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Zu Beginn meines Blogs im Jahr 2010 nahm die TuS aus Koblenz noch großen Raum ein. Ich begleitete die Mannschaft durch die Zweite und Dritte Liga und nahm teil am Geschehen rund ums Oberwerth. Dann wurde es zunehmend ruhig, ab und an schrieb ich noch etwas für den mittlerweile leider auch in den Internet-Jagdgründen verschwundenen Schängelland-Blog. Meinem Heimatverein bin ich durch alle Höhen und Tiefen der vergangenen Jahre allerdings treu geblieben, auch ohne mich hier aus der Distanz des Trierer Exils zu Wort zu melden. Kurz vor Saisonende möchte ich aber dennoch ein paar Dinge loswerden, denn die kommenden Wochen werden für die Zukunft des Vereins entscheidende Bedeutung haben.

Tus Koblenz - Stadion Oberwerth

Mit dem 2:1-Sieg in Kassel am Ostermontag 2017 schaffte die TuS bereits fünf Spieltage vor Saisonende den Klassenerhalt in der Regionalliga Südwest und belegt einen gerade für einen Aufsteiger fantastischen sechsten Tabellenplatz. Petrik Sander hat auf den Fundamenten der Oberliga-Aufstiegsmannschaft ein funktionierendes, kompaktes Kollektiv geschmiedet, das zwar nicht immer Feuerwerksfußball spielte, aber jeden Gegner mit brachialer Abwehrstärke und enormer Effektivität das Fürchten lehren konnte.

Man könnte nun einfach einmal glücklich sein und sich über den durchaus unerwarteten Erfolg freuen, doch was ist in Koblenz schon normal? Dunkle Wolken umwehen wie immer das altehrwürdige Stadion Oberwerth, wie so oft geht es ums Geld und eine tragfähige Zukunft für den Verein. Dabei sah man sich nach der bewusst gewählten Insolvenz und Trennung von der GmbH mit ihren immensen Altlasten auf einem guten Weg. Fakt ist allerdings auch, dass ohne den Einsatz einiger weniger Großgönner der TuS, zu nennen ist hier vor allem der über alle Maßen geleistete finanzielle Aufwand von Frank Linnig, die Flutlichter wohl schon lange aus wären.

Hoffentlich gibt es kein Déjà-vu: Das verlorene Pokalfinale in Trier 2011

Mit dem gesundheitsbedingten Rücktritt von Präsident Werner Hecker steht die TuS zudem gerade in dieser Situation ohne echten Kopf da, auch wenn das Präsidium nach außen hin glaubwürdig den Eindruck zu erwecken vermag, dass alles andere als Stillstand und Führungslosigkeit herrscht. Doch wohin der Weg geht, ist derzeit weitgehend unklar. Wenn Präsidiumsmitglied Dirk Feldhausen feststellt, dass der Etat in der kommenden Saison im Vorfeld gedeckt zu sein hat, und man nicht wieder vergeblich auf Sponsorengelder spekulieren werde, so klingt das vernünftig, zeigt aber auch, dass die vergangenen Jahre auf extrem brüchigem Fundament bestritten wurden.

Nur das Geld ausgeben, was man hat; aus kaufmännischer Sicht, durchaus ein nachvollziehbares Vorgehen. Ob die TuS damit aber eine schlagkräftige Regionalligamannschaft zusammenbekommt, dürfte mehr als fraglich sein. Als mahnendes Beispiel muss man nur etwas mehr als einhundert Kilometer moselaufwärts blicken. In Trier wurde die erfolgreiche und intakte Mannschaft des Vorjahres scheinbar ohne Not, allerdings unter ähnlich strengen finanziellen Vorgaben, auseinandergerissen, und steht nun auf einem Abstiegsplatz, den man selbst nach Finanzspritzen und Verstärkungen im Winter nicht entscheidend verlassen konnte. Ein selbst verordnetes Sparsamkeitsdiktat könnte einem also am Ende wesentlich teurer zu stehen kommen, als gedacht. Eine schwierige Situation, eine Lösung habe ich leider auch nicht in petto.

