Es gibt viel Grund zur Sorge um die alternative Musikszene in Trier. Strenge Brandschutzauflagen kastrierten die drei Konzerträume im Exhaus in einer Art und Weise, die für viele Konzertveranstalter nicht mehr umsetzbar sind. Als mit dem Mergener Hof eine Ersatzlocation gefunden wurde, sorgte wiederum der mangelnde Brandschutz für die Schließung für Konzerte, wie man hört auf Betreiben eines Konkurrenten. Zum Glück ist Lucky’s Luke, ohnehin eine Institution für Freunde der gepflegten Nachtunterhaltung in Trier, mittlerweile auch wieder regelmäßiger Veranstalter muckeliger Konzertabende. Und diesmal kam es richtig geballt.
1. Havarii, Hey Ruin, Muncie Girls (Freitag, 20. November 2015)
Der ein oder andere früh in den Abend gestartete Partygänger war an der altehrwürdigen Lukepforte etwas irritiert, als er ein paar schmale Euro für ein Konzert abdrücken sollte. Geboten wurde aber einiges. Der Abend begann mit den Muncie Girls aus Exeter, die einen richtig starken Auftritt ablieferten. Das Trio rund um die charismatische Sängerin Lande und einem echten Tier am Schlagzeug boten melodischen Indie-Punkrock, aus denen könnte echt mal was werden!
Mit Hey Ruin standen danach Lokalmatadoren auf der Bühne, die mich aus der Konserve durchaus überzeugt hatten. Den guten Eindruck konnten sie auf der Bühne nur halbwegs bestätigen, im Vergleich zu ihren Vorgängern wie auch dem folgenden Topact gab es dann doch deutliche Qualitätsunterschiede.
Havarii aus Hamburg haben es dagegen ohne echten Longplayer mal gleich auf die Headliner Position geschafft und das nicht ohne Grund. Genau die richtige Musik zumindest für meinen Abend. Kraftvoll, wütend, deprimiert, resigniert, doch voller Widerstand und Energie. Manchmal gibt es Momente, wo ich mich allein durch die Musik dann doch nicht ganz so allein und unverstanden fühle. Musikalisch schwer einzuordnen und dadurch sehr interessant gab es eine ordentliche Wall of Sound, die zum Glück sehr gut abgemischt war.
2. Radio Havanna & Three Chord Society (Dienstag, 24. November 2015)
Wir waren ja schon stolz, dass wir unsere Karten gleich nach VVK-Start erworben hatten und tatsächlich die Nummern 1 und 2 ergattern konnten. Viel mehr kam allerdings leider nicht mehr dazu, so dass an einem winterlichen Dienstagabend nur knapp 20 Leute die Luke bevölkerten. Schon sehr peinlich für Trier… Alle die da waren, hatten aber ordentlich Spaß und es wurde ein denkwürdiger Abend. Zwei bestens aufgelegte Bands, deren Mitglieder samt Crew außerdem richtig nette Leute sind, dazu feine Getränke und viel zu bequatschen. Soviel Fannähe gibt es selten, auch wenn man Veranstalter und Bands natürlich deutlich mehr Aufmerksamkeit gewünscht hätte.
Eine richtige Überraschung für mich waren Three Chord Society aus Norddeutschland, die ich ehrlich gesagt noch nicht so auf dem Schirm hatte. Verstärkt von Radio Havanna Mercher Schaf am Bass, gab es richtig was auf die Ohren, tolle Songs und sehr viel Kraft und Energie. Das hat richtig Spaß gemacht.
Und dass mich Radio Havanna auf der Bühne überzeugen würden, daran hatte ich gar keinen Zweifel. Vollmundig verkündigte ich noch, dass sie laut last.fm Statistik meine absolute Nummer 1 seien, nur um dann zuhause festzustellen, dass sie von Pascow um acht Songs auf den Silberrang verwiesen worden waren. Aber Sieger der Herzen sage ich mal, denn wenn ich die Vinyldurchläüfe noch ergänze, ist der Spitzenplatz gebongt!
Die hohe Qualität der Alben übertrug man souverän auf die Bühne und es entstand ein Konzertabend aus einem Guss. All meine Lieblingssongs waren vertreten, der Sound war exzellent und die Band legte trotz des mageren Zuspruchs eine vorbildliche Spielfreunde an den Tag. Und es gab Pfeffi, was will man mehr! Ich hoffe die Jungs werden sich ihr Publikum in Trier noch erspielen, verdient haben sie es auf alle Fälle. Nur arbeiten gehen am nächsten Tag ist irgendwie ein Problem. 🙂
3. Koeter, Herr Berlin, Señor Karoshi (Freitag, 27. November 2015)
Ich will wirklich kein Veranstalter sein, der Zuschauerzuspruch in Trier ist absolut nicht kalkulierbar. Waren die ersten beiden Abende mäßig bis sehr enttäuschend besucht, war es an diesem Freitag richtig voll. Zu Beginn gab es mit Señor Karoshi eine Band, die wir zuletzt beim Volcano Festival knapp verpasst hatten. So richtig überspringen wollte der Funke auch nicht, die langatmigen Monologe und das permanente Anbiedern an das vermeintlich Trierer Publikum hat mich schon ziemlich genervt. Musikalisch war das streckenweise sogar ganz ok, dennoch war das kein Auftritt, der für mich Lust auf mehr machte.
Einen Klassenunterschied gab es dann direkt in der Folge zu sehen, denn mit Herr Berlin hielten Souveränität und Bühnenpräsenz Einzug. Ein richtig starker Auftritt der Trierer, die mir bislang leider komplett durch die Lappen gegangen sind. Muss ich im Auge behalten! Leider konnte der Topact das hohe Niveau nicht halten, Koeter enttäuschten mich ein wenig. Irgendwie war es kein Konzert aus einem Guss, der gute Eindruck des aktuellen Albums konnte nicht auf die Bretter der Lukebühne gebracht werden.
Drei schöne Abende in einer Kneipe, die den Namen noch verdient. Hoffentlich geht es auch hier mit derartigen Veranstaltungen weiter, ich komme immer wieder gerne!