemburg bis nach Antwerpen, der ein oder andere hat mich schon für etwas bekloppt erklärt, dass ich mir „nur für ein paar Biere“ diesen Trip mit einer Übernachtung antun würde. Aber es hat sich absolut gelohnt.
Der erste Eindruck von Antwerpen ist atemberaubend. Der Bahnhof (Antwerpen Centraal) ist ein absolutes Kleinod und einer der schönsten, den ich bislang gesehen habe. 1905 eröffnet beeindruckt vor allem die kunstvolle Haupthalle, die mit ihrer Kuppel an eine Kathedrale erinnert. Direkt neben dem Bahnhof befindet sich übrigens der Zoo, hier würde ich mit etwas mehr Zeit auf jeden Fall auch einmal hereinschauen.
Antwerpen selbst hat sich die Atmosphäre der bedeutenden Hafenstadt bewahrt und ist irgendwie eine angenehme Mischung aus Brügge und Brüssel. Die Altstadt mit dem schönen Markt, dem Rathaus und der Kathedrale flankiert von vielen Bürgerhäusern erinnert ans fast schon museale Brügge, die Stadt hat sich aber eine quirlige, multikulturelle Atmosphäre bewahrt, die man auch in der Hauptstadt findet. Der erste Eindruck war auf jeden Fall sehr positiv, auch wenn ich mich angesichts der sich laut Facebook rasch leerenden Fässer schnellen Schrittes in Richtung Gollem bewegte.
Gollem’s Beers & Burgers ist ein beeindruckender Ort für Biertrinker. In rustikalem, gemütlichen Ambiente gibt es sage und schreibe 30 Biere vom Fass, zum gemeinsam mit dem Bierversand Beergium gefeierten Jubiläum gab es wie erwähnt eine besonders exquisite Auswahl. Ich begann eher untypisch mit den Bieren, die auf meiner Liste ganz oben standen, daher gab es gleich zu Beginn und um die Mittagsstunde erst einmal eine ganze Reihe hochprozentiger Imperial Stouts, mit denen Omnipollo sich einen Ruf wie Donnerhall erwarb. Highlights waren der zusammen mit Evil Twin gebraute Jesus Mud und vor allem der krass leckere fassgereifte Yellow Belly Sundae. Nach den schweren Imperial Stouts war der megafruchtige Lemon Meringue Pie die perfekte Ergänzung, um die Synapsen wieder freizuschmecken, bevor es mit dem Original Rocky Road Ice Cream eine geniale dunkle Variante mit Slush-Eisschaum gab. Für Abwechslung war also gesorgt und endlich konnte ich auch einmal ein paar Beispiele des aktuellen New England IPA Hypes verkosten.
Aber es heißt ja Beers & Burgers, und so konnte ich mir natürlich den exzellenten Angus Bacon Burger nicht entgehen lassen. Neben dem leckeren Fleisch fand ich auch den Bun sehr gelungen. Die Bar hat wirklich alles, was ich mir unter einer Wohlfühlkneipe vorstelle, verdammt, ich will so etwas in Trier! Staff und Gäste waren supernett, man kam schnell ins Gespräch und ich verbrachte dort viele schöne Stunden. So hatte ich auch Zeit genug, die detaillierten und sehr coolen Kreidezeichnungen zu bewundern, und konnte sogar noch kurz mit dem Künstler sprechen.
Nach dem in Sachen Bier sehr anstrengenden Samstag stand am Sonntag erst einmal etwas frische Luft und Sightseeing auf dem Programm. Die Stadt schlummerte ein wenig vor sich hin und ich machte mich erst einmal auf den Weg zum MAS, dem „Museum aan de Stroom“. In dem architektonisch hochinteressanten Gebäude befinden sich zahlreiche Ausstellungen, von denen ich mir aber nur einen kostenfrei zu besuchenden Teil durch das Schaudepot angesehen habe. Das Gebäude selbst ist ebenfalls kostenlos zu besuchen und über den sogenannten Boulevard kommt man bis in den zehnten Stock, wo man von einem Panoramadach einen herrlichen Blick auf die Stadt und den Hafen hat. Leider war es diesmal etwas diesig.
Vom MAS aus schlenderte ich schließlich zurück in Richtung Altstadt. Der Weg führt hierbei durch das Schipperskwartier, wo sich das auf drei Straßen beschränkte Rotlichtviertel befindet, das im Miniformat an Amsterdam erinnert. Auch hier präsentieren sich die Damen in den Schaufenstern und schon um die Mittagsstunde war ein durchaus reger Publikumsverkehr zu beobachten.
Den Tag beschloss ich wieder im Gollem, bevor ich am späteren Nachmittag den Heimweg antrat. Antwerpen ist auf jeden Fall für einen ausführlicheren Besuch vorgemerkt, schließlich hatte ich keine Gelegenheit, den unter Bierfreunden geradezu legendären Kulminator zu besuchen, in dem man gereifte Gueuze- und Lambic-Kostbarkeiten probieren kann.