Eintracht Trier - TuS Koblenz, Saison 2016/17

Ein Highlight der Saison 2016/17 war sicherlich der klare Auswärtssieg im Trierer Moselstadion

Fakt ist allerdings auch, dass eine wieder einmal neu zusammengewürfelte Mannschaft mit Trainer Petrik Sander sicherlich nicht zu machen wäre, seine Botschaft am Rande des Spiels in Kassel war eindeutig. Sander würde gerne bleiben, allerdings nur, wenn es eine sportliche Perspektive im Koblenz gibt. Eine Perspektive, für die derzeit offenkundig das Geld fehlt. Helfen könnte der Gewinn des Rheinlandpokals mit den garantierten Einnahmen aus DFB-Pokal plus einer dadurch gesteigerten Attraktivität für potenzielle Sponsoren. Die halten sich bislang enttäuschend zurück, die zweifellos geleisteten Bemühungen der TuS-Verantwortlichen in dieser Hinsicht scheinen trotz der Erfolge der Mannschaft bislang auf wenig fruchtbaren Boden gefallen zu sein.

Ich bin gespannt, ob es die Mannschaft schafft, nach dem Klassenerhalt die Spannung voll auf die noch ausstehenden Pokalbegegnungen gegen Karbach und ein mögliches Finale ausrichten zu können. Charakterlich macht das Team einen guten Eindruck, und ich hoffe sehr, dass sich auch diejenigen im Dienste des Vereins reinhauen, die auf dem Absprung sind, oder vielleicht sogar schon einen neuen Verein haben. Petrik Sander vertraue ich voll und ganz die richtigen Akzente zu setzen. Aber in allen Spielen dürfte die TuS Favorit sein, eine Rolle, mit der sie erfahrungsgemäß nicht so gut umzugehen vermag.

Man hört immer wieder die Frage, wie sehr Stadt und Region erfolgreichen Fußball überhaupt wollen. Die offenkundige Zurückhaltung der Sponsoren ist das eine, aber auch die Zuschauerzahlen stagnieren, was angesichts der Leistungen kaum nachvollziehbar scheint. Derzeit rangiert die TuS mit einem Schnitt von 1.712 Zuschauern nach 16 von 18 Heimspielen (Quelle FuPa.net)  auf einem absolut unbefriedigenden Platz neun der Regionalliga Südwest, weit entfernt von alter Größe und den eigenen Ansprüchen. Über die Gründe lässt sich trefflich spekulieren. Ist es der auf Effektivität und taktische Disziplin ausgerichtete Sanderfußball, oder gar das marode, aber durchaus charmante Stadion Oberwerth? An den Gegnern kann es nicht liegen, bietet die Regionalliga mit Mannheim, Offenbach, Saarbrücken oder natürlich Trier doch durchaus attraktive Begegnungen. Es muss das Ziel aller sein, die TuS wieder im Bewusstsein der Stadt und ihrer Bewohner zu verankern, die Marke TuS Koblenz positiv zu besetzen. Denn eins muss allen klar sein: Die TuS ist mehr als die erste Mannschaft und leistet wertvolle Jugend- und Integrationsarbeit, man denke hier auch an unsere dritte Mannschaft „Tus International“.

