Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Kaum in Lissabon angekommen, gab es erst einmal einen Kaffee beim berühmten “Miradouro Sophia de Mello Breyner Andresen” im Stadtteil Graca, der einen atemberaubenden Blick auf die Stadt, den Tejo, die Hängebrücke und die Burg bietet. Und das bei herrlichstem Sonnenschein und nur fünf Minuten entfernt von unserem Altstadthaus. In Schallgeschwindigkeit wurde in den Urlaubsmodus geschaltet. Soviel sei vorweggenommen: Die Stadt hielt in den kommenden fünf Tagen, was der erste Blick versprochen hatte.
Auf holprigen Wegen
Die Erkundung Lissabons setzt eine stabile physische Konstitution voraus, liegt die Stadt doch auf sieben oder mehr Hügeln und es geht stetig hinauf und herunter, Trepp auf und Trepp ab. Besonders tückisch ist hierbei das stellenweise sehr rutschige Pflaster, man sollte also festes Schuhwerk an den Füßen haben. Will man die Stadt nicht komplett zu Fuß erkunden, kann man aus einer Vielzahl von Stadtrundfahrten wählen, eines der unzähligen Tuk Tuks mieten oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren (hierzu wird es noch einen eigenen kleinen Bericht geben).
Castelo de São Jorge
Einen perfekten Blick auf die Stadt hat man vom Castelo de São Jorge aus, einer großzügigen Festungsanlage im Osten der Stadt. Die vor dem 11. Jahrhundert entstandenen Gemäuer sind hervorragend erhalten und laden durch viele Bäume auch bei hochsommerlichen Temperaturen zum Flanieren ein. Von der Burg aus ergeben sich immer wieder neue Perspektiven auf die Stadt und die vielen Besucher verteilen sich gut auf dem riesigen Gelände. Von einer möglicherweise langen Schlange an der Kasse sollte man sich nicht abschrecken lassen, die Wartezeit hielt sich (nicht nur dort) in Grenzen und die 8,50 Euro sind wahrlich gut investiertes Geld.
Catedral Sé Patriarcal
Blickt man von einem der zahlreichen Hügel auf die Stadt, fällt die Hauptkirche Lissabons im Stadtgefüge erstaunlich wenig auf. Mitte des 12. Jahrhunderts errichtet und seitdem immer wieder umgebaut, ist das gotisch-romanische Gotteshaus auch im Innenraum angenehm schlicht ausgestaltet. Der Besuch der Kirche ist kostenfrei, investieren sollte man allerdings die vier Euro Eintritt, die Zugang zum Kreuzgang und zur kleinen Schatzkammer ermöglichen. Interessant ist hierbei vor allem die archäologische Ausgrabung im Kreuzgang, wo man einen kleinen Einblick in die antiken und maurischen Besiedlungsschichten Lissabons bekommt.
Praça do Comércio
Nur einen kurzen Fußmarsch von der Kathedrale entfernt befindet sich die Praça do Comércio, das Wohnzimmer Lissabons. Der riesige, von prachtvollen Gebäuden gesäumte quadratische Platz ist zum Tejo hin offen, auf den Treppen am Fluss chillen Lissaboner und Touristen bei einem kühlen Bier in der Sonne. Im Zentrum des Platzes steht das Reiterstandbild von König Dom José I., der erhaben auf seinen Fluss blickt. Auf der Nordseite erhebt sich der Arco da Rua Augusta, ein im 19. Jahrhundert errichteter Triumphbogen. Dieser kann auch besichtigt werden und von der bequem mit einem Fahrstuhl zu erreichenden Besucherplattform hat man einen atemberaubenden Blick auf die Stadt. Geht man durch den Bogen, steht man bereits mitten auf der Rua Augusta, einer der wichtigsten Einkaufsstraßen Lissabons. Sie erstreckt sich bis zum Rossio, einem weiteren herrlichen Platz und auf ihr findet man nahezu alles, was das Shoppingherz begehrt.
