Westvleteren 12, ein Mythos, das angeblich beste Bier der Welt. Gebraut von Trappistenmönchen in einem kleinen Kloster in Westvleteren in Flandern. Der Hype um das Bier nahm Fahrt auf, als das Bier von der Ratebeer-Community 2005 zum besten Bier gekrönt wurde und dort auch heute noch unangefochten die Spitzenposition einnimmt. Der Rummel führte die an Ruhe und Abgeschiedenheit gewöhnten Mönche an ihre Grenzen und so widerstanden sie bis heute nahezu allen Versuchen, sie zu etwas gesteigerter Produktivität zu bewegen.
Ein solcher Hype etwas macht mich ja erst einmal misstrauisch, weckt aber meine Neugier. Das Marketing funktioniert also tadellos. Verknappung lässt die Erwartungshaltung ins Unermessliche steigen und kaum sehe ich das Bier auf der beeindruckenden Bierkarte des Grandcafé de Fiets in Zoutelande (Zeeland, Niederlande), ist die Agenda festgezurrt.
Und dann: Kneipe zu, Affe tot. Und das an Silvester. Aber da sind die Niederländer sowieso komisch und feiern meist unter sich in der trauten Familie. Also wurde an Neujahr gleich noch einmal hingewandert und die Bestellung aufgegeben. Die freundliche Bedienung zeigte besorgt auf den Preis, aber mein wissendes Nicken ließ keinen Zweifel zu, der Typ hat einen an der Klatsche. So kam es dann, das legendäre Westvleteren Twaalf für schlanke 15,50 €. Eine stilvolle Flasche ohne Etikett, aus dem der dunkle Edelsaft träge ins Glas perlte. Stabiler, cremiger Schaum auf tiefdunklem Bier, die Optik passt. Der Geschmack überrascht dann erst einmal, das Bier wirkt zurückhaltend und weich trotz soliden 10,2 % Alkohols. Ein durch und durch überzeugendes Bier mit sanften Karamellnoten und vielen dezenten Geschmacksnuancen. Nach Preis-Leistung darf hier einfach nicht bewertet werden.
Danach wagte ich noch einen gefährlichen Vergleich, nämlich mit dem von mir sehr geliebten Rochefort 8, ebenfalls ein belgisches Trappistenbier. Vom Stil her hätte zwar das Rochefort 10 besser zum Westvleteren 12 gepasst, aber ich schätze das Rochefort 8 einen Tick mehr. Der Unterschied war frappierend, damit hätte ich nicht gerechnet. Das Rochefort wirkte geradezu unausgewogen, es mangelte an Tiefe und Substanz. Auch wenn es ungerecht war, so bin ich froh, ein so gutes Bier wie das Rochefort zu vernünftigen Preisen und wann immer ich will im Supermarkt meines Vertrauens kaufen zu können, und nun werde ich jedes Mal an ein großartiges Geschmackserlebnis in einem Café in Zoutelande erinnert.