Das Antattack Festival im saarländischen Neunkirchen fand in diesem Jahr schon zum 7. Mal statt und versammelte u.a. mit den Kassierern, der Terrorgruppe, Jaya the Cat und Venerea einige Hochkaräter des Punkrocks in einer sehr schönen Location!
Neunkirchen kannte ich bis dahin nur vom Fußball und da sind mir vor allem einige Nazis in der Anhängerschaft der einheimischen Borussia sehr negativ in Erinnerung geblieben. Für einen kurzen Abstecher begaben wir uns noch zum legendären Ellenfeldstadion, eine wunderbar altmodische und wunderschöne Arena, die den Geist des Fußballs in jedem wackeligen Stein spürbar macht.
Die Stadt selbst zeichnet sich durch den sehr hügeligen Charakter und die allgegenwärtigen Relikte der Stahlindustrie aus, wozu auch die Gebläsehalle gehört. Die Halle selbst ist durchaus üppig bemessen, wodurch man ordentlich Platz zum Feiern hatte.
Der Organisation merkte man die langjährige Erfahrung an. Alles lief absolut reibungslos ab, zwischen den Konzerten konnte man draußen frische Luft schnappen und sich mit Essen versorgen und auch an den Getränkeständen kam es kaum zu Wartezeiten. Wenn da nur nicht dieses Karlsberg wäre… Pluspunkte sammelte dagegen das Essensangebot. An einem Foodtruck gab es Pulled Pork, daneben hatte Saarbucks mit einigen veganen Gerichten seinen Stand, den ich ja schon vom Feine Sahne Fischfilet Konzert in Dillingen kannte. So entschied ich mich auch diesmal für die vegane Variante und gönnte mir einen vorzüglichen Falafelburger und zum Nachtisch eine nicht minder leckere Snickerstorte. Das war richtig gut!

Feelgood McLouds
Den undankbaren Job des Openers hatten die Feelgood McLouds. Gespielt wurde irischer Partypunk aus dem Saarland mit wichtiger Botschaft: Bier ist wichtig! Das kann man mal so stehen lassen. Langsam füllte sich die große Halle und es gab die ersten vorsichtigen Tanzeinlagen, etwas später am Abend mit einem ordentlichen Pegel könnten mir die Jungs sehr gut gefallen. Als Opener war das aber auf jeden Fall schon einmal nicht schlecht!

NNP – New Noise Project
Kurzfristig ins Programm gerutscht waren NNP, die für GWLT einsprangen, die aus gesundheitlichen Gründen abgesagt hatten. NNP steht für New Noise Project, die Saarländer sind mittlerweile seit fast 25 Jahren aktiv und passten somit sehr gut auf das diesjährige Altpunk-Klassentreffen. So recht überzeugt haben mich die Herren trotz eines ausdrucksstarken Frontmannes allerdings nicht, irgendwie hat sich kein Song in meinem Gehirn festgesetzt.

Steakknife
Und weiter ging es mit Saarländern, in den 90ern scheint es dort eine recht lebendige Szene gegeben zu haben. Der entstammen auch Steakknife um den amerikanischen Frontmann Lee Hollis. So schüchtern dieser bei den Ansagen wirkt, so sehr lebt er sich in den Songs aus, unterstützt von einer grundsoliden und gut eingespielten Band. Oldschool, aber doch abwechslungsreich und frisch, mir hat es gefallen!

Venerea
Die Grenzen des Lyonerlandes wurden mit Venerea erstmals überschritten und die Schweden lieferten einen hervorragenden Gig ab. Wie konnte ich die bislang übersehen? Irgendwo zwischen Metal und treibendem Punkrock anzusiedeln wechselten sich die beiden Sänger immer wieder ab, was den Auftritt sehr abwechslungsreich gestaltete. Auch in Sachen Lautstärke wurde eine Schippe draufgepackt, wobei zu bemerken ist, dass der Sound am gesamten Abend hervorragend war!

