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Auch wenn heutzutage fast jeder noch so abgelegene Kick als Derby hochgejazzt wird, in Wien gibt es das Stadtduell noch in Reinkultur. Zum sage und schreibe 316. Mal standen sich mit der Austria und Rapid die zwei Platzhirsche der Donaumetropole gegenüber. Überraschenderweise wurde es eine deutliche Angelegenheit zugunsten der grün-weißen Rapidler, die mit 3:0 die Oberhand behielten.

Österreich war bislang ein weißer Fleck auf meiner Fußballlandkarte, doch ich erwartete mir ein ordentliches Spektakel. Austria spielt derzeit seine letzte Saison im altehrwürdigen Franz-Horr-Stadion, das heutzutage natürlich einen langweiligen Sponsorennamen trägt. In den kommenden beiden Jahren weicht man erst einmal auf das große Ernst-Happel Stadion aus, bevor man ein neues, modernes Domizil an alter Stätte beziehen kann. Dann soll auch die Verkehrsanbindung verbessert werden, derzeit gestaltet sich die Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas mühsam.

Die Arena war mit „nur“ 12.500 Zuschauern ausverkauft, allerdings waren noch bis zuletzt Karten erhältlich, eigentlich unfassbar für ein Spiel dieser Güte. Ich fühlte mich im kleinen aber feinen Stadion aber von Beginn an absolut wohl, moderate Verpflegungspreise, gute Sicht und ein trotz der Brisanz absolut unauffälliges Polizeiaufgebot machten den Spätnachmittag zu einem sehr entspannten Erlebnis.

horrstadion

Gleich zu Beginn zeigten die Austria-Fans eine sehenswerte Choreografie („Bärenstark für unsere Farben und den Verein sind 3 Punkte heute dein“), doch nach der Schweigeminute für den gestern verstorbenen Ex-Austria und Ex-Rapid Spieler Trifon Iwanow war die Stimmung im Heimblock dahin. Ganz anders dagegen die Gästefans, die 90 Minuten lang Vollgas gaben, untermalt von zahlreichen Pyroeinlagen, einem sehenswerten Schwenker mit violettem Schweinekopf im Fadenkreuz und ein paar unnötigen Böllern. Das war schon eine starke Vorstellung, wobei der Spielverlauf den Gästen in die Karten spielte.

rapid_pyroDas Spiel war nämlich nach einer Viertelstunde so gut wie gelaufen, was auch Austria-Trainer Thorsten Fink im Anschluss an die Partie zugeben musste. Da stand es nämlich nach einem Tor von Thomas Murg (9., aber aus knapper Abseitsposition) und einem Elfmeter von Kapitän Steffen Hofmann (14.) 2:0 für die Gäste. Die Austria präsentierte sich in der Folge hilflos und vor allem Stürmer Larry Kayode hatte einen ganz üblen Tag erwischt und lief lustlos über den Platz, wenn er nicht nach vermeintlichen Fouls mit den Unparteiischen motzte. Auch der Ex-Stuttgarter und Augsburger Raphael Holzhauser blieb im Mittelfeld blass. Rapid verwaltete clever das Spiel, stellte sich aber bei den eigenen Gegenstößen auch nicht sonderlich clever an, das Niveau passte sich vor allem in der zweiten Halbzeit dem miesen Wetter an.

Nach dem 3:0 durch Matej Jelic (72.) verpasste es Rapid, dem ungeliebten Rivalen eine denkwürdige Packung zu verpassen, die Genugtuung, in der Tabelle vorbeigezogen zu sein, schien genug zu sein. Rapid liegt nun punktgleich mit dem Brauseprodukt aus Salzburg auf Rang 2, die Austria hat jetzt zwei Punkte Rückstand. Angesichts der Brisanz des Spiels und der interessanten Tabellenkonstellation war die Leistung der Austria eine absolute Enttäuschung, da sollte Thorsten Fink doch mal an die Berufsauffassung seiner Mannschaft appellieren. Doch auch wenn die Spannung fehlte, hat sich der Besuch auf alle Fälle gelohnt, das war richtig schöne Old-School-Atmosphäre!

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