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Im angelsächsischen Raum gibt es Cider vom Fass in jedem Pub nahezu gleichberechtigt neben dem Bier und auch Untappd hat neben Bieren eine eigene Rubrik für Cider. Es liegt also nahe, an dieser Stelle neben Bier auch lokale Spezialitäten zu beleuchten, und was passt da für den Trierer Raum besser als der Viez, eine saure Apfelweinvariante, die Kultstatus genießt. Weitab vom Mainstream produzieren Familienbetriebe ihren ganz eigenen Viez, gespeist von den eigenen Streuobstwiesen. So auch im beschaulichen Hochwald, wo Horst und Sebastian Heib den Beurener Viez herstellen.

Beurener Viez

Der Premierenschluck Viez lässt bei Zugezogenen oftmals die Gesichtszüge entgleisen, so sauer und prickelnd entfaltet sich der Geschmack des Apfels im Mund. Oft dauert es die ein oder andere Porz, bis man sich an den sehr eigenen Geschmack gewöhnt hat. Manch einer verdünnt den Viez auch gerne mit Limo, Cola oder Sprudel, was selbst unter eingefleischten Anhängern absolut in Ordnung ist.

Beurener Viez 01Gerade die kleinen, verschrumpelten und oftmals sehr sauren Äpfel der regionalen Streuobstwiesen bilden die Grundlage für ein absolutes Kulturgetränk, das es in dieser Form in keiner anderen Region gibt. Denn Viez hat mit schnödem Apfelwein höchstens die Grundzutat gemein.

Selbst als erfahrener Vieztrinker hat man doch etwas Angst, wenn man den Beurener Viez das erste Mal in die Hand bekommt. Saurer Berserker prangt es auf dem Kanister, aber was man dann im Glas wiederfindet, überrascht! Im Vergleich zum durchaus sauren 2014er ist der aktuelle Jahrgang ein fruchtiger Gaumenschmeichler. Sanft und süffig und mit vollem Apfelaroma vergisst man die über sieben Prozent Alkohol viel zu leicht, was durchschlagende Wirkung haben könnte.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Ein kritischer Blick des Großvaters für seinen Enkel.

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Der Beurener Viez ist dabei ein reines Familienprodukt. „Mein Großvater hat nach Beginn seines Ruhestands Mitte der 2000er Jahre mit der Viezproduktion begonnen“, erklärt Sebi Heib die Entstehungsgeschichte, an der mittlerweile verschiedenste Generationen beteiligt sind. „Die Viezherstellung ist durchaus körperlich anstrengend und mit fortschreitendem Alter hat mich mein Opa gefragt, ob ich ihm nicht zur Hand gehen und gewissermaßen in seine Fußstapfen treten wolle. In diesem Jahr war ich dann voll und ganz an der Produktion beteiligt, wobei mich mein jüngster Bruder unterstützt hat und fast die ganze Familie zuvor beim ‚Äpfel reffen‘ beteiligt war. Insgesamt haben wir etwa eine halbe Tonne Äpfel verarbeitet.“

Warum Opa Heib überhaupt mit dem Viez angefangen hat, ist einigermaßen mysteriös, denn das Beurener Urgestein trinkt selbst keinen Viez. „Er schmeckt ihm einfach nicht“, lacht Sebi, „das hat schon für viel Erheiterung gesorgt!“

Nach dem mühsamen Einsammeln der Äpfel werden diese zunächst gewaschen, bevor sie im „Muser“ gewissermaßen gehäckselt und der Proto-Viez im selben Arbeitsschritt gekeltert wird. Danach gärt das flüssige Gold aus dem Hochwald sechs Monate vor sich hin, wobei mehrfach Sediment und Schwebstoffe entfernt werden.

Beurener Viez 3„Wir verzichten dabei vollständig auf Zusatzstoffe, zum Beispiel auf Schwefel zur Haltbarmachung“, betont Sebi. „Dennoch kann man ihn bei sorgfältiger Lagerung, also möglichst dunkel und kühl, locker ein Jahr aufbewahren. Er gärt dabei vielleicht noch etwas nach und verändert sein Wesen, wird evtl. etwas saurer.“ Ich fürchte diesen Punkt werden meine Bestände nicht erreichen, wie gesagt, ein süffiger Stoff, oder wie man in Beuren sagt: „Von der Brühe kriegste Schweinelähmung!“

Den Weg in den Supermarkt kann man sich getrost sparen, der Beurener Viez ist ein Produkt für Familie und Freunde, ohne jeden kommerziellen Hintergrund. „Es ist in den vergangenen Jahren immer sehr viel alter Viez im Gulli gelandet“, ärgert sich Sebi, „doch jetzt erfreut sich ‚mein‘ Viez im Freundeskreis großer Beliebtheit!“ Zurecht, denn der saure Berserker ist richtig lecker. Zum Glück habe ich noch ein paar Literchen!

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