Brügge gehört zu meinen absoluten Lieblingsstädten. Fast wie durch ein Freilichtmuseum kann man durch die pittoreske Altstadt flanieren oder sich von einer Pferdekutsche durch die Gassen oder einem der Boote durch die Grachten fahren lassen. Gerade die Bootstouren bieten einen besonderen Blick auf die Stadt, und wenn man an der Altstadtbrauerei ‚De Halve Maan‘ vorbeituckert, kann man den einzigartigen Duft der Bierproduktion in sich aufsaugen. Eine Brauereibesichtigung sei hier jedem Bierfreund wärmstens ans Herz gelegt, allein der Ausblick über den Dächern der Stadt ist fantastisch. Diesmal begnügte ich mich aber mit einem kurzen Besuch im Shop, um eine Flasche der Straffe Hendrik Heritage-Sonderedition zu erstehen.
Die Geschichte von De Halve Maan beginnt im Jahr 1856, als Henri Maes die Altstadtbrauerei übernimmt, die sich nun seit bereits sechs Generationen ununterbrochen in Familienbesitz befindet.
Die letzte verbliebene Brauerei im Herzen von Brügge hat es zuletzt mit einem Coup in die internationalen Schlagzeilen geschafft. Mittels einer Crowdfunding-Kampagne will man eine Bierpipeline unter der Altstadt verlegen, um das Bier aus der Brauerei in die Abfüllanlage außerhalb der Stadt zu transportieren, und die Altstadt so von den Lieferwagen zu verschonen. Wer die engen Gassen rund um die Brauerei kennt, weiß, warum man hier nach Alternativen suchen muss.
Für das besondere Bier der Heritage Edition wird ein solcher Aufwand eher unnötig sein, denn hier handelt es sich um eine erlesene Bierspezialität, die über ein Jahr in den historischen Kellern der Brauerei in Eichenfässern reift. Das starke Straffe Hendrik Oak Aged Quadrupel Ale bekommt so eine ganz besondere Note, die mich sehr begeisterte.
Grundlage für diese fassgereifte Variante ist das ’normale‘ Quadrupel, das ich allerdings noch nicht probieren konnte. Vor Ort probiert habe ich allerdings das ebenfalls sehr gute Tripel, das auch schon satte 9 Prozent Alkohol ins Glas bringt. Nicht nur in der Brauerei, sondern nahezu an jeder Ecke bekommt man in Brügge außerdem den Brugse Zot, den es in zwei Varianten gibt. Ich bevorzuge das Helle, das dunkle Dubbel ist aber ebenfalls sehr empfehlenswert.
Die Straffe Hendrik Heritage Edition kann man in einer edlen, nummerierten Holzbox erwerben, ich hatte dabei die Nummer 27752 aus dem 2014er-Jahrgang. Der Verkäufer vor Ort empfahl mir, die Flasche noch einige Jahre einzulagern, das werde ich bei meinem nächsten Besuch und einer neuen Flasche definitiv einmal ausprobieren. Diesmal war ich einfach zu ungeduldig und gespannt.
Die 0,75-Liter-Flasche ist verkorkt und man sollte vor der Verkostung auf die richtige Temperatur achten. Ideal scheint mir Kellertemperatur zu sein, mein Bier war zu Beginn einen Tick zu kalt. Dann ist ein irritierend saurer Ton zu schmecken, der mit der Erwärmung aber vollständig verschwindet und einer sanften Süße Platz macht. Mit 11 Prozent Alkohol ein Schwergewicht, ist der Alkohol zwar spürbar, wirkt sich aber keineswegs negativ auf den Geschmack aus. Die Tannine der Holzfässer ergeben eine prägnante Fülle und fantastische Textur, leichte Portweinnoten, Trockenfrüchte und dezente Röstaromen umschmeicheln den Gaumen. Das Bier ist perfekt karbonisiert, bis zum Ende hat man eine cremige Schaumnote im Glas. Ein großes, komplexes Bier, das mich richtig begeistert hat. Man sollte es unbedingt in der Gesellschaft von echten Bierliebhabern trinken, andächtiges Schweigen ist garantiert!