Lange Schlangen bildeten sich lange vor dem Einlass vor der schicken Rockhal in Esch/Alzette, es hieß pünktlich sein. Denn bei drei derartigen Hochkarätern, wollte niemand auch nur eine Sekunde verpassen und Amorphis, Arch Enemy und Nightwish erfüllten die Erwartungen voll und ganz.
Wenn nur der spätnachmittägliche Feierabendverkehr in Richtung Süden nicht wäre, könnte man in der Rockhal einen richtig entspannten Konzertabend verbringen. Hat man sich erst einmal durch Stau und Chaos gekämpft, erwartet einen eine schicke Halle mit perfekter Organisation und ein Konzerterlebnis völlig ohne Stress. Hier kann sich manch andere Halle durchaus einiges abschauen.

Amorphis
Direkt nach dem schnellen Einlass wurde rasch ein Getränk geschnappt und schnell vor die Bühne geflitzt, denn an Amorphis hatte ich gute Erinnerungen. Vor mehr als sechs Jahren (am 23. Oktober 2009) habe ich die Finnen im JUZ Andernach gesehen und einiges hat sich seitdem getan. Im Zentrum des acht Lieder umfassenden Sets standen Titel aus dem aktuellen Album Under The Red Cloud, das bei mir durchaus einen guten Eindruck hinterlassen hat. Gerade zu Beginn litten Amorphis diesmal aber unter einem reichlich unausgewogenen Sound. Tomi Joutsens Gesang und die filigrane Gitarrenarbeit von Esa Holopainen waren stark im Vordergrund, die sonst so prägnanten Keyboards waren aber nahezu nicht zu erkennen. Als zu House of Sleep Nightwish Bassist Marco Hietala auf die Bühne gebeten wurde, der durchaus über eine prägnante Stimme verfügt, verschwand auch diese nahezu völlig im Soundbrei. Schade, hier hätte man sich etwas mehr Mühe geben können.

Arch Enemy
Wie man es besser macht, stellten danach Arch Enemy unter Beweis, die einen nahezu perfekten Sound auf die Bühne zauberten. Mit den Schweden kann ich eigentlich nicht ganz so viel anfangen, live hinterließen sie aber einen ausgezeichneten Eindruck. Geboten wurde mit zehn Songs ein kleiner Querschnitt aus ihrem mittlerweile durchaus umfassenden Gesamtwerk und vor allem Sängerin Alissa White-Gluz ist ein echter Blickfang mit beeindruckender Stimmkraft. Wahnsinn, was eine so kleine und zierliche Person für einen Krach machen kann, während sie ohne Unterlass über die Bühne hüpft. No Gods, No Masters war für mich das Highlight, die würde ich mir gerne noch einmal mit einem vollen Set ansehen.

Nightwish
Nach Arch Enemy fiel erst einmal der Vorhang und hinter der Bühne schleppten emsige Helfer Baumscheite und sonstiges Equipment heran. Pünktlich um 22 Uhr ging es los mit Nightwish und die folgenden zwei Stunden boten beste Unterhaltung. Die Show wirkte hochprofessionell und die Band funktioniert präzise wie eine Maschine. Viel Raum für Improvisation bleibt auch nicht, denn eine üppige Pyroshow und individuell auf die Songs abgestimmte Videoprojektionen erfordern ein Höchstmaß an künstlerischer Disziplin. Mit Sängerin Floor Jansen hat man einen absoluten Glücksgriff getan, neben atemberaubender Optik ermöglicht ihr die sehr variable Stimme sowohl die klassisch orientierten Songs als auch die Rocksongs hervorragend umzusetzen. Zugute kam ihr diesmal, dass die Tour das aktuelle Album Endless Forms Most Beautiful bewirbt und damit viele Songs auf dem Programm standen, die direkt auf sie zugeschnitten sind. Mit Shudder Before the Beautiful und Yours Is an Empty Hope gab es gleich zu Beginn zwei Songs hieraus zu hören, bevor mit Ever Dream der erste Klassiker auf dem Programm stand. Weiter ging es mit Storytime, ein beeindruckender Auftakt, nach dem mit My Walden erst einmal etwas Druck aus dem Kessel genommen wurde.
Das neue Album bestimmte den gesamten Mittelteil des Sets, hier offenbarte sich dann doch, dass ich mit den epischen Kompositionen von Tuomas Holopainen manchmal so meine Probleme habe. Irgendwie kommt der ein oder andere Song nicht so recht auf den Punkt, wird unterbrochen, ein anderer Faden neu aufgegriffen, dann wird doch noch einmal abgebogen, bis dann ein Finale kommt, dass man auch schon mehrere Minuten vorher hätte haben können. Beim fünfzehnminütigen The Poet and the Pendulum passt das hervorragend, bei einigen der neuen Songs mag ich es nicht so. Der ein oder andere alte Gassenhauer dazwischen hätte mir schon ganz gut gefallen.

Nightwish
Zum Abschluss des Konzerts wurde dann aber wieder ordentlich Fahrt aufgenommen. Nemo, I Want My Tears Back, Stargazers, Ghost Love Score, Last Ride of the Day und ein Teil des The Greatest Show on Earth-Epos ließen keine Zeit zum Luft holen, auf einen „normalen“ Zugabeblock wurde verzichtet, was ich aber sehr mag. Nach genau zwei Stunden verabschiedete sich eine wundervolle Band von einem sehr ehrfürchtigen und etwas ruhigen Publikum und selbst auf dem an der Rockhal sich oft zum Nadelöhr entwickelnden Parkplatz gab es keinen Stau. Ein rundum gelungener Abend, schade, dass die Tour nun schon rum ist. Dieses Gesamtpaket mit einem tollen Headliner hätte ich mir auch noch einmal angesehen!
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