Es sind vor allem schreckliche Nachrichten, die uns in den letzten Jahren aus Mexiko erreichten. Der Drogenkrieg völlig außer Kontrolle, zahllose Menschen verschwinden spurlos, woanders werden Massengräber gefunden. Von dieser finsteren Welt erzählt ‚Sicario‘, der neue Film von Denis Villeneuve, der seit Donnerstag im Trierer CinemaxX zu sehen ist.
Die grandiose Eröffnungssequenz von Sicario führt den Zuschauer aus dem Kino unmittelbar und auf grausame Weise mitten in das Schlachtfeld. Der Krieg ist längst über und unter den löchrigen amerikanisch-mexikanischen Grenzzaun gekrochen. Als die Polizistin Kate Macer (Emily Blunt) mit einer Spezialeinheit ein Haus der Drogenmafia stürmt, machen sie und ihre Kollegen einen entsetzlichen Fund, der auch dem Betrachter einiges abverlangt. Die Gewalt ist völlig außer Kontrolle geraten und als Kate am folgenden Tag mit ihrem Kollegen Reggie Wayne (Daniel Kaluuya) zu einer geheimen Besprechung eingeladen wird, ahnt sie noch nicht, was hinter der Oberfläche des FBI-Alltags vor sich geht.
Dort lernt sie Matt Graver (Josh Brolin) kennen, der für eine Geheimoperation einen offiziellen Kontakt der zuständigen Behörden benötigt, idealerweise mit Kampferfahrung. Die Wahl fällt auf Kate. Ein erster Einsatz führt das Team über die Grenze nach Juarez, ein Moloch ohne Recht und Gesetz, in der Schüsse durch die düsteren Gassen dröhnen und Leichen die Straßen pflastern. Eine alptraumhafte Fahrt, perfekt eingefangen von einer überragenden Kameraarbeit. Dort soll der Bruder eines Drogenbarons festgenommen werden und Kate bekommt einen ersten Einblick in die fragwürdigen Methoden der Operation. Meist wird sie jedoch im Unklaren gelassen und mehr und mehr wird die Idealistin mit ihren eigenen Moral- und Wertvorstellungen konfrontiert. Wie weit darf man gehen, um das Böse zu bekämpfen, in einer Welt, in der die offiziellen Wege ganz offensichtlich kapituliert haben?
Der Frankokanadier Denis Villeneuve hat sich unter anderem mit dem hochgelobten Krimidrama Prisoners als Meister des Spannungsaufbaus bewiesen, wobei die eigentliche Kunst drin besteht, diese Spannung auch dauerhaft zu halten und stetig zu steigern. Das gelingt ihm zusammen mit Drehbuchautor Taylor Sheridan auch bei Sicario, spanisch für ‚Auftragskiller‘. Meisterhaft verkörpert wird dieser ‚Sicario’ von Benicio del Toro als geheimnisvollem Kolumbianer Alejandro. Als Teil des Teams geht er doch seinen ganz eigenen Weg, dessen Ziele sich mehr oder weniger zufällig mit denen der Amerikaner überschneiden. Neben Kate ist er die eigentliche Hauptperson des Films, bei dem die Ziele der Einzelnen für den Zuschauer lange nahezu ebenso unklar bleiben wie für Kate. Im Land der Wölfe sind ihre Ideale nicht gefragt, sie droht daran zu zerbrechen.
Sicario ist ein harter, manchmal grausamer und enorm spannender Film mit weitgehenden moralischen Fragestellungen, die vielleicht aktueller sind als je zuvor und die weit über den mexikanischen Drogenkrieg hinausgehen. Welche Mittel sind recht, um Chaos und Gewalt kontrollieren zu können und die eigenen Grenzen wirkungsvoll zu schützen? Soll man Verbrecher unterstützen, wenn diese zwar für Tod, Gewalt und Chaos verantwortlich sind, aber wenigstens dafür sorgen, dies von den eigenen Grenzen fernzuhalten? Eine Frage, die zuletzt Obama und Putin im Falle Syriens ganz unterschiedlich beantwortet haben.