Nach dem besonderen Erlebnis auf dem Ätna war erst einmal ein Ruhetag angesagt und für manch einen auch nötig. Erst am späten Nachmittag wurde der Platz auf der Sonnenliege aufgegeben und wir machten uns auf nach Acireale, dem größten Ort der Riviera dei Ciclopi.
Auch Acireale ist eine typische Barockstadt, übersät mit Kirchen und prachtvollen Fassaden, die jedoch allesamt nicht in demselben guten Zustand sind wie die Vorzeigestädte der Region. Acireale ist kein Freilichtmuseum wie Noto, Acireale ist ein Oberzentrum, in dem vor allem gelebt wird. Dennoch gibt es vor allem am Corso Umberto (die Vielfalt an Straßennamen scheint eher begrenzt zu sein), einiges zu sehen.
Un po ‚di calcio
Geparkt wurde auf einem größeren Parkplatz im Norden der Stadt nahe der Via Roma, direkt neben dem Stadio Comunale di Acireale. Ich habe selten einen Fußballplatz in einem traurigerem Zustand gesehen. Eine erstaunlich große Stahlrohrtribüne mit Meerblick hat ihre besten Tage schon lange hinter sich und der Ascheplatz (oder war es wirklich einmal Rasen?) taucht das Areal bei jedem Windstoß in eine Staubwolke. Angeblich finden hier bis zu 3.500 Zuschauer Platz. Auch hinter den Ausgabelöchern der Kartenverkaufsstellen war nichts als Verfall zu sehen, ein wirklich trauriger Anblick. Hier kickt Real Aci (hier bei einem Heimspiel), während Acireale Calcio im in Richtung Catania gelegenen Stadio Tupparello spielt, das im Jahr 1993 modernisiert wurde und 8.000 Besuchern Platz bietet.
Entlang des Corso Umberto
Am Ende der Mittagspause herrschte noch Ruhe auf der Prachtstraße des Ortes, doch das sollte sich bald ändern. Vorbei an einigen sehr schönen Palazzi erreicht man recht bald die Piazza Duomo, das Zentrum der Stadt. Es eröffnet sich einem ein beeindruckendes Ensemble von Kirchen und anliegenden Gebäuden. Linker Hand die Cattedrale di Acireale, wo just in dem Moment eine Braut vorfuhr, die bereits von Familie, Freunden, mehreren Fotografen und vor allem ihrem Bräutigam erwartet wurde. Rechts neben der Kathedrale, etwas nach hinten versetzt, befindet sich die Basilica dei Santi Pietro e Paolo, flankiert vom Rathaus der Stadt. Etwas weiter in Richtung Süden liegt an der Plaza Vigo die Basilica collegiata di San Sebastiano. In allen drei Kirchen finden sich Werke von Pietro Paolo Vasta, 1697 in Acireale geboren, der auch die Fassade von Santi Pietro e Paolo gestaltet hat. Direkt gegenüber von San Sebastiano befindet sich das Caffe Cipriani, von dem sehr viel Gutes zu lesen war, und so entschieden wir uns mit Blick auf die in der Abendsonne erstrahlende Basilika einen Imbiss zu uns zu nehmen.
Culinaria
Und man muss sagen, dass sich die guten Kritiken für das Caffe Cipriani durchaus bewahrheitet haben. Wir gönnten uns zwei Arancini Sugo, ein Bier und eine Granita di pistacchio.
Arancini sind gefüllte und frittierte Reisbällchen. Wobei „Bällchen“ stark verniedlichend ist, können die Reiskugeln oder -kegel doch eine beachtliche Größe haben. Die Füllungen können ganz unterschiedlich sein: Fleisch, Käse, Pilze, Pistazien u.a.m. Arancini sind oftmals ein Snack auf die Hand. Der geübte Esser, wir also nicht, verspeist sie auch beim Gehen. Arancini sind einfach super lecker! Nicht umsonst ist Commissario Montalbano, Andrea Camilieris sizilianischer Kommissar, ein großer Fan dieses Gerichts.
Und endlich eine Pistaziengranita! Wie soll ich nur ohne Granita in Deutschland leben? Die Granita des Caffe Cipriano war auf jeden Fall hervorragend. Es war bisher die cremigste Variante. Das Eis war ganz fein und die Pistazien tun das ihrige dazu und schmecken erstaunlich nussig. Man muss aber auch sagen, dass diese Granita verhältnismäßig mächtig war.
So recht war uns nicht klar, was uns bei der Suche nach einem geeigneten Restaurant am späten Samstagabend erwarten würde. Unsere erste Wahl, das I Poeti in Aci Castello war leider geschlossen, und so musste improvisiert werden. Tripadvisor, eine in Italien vor allem für die Gastronomen unglaublich wichtige Informationsquelle, lieferte eine ganze Reihe von Pizzerien rund um das Castello. Die Strandpromenade war bereits voll mit Autos, die allerdings alle von jungen Paaren besetzt waren. Scheinbar ist es für die Anbahnung potenzieller Beziehungen immer noch wichtig, sich zunächst an einem neutralen Ort zu treffen, sei er auch noch so unromantisch wie der Innenraum eines zwanzig Jahre alten Fiat Pandas.
Als nächstes schauten wir bei der Pizzeria Jonica vorbei. Da die Leute dort bereits bis auf die Straße standen und auf einen Tisch warteten, machten wir auf dem Absatz kehrt und gingen um die Ecke in das Scacco Matto (Schach Matt). Wir wurden an einen Tisch im hinteren Raum geführt. Man sollte es vermeiden dort zu sitzen, da es bei voll besetzten Tischen wirklich sehr laut ist. Wir bestellten eine Pizza Margherita und eine Capricciosa. Gute Pizzen zu einem unschlagbaren Preis. Die Pizza Margherita kostet hier überall um die fünf Euro. Davon kann man im heimatlichen Trier nur träumen.
Zu vorgerückter Stunde veranstalteten wir dann auf unserer Terrasse noch eine kleine Likördegustation. Verglichen wurden der Cremoncello di Sicilia – Mandarino und der Mandarinetto di Sicilia. Unser Urteil ist ziemlich einstimmig für den Mandarinetto ausgefallen. Unter dem sahnigen Geschmack des Cremoncello leidet unseres Erachtens doch der fruchtige Mandarinengeschmack, der beim Mandarinetto voll zum Tragen kommt. Eine sehr leckere und fruchtige Alternative zum bekannten Limoncello. Aber, das gebe ich gerne zu, der Mandarinetto ist vermutlich nicht nach jedermanns Geschmack. Man muss das süße, fruchtige Aroma schon mögen. In den nächsten Tagen werden wir die eiskalte Variante noch probieren. Cin cin!