Sizilien 2015 – Noto Antica & Modica

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Der Plan war gut, doch leider hatte er zu viele Unbekannte. Viel hatten wir uns für den zweiten Tag des Sizilientrips vorgenommen, man ist ja noch jung und frisch. Unser Tagesausflug sollte uns von Aci Trezza nach Noto und Modica führen, doch die Pläne gerieten recht früh durcheinander.

Der Plan

Es ist ja gar nicht so einfach, die eigenen Urlaubspläne mit den Sitten und Gebräuchen der Gastgeber in Sachen Mittagsruhe in Einklang zu bringen. Wenn jegliches Leben für etwa drei bis vier Stunden zum Erliegen kommt, ist eine ordentliche Stadtbesichtigung nur die Hälfte wert. Somit musste ein ausgereifter Schlachtplan her:

  • Nach dem zeitigen Aufstehen sollte es ab nach Modica gehen, um vor 13 Uhr noch die ein oder andere Sehenswürdigkeit zu erhaschen.
  • Während der Siesta eignet sich ein Besuch des Archäologieparks Noto Antica, da es dort keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Öffnungszeiten gibt.
  • Am späten Nachmittag bzw. frühen Abend soll die Barockstadt Noto besonders schön sein und ist somit der ideale Abschluss.

Doch es kam anders.

Reisen a la Siciliana

Blick von Vizzini

Blick von Vizzini

Wir waren auf alles vorbereitet. Das Verkehrschaos in Catania sollte durch eine Alternativroute umgangen werden, die wir allerdings gleich verpassten und nun doch wieder mitten durch die Stadt mussten. Chaos pur und noch um einiges schlimmer als am Sonntagabend. Eine Besonderheit auf Sizilien ist zum Beispiel die Tatsache, dass an roten Ampeln nicht immer angehalten wird. Das ist für einen nordeuropäischen Autofahrer schon extrem gewöhnungsbedürftig. Überhaupt befindet man sich dauernd in dem Konflikt, sich fahrtechnisch anzupassen und so die möglichen Strafen der Polizei zu fürchten, oder sich einfach den anderen Verkehrsteilnehmern anzuschließen. Wichtig ist vor allem eines: Man darf keine Angst zeigen und nicht zaudern!

Im dichten Verkehr tickte die kalkulierte Ankunftszeit des Navis unaufhaltsam weiter und schnell war klar, dass das gesteckte Ziel so nicht zu erreichen war. Aber es kam noch schlimmer. Eine Demonstration gegen eine anstehende Schulreform blockierte unter großem Polizeieinsatz eine der Hauptverkehrsachsen der Stadt und wir versuchten mit einem kleinen Schlenker um die Blöcke vor den Zug zu gelangen. Das hat nicht geklappt aber so was von gar nicht. Nichts ging mehr vor, zurück oder seitwärts und der sizilianische Autofahrer, ohnehin nicht von buddhistischem Gleichmut geprägt, rastete förmlich aus und malträtierte Hupe und die Nerven seiner Leidensgenossen. Es war furchtbar. Als sich der Verkehr ganz langsam und mit einer ordentlichen Portion Hauen und Stechen wieder in Bewegung setzte, hatten wir mehr als eine Stunde verloren und brauchten einen Plan B.

Noto Antica

Der Archäologiepark Noto Antica, im Norden des heutigen Touristenmagneten Noto gelegen, bezeugt eine tragische Geschichte. Als Vorgänger des heutigen Noto lag die Stadt umgeben von schroffen Schluchten strategisch günstig auf einem Hügel und wurde so zu einem militärischen und kulturellen Zentrum in der Region. Im Jahr 1693 kam dann aber das jähe Ende, als ein verheerendes Erdbeben die Stadt nahezu vollständig zerstörte. Im Gegensatz zu vielen anderen Städten in der Region wurde diese aber nicht wieder aufgebaut, sondern an anderer Stelle neu gegründet.sizilien 026

Die Besucher finden heute ein Idyll vor und es ist kaum vorstellbar, dass vor mehr als 300 Jahren hier das Leben pulsierte. Gleich hinter dem Eingang in die Anlage stehen noch die Überreste der Burg, ansonsten gibt es auf dem weitläufigen Gelände noch die ein oder andere Kirche zu sehen, bzw. das was von ihr übrig geblieben ist. Noto Antica ist so etwas wie der Gegenentwurf zu den touristisch gut erschlossenen archäologischen Hotspots der Insel. Es gibt keinerlei Infrastruktur (Toiletten, Verpflegung etc.) und so ist man auf den spärlich beschilderten Wegen weitestgehend allein mit sich, den Relikten der Vergangenheit und der Natur, die das Gelände im Laufe der Jahrhunderte wieder zurückerobert hat. Leider ist trotz eines kleinen Verbotsschilds der Zugang auch mit Autos möglich, so dass die jugendlichen Besucher eines nahen Grillplatzes nach der Nahrungsaufnahme unter großem Gejohle den sandigen Hauptweg entlang heizen konnten und dabei eine Menge Staub aufwirbelten.

Ein ‚Must-See‘ ist Noto Antica sicher nicht, dafür ist die Anlage zu unübersichtlich, weitläufig und schlecht dokumentiert, auch wenn bei den größeren Überresten kleine Hinweisschilder stehen. Auch wir haben es angesichts der Mittagshitze und der verstreichenden Zeit nicht bis zum Ende geschafft, wo noch die größten kirchlichen Überreste auf uns gewartet hätten. Wer aber abseits des Touristentrubels nach Ruhe und einer kleinen Wanderung durch historische Stätten sucht, der ist in Noto Antica durchaus richtig.