Das letzte Zweitligaspiel der TuS beim FSV Frankfurt am 9. Mai 2010

Das letzte Zweitligaspiel der TuS beim FSV Frankfurt am 9. Mai 2010

Eine Antwort auf diese Fragen fällt mir nicht leicht, bemerke ich doch auch bei mir und meinem Umfeld eine gewisse Müdigkeit und Verlust der Begeisterungsfähigkeit. Die Reihen lichten sich selbst im harten Kern, ohne dass es dafür irgendwie echte Anlässe zu geben scheint. Ich habe in dieser Saison bislang genau ein Auswärtsspiel der TuS gesehen, und das war in Trier… Die vom Dachverband hin und wieder und längst nicht mehr immer angebotenen Busse zu den Auswärtsspielen fallen in trauriger Regelmäßigkeit dem mangelnden Zuspruch zum Opfer, dass man da auch auf Seiten des Fan-Dachverbandes nicht unbedingt höchste Motivation zeigt, die Busse irgendwie zu ermöglichen, ist verständlich, aber dennoch schade. Hier sollte man für die kommende Saison irgendwie Lösungen erarbeiten, denn gerade die Auswärtsfahrten waren integraler Bestandteil der Fanidentität und Wegbereiter vieler Freundschaften, auch über die Grenzen des Stadions hinaus.

Die Stagnation lässt sich an vielen Baustellen ablesen. So etwas wie ein Vereinsleben gibt es seit langem nicht, selbst im Internet ist längst nicht mehr so viel los wie früher. Das Schängelland ist leider nicht mehr verfügbar, wie und in welcher Form es mit dem digitalen TuS Archiv weitergeht, vermag ich selbst als Beteiligter nicht verlässlich zu sagen. Auch im TuS-Koblenz-Forum ist die Beteiligung meiner Beobachtung nach deutlich zurückgegangen.

Es bleibt zu hoffen, dass es eine Initialzündung gibt, die kommende Präsidentenwahl kann und muss ein Zeichen sein, dass es eine echte Perspektive für einen der ganz großen Traditionsvereine der Region gibt. Wir brauchen keinen Messias, sondern einen ehrlichen Arbeiter, Vermittler und Türenöffner, ob unter den herbeispekulierten möglichen Kandidaten einer all diese Qualitäten in sich vereint, wird sich zeigen. Dem Verein ist es auf jeden Fall zu wünschen.

Forza TuS.

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2 Comments

  1. Benni / April 18, 2017 at 13:34 /Antworten

    Die TuS leistet zwar eine gute Jugendarbeit, leider hat der Verein ja genau nichts davon. Denn unter keinem Trainer, auch und aktuell gerade unter Sander nicht, werden die Jugendlichen aus der A-Jugend gefördert.
    Die U23 ist aktuell ein Schatten ihrer selbst und dümpelt im Mittelfeld der Liga herum.

    Warum werden denn keine Nachwuchsspieler in der Regionalliga eingesetzt? Es geht nicht um die Startelf, aber man kann doch auch mal das Vertrauen in junge Leute setzen und eine Einwechslung in Minute 60 vollziehen.
    So sehen die Jungs doch keinerlei Perspektive in Koblenz, wenn zur in Sommer-/Winterpause lieber Alternativen aus anderen Ecken Deutschlands eingekauft werden.

    Das ist mir in alle den Jahren bei der TuS noch nie klar geworden. Wozu leisten wir uns überhaupt die Jugendarbeit? Um Karbach, Wirges, Emmelshausen und Co. überhaupt erst zu ermöglichen gut zu spielen?
    Die Ausbildung erlangen die Spieler in Koblenz und wechseln dann zumeist aus Perspektivlosigkeit bei der TuS völlig verständlich zu anderen Vereinen.
    Das ist in meinen Augen das größte Manko. 🙁

  2. Benni / April 27, 2017 at 8:33 /Antworten

    „Es kann nicht sein, dass wir Millionen in ein neues Jugendausbildungszentrum stecken und dann am Ende doch wieder die großen Stars kaufen für viel Geld“ …
    Ab 12:15min in diesem Video http://www.sportschau.de/fussball/dfbpokal/video-muenchen-gegen-dortmund—die-analyse-mit-lahm-und-tuchel-100.html

    Da geht es zwar um die Bayern, aber egal. Das Prinzip ist ja gleich.

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