Panteão Nacional
In der Barockkirche Igreja de Santa Engrácia am Rande des Altstadtviertels Alfama befindet sich das nationale Pantheon mit einigen Grabstätten und Kenotaphen berühmter und bedeutender Portugiesen, darunter der 2014 verstorbene legendäre Fußballer Eusebio oder die Fado-Legende Amália Rodrigues (1920–1999). Der nie als Kirche genutzte Bau wurde im späten 17. Jahrhundert begonnen, allerdings erst Mitte des 20. Jahrhunderts mit der Kuppel abgeschlossen. Die drei Euro Eintritt lohnen sich durchaus, vor allem weil man von der Kuppel einen schönen Blick auf den Tejo und die Alfama hat. Ist man nur ein kurzes Wochenende in der Stadt, sollte man sich den Besuch vielleicht überlegen.
Belém
Verlaufen sich die Touristenströme im Zentrum Lissabons noch halbwegs, hat man in Belém die volle Touridröhnung. Und zwar zurecht; bietet der westliche Stadtteil Lissabons doch einige der herausragenden Sehenswürdigkeiten der Metropole. Die Straßenbahnlinie 15E bringt die Besucher, die nicht mit einem der unzähligen Reisebusse kommen, aus der Innenstadt in etwa 20 Minuten nach Belém und quasi direkt vor das eindrucksvolle Hieronymitenkloster Mosteiro dos Jerónimos. Die Kirche mit zahlreichen Königsgräbern sowie dem Grabmal Vasco da Gamas kann gratis besucht werden, für das Kloster selbst muss man eine Eintrittskarte erwerben. Das Kombiticket mit dem Torre de Belém kostet 12 Euro. Entgehen lassen sollte man sich das Kloster auf keinen Fall, allein der wundervolle zweistöckige Kreuzgang ist das Geld voll und ganz wert. Unter den kunstvollen Verzierungen und Wasserspeiern finden sich sogar Grashüpfer und Wildschweine. Auch der Blick über den Balkon in die Kirche ist durchaus eindrucksvoll.
Vom Kloster aus sieht man bereits das imposante Seefahrerdenkmal Padrão dos Descobrimentos, das 1960 anlässlich des 500. Todestags von Heinrich dem Seefahrer errichtet wurde. Für vier Euro kann man es bequem mit einem Aufzug erklimmen und hat von dort aus eine sehr schöne Aussicht über Belém und Lissabon. Einen wunderbaren Blick hat man auch vom Torre de Belém, der vielleicht meistfotografierten Sehenswürdigkeit Lissabons. Zwar gibt es im engen Treppenhaus ein Ampelsystem und eine Besucherbeschränkung, was aber mal genau gar nicht funktioniert hat und letztendlich vor allem der Abstieg sehr chaotisch war. Aber runter kommt man ja irgendwie immer. An einer Ecke des Turmes befindet sich zudem eine kleine Teilplastik eines Nashornkopfes. Es handelt sich um die erste plastische Darstellung dieses Tieres in Europa. Afonso de Albuquerque hatte 1515 von seiner Indienfahrt ein Panzernashorn mitgebracht.
Was Lissabon besonders liebens- und lebenswert macht, sind nicht allein die zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Lissabon ist eine entspannte und gleichzeitig quicklebendige Stadt, mit tollen, jederzeit freundlichen und hilfsbereiten Menschen. Auch ohne Portugiesischkenntnisse kommt man mit Englisch jederzeit bestens durch und wo man sich auch aufhält, wird man mit offenen Armen und einem Lächeln empfangen. Zum Pflichtprogramm gehört ein Spaziergang durch die verwinkelte Alfama, aus deren unzähligen Restaurants abends die wehmütigen Klänge des Fado aufsteigen. Eine traumhafte Atmosphäre, die einen erneuten Besuch geradezu zwingend notwendig macht.
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