Beim Festival der Bierkulturen im Bürgerzentrum Köln-Ehrenfeld versammelte sich eine ganze Riege kreativer Brauer. Grund genug, der rheinischen Metropole mal wieder einen Besuch abzustatten. Und der hat sich wirklich gelohnt, denn in entspannter und familiärer Atmosphäre wurde dem Bier in all seinen Facetten gehuldigt.
Den aktuellen Craft Beer Boom bekam Braumeister Peter Esser von der Ehrenfelder Braustelle gleich am Samstag zu spüren. Das Festival der Bierkulturen musste sich dem Ansturm beugen und zeitweise die Pforte verriegeln. Am Sonntag war die Resonanz ebenfalls positiv, aber die drei zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten waren zwar gut gefüllt, aber eben nicht überfüllt, was den Tag zu einem entspannten Erlebnis werden ließ.
Für 5 Euro Eintritt gab es unzählige sehr unterschiedliche Bierkreationen von mehr als zwanzig Brauereien zu probieren, je nach Bier wurden für ein Probierglas zwischen zwei und vier Coins a‘ 50 Cent fällig. Ein echter Schnappen und so konnte man sich einmal durch die Bierwelt probieren. Und es ging tatsächlich international zu, denn neben kleineren und zum Teil schon bekannteren Erzeugern aus Deutschland präsentierten sich auch Brauer aus England, Schottland, Belgien und Litauen den Besuchern.
Zu den „Szenegrößen“ gerechnet werden kann sicherlich Heidenpeters aus Berlin, auf das Wiedersehen freute ich mich nach meinem Berlinbesuch vor einigen Wochen besonders. So startete ich meinen Verkostungstag um die Mittagsstunde mit dem bewährt großartigen Pale Ale und machte mich erst einmal mit der umfangreichen Bierliste vertraut, bei einem derartig großen Angebot braucht man schließlich eine Strategie. So kehrte ich erst zum Abschluss des Tages an den Stand zurück, um noch das Cherry Stout zu probieren, das mir dann aber etwas zu intensiv war.
Mein erster Streifzug in den Außenbereich führe mich in das Zelt, wo sich unter anderem das Brauprojekt 777 aus Voerde am Niederrhein präsentierte. Das Single Hop gefiel mir dabei etwas besser als das kräftigere Red Ale, beide Biere waren aber wirklich gut. Das leichte Citra der britischen Caveman Brewery, ein „Hoppy Pale Ale“ mit 4,1 % vol. hat mich dagegen nicht so überzeugt, es war allerdings auch deutlich zu warm. Wesentlich eher zugesagt hat mir das Summer Ale aus dem BrauKunstKeller, das in Kürze auch den Weg in die Flasche finden wird. Der Name ist Programm, leicht, frisch und rund, ein echtes Sommerbier. Direkt nebenan gab es bei Kuehn Kunz Rosen aus Mainz u.a. das sehr leckere Mosaique IPA zu kosten, nicht überhopft, cremig-weich, ein richtig gutes Bier!
Überraschend stark präsent war die Gose, eine fast in Vergessenheit geratene Biersorte mit jahrhundertealter Tradition vor allem in Mitteldeutschland. Abseits des Reinheitsgebots überlebte die Gose auf wundersame Weise alle Normalisierungstendenzen und findet heute immer mehr Liebhaber, was sich auch auf dem Bierfestival niederschlug. So war die Frühstücksgose vom Bayerischen Bahnhof in Leipzig eine willkommene Abwechslung, das etwa saure Gebräu schaffte es hervorragend, die bereits etwas überlasteten Geschmacksrezeptoren neu zu kalibrieren. Das gelang auch dem Grutbier der Lahnsteiner Brauerei, wobei mich der Gewürzschock fast schon etwas überforderte. Dennoch sollte ich den kreativen Brauern nicht weit von meiner alten Heimat mal einen ausführlicheren Besuch abstatten.
Besonders gespannt war ich auf die Vertreter aus Belgien und meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Hof ten Dormaal aus Tildonk überzeugten mit einem wunderbar harmonischen und kraftvollen Red IPA, das Stout war mir persönlich einen Tick zu rauchig. T’Hofbrouwerijke aus Beerzel stellten mit dem „Hop a Billy“ ein leichtes, rundes Saison und mit „Your Highness“ ein kraftvolles IPA vor. Sehr gute Biere!
Zum Abschluss meines Streifzugs kehrte ich noch einmal ins Zelt zurück und besuchte Ale Mania aus Bonn, wo ich sowohl das leichte Session IPA als auch das klassische IPA verkostete. Beides tolle Biere und ein paar Dosen wanderten noch in meinen mittlerweile prall gefüllten Beutel. Auf dem Weg nach draußen probierte ich noch einen Schluck des Mint-Stouts der Braustelle, die Gastgeber hatte ich bis dahin leider völlig vernachlässigt. So richtig begeistert hat mich diese Spezialität allerdings nicht, das müsste ich aber noch einmal in Ruhe und mit voller Konzentration genießen.
Eine richtig gute Idee ist auch das limitierte Benefizbier, ein Mega-Blend, von dem pro Flasche 5 Euro an Viva con Agua gehen, eine unterstützenswerte Initiative, für die ich auch bereits seit der Neugestaltung dieses Blogs werbe. Bitte klicken und supporten! Und das nach Trier importierte Bier wartet noch auf seinen großen Auftritt!
Update:
So, endlich konnte ich den Mega-Blend nun auch probieren. Er wurde gemeinsam gebraut von den Teilnehmern des Festivals 2014 und es handelt sich um ein im Süßwein-Barrique gereiftes Sour Ale mit 6,8 % Alkohol. Ich bin ja eigentlich kein großer Freund von im Holzfass gereiften Bieren, aber die durchaus präsente Barriquenote tritt hier etwas zurück und macht Platz für eine cremig-spritzige Sauernote, durchaus ein Geschmackserlebnis. Und dazu noch für den guten Zweck!
Ich bin wirklich froh, dass ich die dank der DB vielstündige Reise nach Köln auf mich genommen habe. Das Festival der Bierkulturen ist eine Veranstaltung, der man zu jeder Sekunde anmerkt, dass sie von absoluten Enthusiasten im Dienst einer kreativen Bierkultur ausgerichtet wird. Sorgfältig ausgewählte Aussteller sorgen für ein sehr vielseitiges Angebot, die Besucher waren sehr interessiert und so ergaben sich schnell interessante Gespräche und Fachsimpeleien. Das hat wirklich sehr viel Spaß gemacht und ich würde mich sehr freuen, wenn das Festival der Bierkulturen im nächsten Jahr wieder in ähnlich familiären Rahmen stattfinden kann!
Teilnehmer 2015: 40ft Brewery, Ale-Mania, Alzeyer Volkerbräu, Bayerischer Bahnhof, Black Isle, BrauKunstKeller, Brauprojekt 777, Caveman Brewery, Cadolzburger, Freigeist Bierkultur, Fyne Ales, Heidenpeters, Helios-Braustelle, T’Hofbrouwerijke, Hof Ten Dormaal, Hopfenrausch, Kent Brewery, KuenKunzRosen, Lahnsteiner Brauerei, Mein Sudhaus, Sakiskiy Alus, Siegburger Brauhaus, Vormann Brauerei
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