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Modica

Modica, westlich von Noto gelegen, ist ein Kleinod in pittoresker Landschaft. Die Stadt schmiegt sich elegant an die Berghänge, bleibt aber bei aller Schönheit ein lebendiges regionales Zentrum mit etwas mehr als 50.000 Einwohnern. Nach dem Erdbeben von 1693 ebenfalls schwer zerstört, wurde Modica im Stil des Barocks neu aufgebaut und man kann heute noch zahlreiche eindrucksvolle Gebäude sehen. Wir schlenderten zunächst eher ziellos den Corso Umberto I., eine der Hauptstraßen der Stadt entlang, bevor uns eine in der Touri-Info ergatterte Karte etwas mehr Struktur gab. Der Weg führte uns unterhalb des derzeit nicht zu besichtigenden Castellos an zahlreichen Kirchen, Palazzi und dem schönen Teatro Garibaldi vorbei. Wer die Stadt in ihrer Gänze erleben will, sollte angesichts der zu bewältigenden Höhenunterschiede einiges an Kondition mitbringen, oder die Bimmelbahn nutzen, die Touristen an den größten Sehenswürdigkeiten vorbei von der Unter- in die Oberstadt bringt. Wir sind dann doch recht bald wieder aufgebrochen, aber nicht ohne noch einen Zwischenstopp bei einem Aussichtspunkt auf dem Nachbarhügel zu machen, von wo sich ein atemberaubender Blick auf Modica bietet.

Der Weg ist das Ziel

Es hätte sicherlich einfacherer Wege gegeben, die knapp einhundert Kilometer zurück nach Aci Trezza zu bewältigen. Aber da wir nur ungern denselben Weg zweimal fahren, beschlossen wir nicht die Route vom Flughafen Comiso aus zu wählen, sondern diesmal durch die Berge zu fahren. Sollte es jemals einen Zeitplan gegeben haben, jetzt war er endgültig zunichtegemacht. Und es hat sich sowas von gelohnt. Gerade im Frühsommer ist die Landschaft sattgrün, es duftet frisch nach den unterschiedlichsten Früchten und Pflanzen und hinter jeder Serpentine wartet ein neuer traumhafter Ausblick auf den Autowanderer. Die Städte sind nahezu ausnahmslos auf die Spitze der Hügel gesetzt und selbst kleinere Kirchen wirken vom Tal aus wie riesige Kathedralen. Vor allem Vizzini, eine Stadt von etwas mehr als 6.000 Einwohnern (vor 100 Jahren waren es noch über 22.000), raubt einem mit einem Blick in die endlose Weite geradezu den Atem.

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Immerhin haben wir es diesmal geschafft, Catania großräumig zu umfahren, und so kamen wir doch wieder relativ zeitig in Aci Trezza an. Dennoch war der Tag sehr lang und anstrengend und für die kommenden Tage werden wir die Strategie etwas ändern und es ruhiger angehen lassen. Ist ja immerhin Urlaub.

Culinaria

Die kulinarische Seite kam an diesem Tag vielleicht etwas kurz, aber zum Glück haben wir ja noch einige Tage vor uns.

Nachdem wir in Modica einen Parkplatz ergattert hatten, flanierten wir den Corso Umberto I. entlang und kamen schon an manch einem Laden vorbei, der die typische Cioccolato modicano oder Cioccolato di Modica anbot. Doch den Einkauf der Schokolade verschoben wir auf den Zeitpunkt unserer Abfahrt. In einer kleinen Bar an der Piazza Principe di Napoli nahmen wir etwas Pasta zu uns. Es war nichts besonders, aber es war mittlerweile vier Uhr nachmittags und der Hunger war groß. Dazu bestellte ich eine Latte di Mandorla (Mandelmilch), ein sehr typisches Getränk für die Insel. Mir hat die Mandelmilch sehr gut geschmeckt und sie ist sehr erfrischend. Aber auch dieses Getränk muss noch ausgiebig getestet werden.

Mondlicht auf der Terrasse

Mondlicht auf der Terrasse

Auf dem Weg zurück zu unserem Auto haben wir dann die Modica-Schokolade erst probiert und dann gekauft. Die Tatsache, dass man probieren konnte, war wirklich sehr hilfreich, da die hiesige Schokolade wirklich eine ganz andere Konsistenz hat als die, die wir in Deutschland so kennen, und auch geschmacklich stark abweicht. Wir deckten und mit den Geschmacksrichtungen Minze, Zitrus, Chili und Johannisbrotbaum ein. Außerdem nahmen wir noch eine kleine Flasche Cremoncello di Sicilia – Mandarino mit. Die werden wir noch hier probieren. Wer weiß vielleicht sollte man davon eine große Flasche mit in das ach so ferne Deutschland nehmen. Ein wenig Sizilien für zu Hause halt!

Trotz unserer guten Vorsätze noch während der Rückfahrt schafften wir an diesem Abend nicht mehr den Weg in eines der Lokale in Aci Trezza. Aber so ein kleiner Imbiss auf der eigenen Terrasse mit Blick auf das vom Mond beschienene Meer ist schließlich auch nicht zu verachten.

Ein paar Bilder

Sizilien 2015

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