Wo auch immer ich hinreise, Craftbeer ist mittlerweile fast überall präsent. Auch im weinseligen Portugal haben sich neben den großen Marken Sagres und Super Bock auch viele kleine Brauereien etabliert, von denen einige sich ganz der Craftbeer-Bewegung verschrieben haben.
Sonnenuntergang mit Super Bock
Leider war keine Zeit für ausführlichere Brauereibesichtigungen, zu schön und vielseitig präsentierte sich die Stadt am Tejo (Eindrücke gibt es hier). Doch es ist durchaus auffällig, dass Bier im Alltagsleben der Bewohner Lissabons eine recht große Rolle spielt. Fahrende Händler verkaufen Bier in Plastikbechern an vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt und es ist durchaus gemütlich, so mit Blick auf die imposante Hängebrücke Ponte 25 de Abril den Sonnenuntergang zu erwarten. Auch an den vielen Miradouros auf den Hügeln der Stadt treffen sich die Bewohner vor allem in den Abendstunden, und nicht selten ist dabei eine praktische Literflasche Super Bock im Gepäck.
Mit den Super Bock Bieren vertraut machen kann man sich im Mercado da Ribeira, der prachtvollen Markthalle nahe des Bahnhofs Cais do Sodré. Diese Halle beherbergt neben dem eigentlichen Markt einen imposanten Food-Tempel, über den noch ausführlicher zu berichten sein wird. Dort befindet sich die sogenannte Super Bock Beer Experience, wobei die Experience neben der Möglichkeit, verschiedene Biere der Bauerei vom Fass zu probieren, darin besteht, den korrekten Umgang am Hahn erläutert zu bekommen. Geschmacklich haben mich die Biere nicht sonderlich überzeugt, denn sowohl das reguläre Super Bock wie auch besonders das Stout ließen stark die nötige Geschmackstiefe vermissen. Gut kam allerdings das Super Bock Green an, eine Art Radler mit sehr erfrischendem Lemon-Geschmack und immerhin noch 4 % Alkohol.
Ich wollte tiefer in die portugiesische Braukunst eintauchen und hierfür gibt es einen perfekten Ort, nämlich die Cerveteca. Gelegen an der Praça das Flores (im Barrio Alto, in der Nähe der Assembleia da República) befindet sich hier ein kleines aber feines Craftbeer Paradies mit einer erlesenen Auswahl einheimischer und internationaler Spezialitäten. Bestellt wird an der Theke, wo man gleich mit dem sympathischen Wirt ins Gespräch kommt und von Beginn an spürt, dass hier mit Leidenschaft und Fachkenntnis Bier verkauft wird. Zehn wechselnde Biere gibt es vom Fass und ich begann mit den portugiesischen Bieren. Zunächst das Aroeira Bruta der Cerveja Aroeira aus Lissabon. Ein sehr feines American Pale Ale, das mir einen Tick besser geschmeckt hat als das danach georderte Amura APA der Mean Sardine Brauerei aus Mafra, einem Ort nördlich von Lissabon. Da ich bei den Bieren vom Fass bleiben wollte, wurde mir das Electric Nurse Double IPA aus Göteborg empfohlen. Ein richtig starkes, mächtig hopfiges IPA, die Empfehlung war Gold wert. Zum Abschluss gönnte ich mir noch ein IPA der Moor Beer Brauerei aus Bristol/England. Welches genau, kann ich leider nicht mehr nachvollziehen, es hat aber durchaus gemundet!
Da ich die regionalen Craftbiere noch eingehender testen wollte, nahm ich mir noch ein kleines Betthupferl für den letzten Abend mit. Zunächst ein India Pale Ale von Passarola aus Lissabon. Ein sehr ausgewogenes IPA mit dezenter, aber prägnanter Bitternote, schönen Fruchtnoten am Anfang, im Abgang fehlt allerdings etwas Power. Aber ein sehr solider Vertreter seiner Zunft! Dem Stil treu blieb ich mit dem Urraca Vendaval IPA der Brauerei Oitava Colina, ebenfalls direkt in Lissabon ansässig. Die versprochenen Zitrus- und Fruchtaromen werden von einer leicht grasigen Note etwas in den Hintergrund gedrängt. Die 55 IBU sind spürbar, aber nicht unangenehm. Die erst vor Kurzem gegründete Brauerei, benannt nach ihrem Standort auf dem achten Hügel der Stadt, stattet jedes Bier mit wundervoll gestalteten Etiketten aus, die jeweils eine ganz eigene Geschichte erzählen. So auch das Zé Arnaldo Robust Porter, bei dem Röstaromen und Süße ausgezeichnet harmonieren.
Es besteht die Möglichkeit, die Brauerei Oitava Colina zu besichtigen und die Biere vor Ort zu verkosten. Das lasse ich mir beim nächsten Mal sicher nicht entgehen. Informationen und Termine gibt es unter www.oitavacolina.pt.
Bier ist nicht alles, das gilt gerade in Lissabon. Es gibt hervorragende Weine, den berühmten Portwein, oder man kann an einem der Kioske ein kleines Glas Ginja genießen, ein milder Likör aus Sauerkirschen. Eine Stadt wie gemacht für Genießer!
2 Comments