East Cameron Folkcore sind eine der Bands, die ich vollumfänglich in mein Herz geschlossen habe. Tolle Texte, musikalisch zwischen Wüstenrock und Folkpunk kaum einzuordnen und politisch aufrecht und vernünftig; was war ich enttäuscht, als das Konzert im Exhaus letzten Sommer ausgefallen ist. Doch schlechte Dinge haben manchmal auch etwas Positives und so konnte ich die Texaner diesmal in kleinem Rahmen in der Luke sehen. Unterstützt wurden sie von Citizen Tim, der aus dem vor allem am Anfang sehr spärlichen Besuch das Beste machte.
East Cameron Folkcore, live @ Lucky’s Luke Trier. November 2016
Das mit der Umstellung auf Winterzeit ist ja immer so eine Sache, in der Luke gerät das Raum-Zeit-Kontinuum aber immer wieder total aus den Fugen. Diesmal hieß es Einlass 19 Uhr, Beginn 20 Uhr, und als ich anmerkte, dass man diesmal vielleicht doch pünktlich sein sollte, wurde ich mit großen Augen angeguckt. Letztendlich habe ich mich mit dem altbekannten und bewährten Argument „Bier“ durchgesetzt und kurz vor acht saßen wir an der Theke direkt vor der Bühne.
Citizen Tim, live @ Lucky’s Luke Trier. November 2016
Überraschenderweise betrat nur kurze Zeit später ein Mann mit Gitarre die Bühne und begann tatsächlich zu spielen, außer uns hatte das aber leider kaum einer mitbekommen. So begann Citizen Tim seinen Auftritt in dann doch sehr intimer Atmosphäre, was sich allerdings nicht auf die Qualität seines Auftritts auswirken sollte. „So lange mache ich die Singer-Songwriter-Scheiße noch gar nicht“, da hat der ehemalige Sänger der Screamo-Band Road to Kansas ja mal ordentlich tiefgestapelt.
Die muckelige Atmosphäre begünstigte sogar noch den Auftritt, man konnte sich voll auf die Songs einlassen und so entwickelte sich eine sehr stimmungsvolle halbe Stunde. Fast entschuldigend wies der eigentlich Marco heißende Tim auf seine Saarbrücker Herkunft hin, der Stadt mit dem eher spröden Charme hat er sogar eine kleine Hymne gewidmet. Ein wirklich schöner Auftritt, und auch wenn ich nicht der größte Fan der Singer-Songwriter Mucke bin, würde ich mir Citizen Tim jederzeit wieder ansehen!
East Cameron Folkcore, live @ Lucky’s Luke Trier, November 2016
Ich hatte mich ja durchaus gefragt, wie man das durchaus üppig bemessene Personal von East Cameron Folkcore auf die winzige Bühne der Luke bekommen sollte. Aber zum einen ist das Oktett mittlerweile zum Sextett geschrumpft, zum anderen ist man so gut eingespielt, dass man auch auf kleinen Bühnen bestens zurechtkommt.
Musikalisch was das, was sich in den nun folgenden 90 Minuten abspielte, wohl mit das Beste, das die Luke in den vergangenen Jahren gesehen hat. Tolle Musiker, abwechslungsreiche Songs, hervorragender Sound, ich war wirklich sehr begeistert. Zum Glück hatte mittlerweile doch noch der ein oder andere Besucher den Weg über die Römerbrücke gefunden, wer nicht da war, hat definitiv etwas verpasst.
East Cameron Folkcore, live @ Lucky’s Luke Trier. November 2016
Auch wenn die Band in ihren Texten durchaus direkt politisch Position bezieht, ließ man zum Tourauftakt diesmal die Musik sprechen. Ansagen oder Kommunikation mit dem Publikum gab es kaum, und nach dem regulären Set schien man sich ein wenig unsicher zu sein, ob eine Zugabe tatsächlich noch gewünscht sei. War es aber definitiv, und gerade dieser Teil hat wirklich den letzten aus der Reserve gelockt. East Cameron Folkcore können aus einem reichen Fundus an tollen Songs schöpfen, die letzten beiden Alben Kingdom of Fear und Better Off überbieten sich förmlich an intelligenten Schöpfungen. Aber gerade am Ende ließen es die Texaner noch einmal richtig krachen, nahezu ohne Pause wurde ein entfesselter, aber immer ordentlich ausdifferenzierter Soundteppich geknüpft. Große Kunst, der man sich kaum entziehen konnte. Dank auch an noisiv.de, die uns mit Plätzen auf der Gästeliste versorgt haben. So blieb dann doch noch etwas Geld für Vinyl übrig!
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