Jaya the Cat
Von Jaya the Cat hatte ich zumindest schon einmal gehört, das Konzert hat aber definitiv Lust auf mehr gemacht. In Boston gegründet und mittlerweile in Amsterdam ansässig, lieferte die Band um Sänger Geoff Lagadec eine mitreißende Show ab. Reggae Punk vom Allerfeinsten, da machte sich gleich einmal Partystimmung breit!

Terrorgruppe
Es sind gute Zeiten für Punkrock, was vor allem daran liegt, dass in der Welt so einiges im Argen liegt, was nicht nur musikalischen Widerstand geradezu herausfordert. Das Comeback der legendären Terrorgruppe nach zehnjähriger Pause im Jahr 2014 und die gerade erschienene Platte Tiergarten sorgten für große Vorfreude und gerade das Album hat es mir wirklich angetan. In Neunkirchen merkte man den Berlinern um Archie und Johnny Bottrop den großen Spaß an und geboten wurde ein wirklich schönes Best-of Set. Keine Airbags für die CSU wurde angesichts der politischen Großwetterlage gleich einmal auf die AfD umgedichtet und spätestens mit Mein Skateboard ist wichtiger als Deutschland am Ende hatten sie mich dann voll und ganz auf ihrer Seite.

Die Kasierer
Unter den „alten“ deutschen Punkrockbands nehmen die Kassierer um ihren charismatischen Frontmann Wölfi Wendland eine Sonderstellung ein. Aufgrund der derben Texte und expliziten Bühnenshows oft als reine Funpunk Band unterschätzt, haben sie es mittlerweile sogar auf die Theaterbühnen geschafft. In der Gebläsehalle stand aber eindeutig der Spaß im Vordergrund und ich enterte gleich mal die Frontrow, das Spektakel musste ich mir aus der Nähe ansehen.
Und die Legenden aus Bochum-Wattenscheid bestätigten ihren Ruf von Beginn an. Wölfis T-Shirt flog gleich zu Beginn in die Ecke und es dauerte nicht lange, bis zumindest kurz komplett blankgezogen wurde. Später schloss sich dem auch Schlagzeuger Volker Kampfgarten an, Mitch Maestro und Gitarrist Nikolaj Sonnenscheiße behielten ihre Klamotten dann doch lieber an. Der Securitymann vor mir wagte einmal einen kleinen Blick nach hinten und schüttelte nur noch fassungslos den Kopf, so etwas sieht man wahrlich nicht alle Tage.
Die Stunde Stagetime verging wie im Flug und war gespickt mit Klassikern wie Blumenkohl am Pillemann, Stimmt ein, stimmt ein, Sexismus ist gemein, Besoffen sein oder Das Schlimmste ist, wenn das Bier alle ist. Letzteres wurde von den Anhängern schon im Vorfeld ausgiebig auf dem Klo und vor der Bühne geprobt, an Textsicherheit mangelte es also nicht.

Die Kassierer
Leider erlaubte der streng eingehaltene Zeitplan keinerlei Zugaben, was nicht nur bei den Kassierern für ein paar traurige Gesichter sorgte. Den Late-Night-Act Blackeyed Blonde aus dem Saarland schenkten wir uns, bei alten Haudegen wie uns machen sich zwei Konzertabende in Folge dann doch irgendwann bemerkbar.
Schnell wurde noch das Album der Terrorgruppe am gerade schließenden Merch-Stand erworben und dann mussten im nervigen saarländischen Regen wieder einige Hügel erklommen werden, bis wir zufrieden in unsere Betten fallen konnten. Das Antattack Festival hat uns wirklich begeistert. Viele sehr nette Leute, tolle Orga, gutes Essen, feiner Sound, da konnte man wirklich nicht Meckern. Den Termin sollte man sich für das nächste Jahr schon einmal freihalten!
Weitere Konzertreviews gibt es hier!

Die Kassierer