Für viele Künstler gehört es zu den großen Herausforderungen, neben den gewohnten Rockpfaden einmal die verschlungenen Wege einer akustischen Umsetzung der bekannten Lieder einzuschlagen. Das haben sich wohl auch Mono Inc. gedacht und außer einem Akustikalbum (als Teil der The Clock Ticks On-Compilation) gleich noch eine ganze Akustiktournee auf die Beine gestellt. Deren Abschluss wurde nun in der Heimatstadt Hamburg gefeiert und geriet nicht nur deshalb besonders emotional.
Irgendwann konnte Mono Inc. Sänger Martin Engler seine Tränen nicht mehr zurückhalten. Es kam viel zusammen an diesem Abend in der Hamburger Fabrik. Es war der Abschluss einer nach eigenen Worten für die Band wunderbaren Tournee mit vielen neuen Erfahrungen. Dazu noch der Tourabschluss in der Heimat mit vielen Freunden und Verwandten im Publikum. Und überdies ein Sänger, der seit jeher voller Hingabe seine Musik lebt. Eine Eigenschaft, die ich bei Martin Engler schon seit meinem ersten Konzert 2010 im damals noch vergleichsweise spärlich gefüllten Cotton Club in Kaiserslautern sehr schätze. Seinerzeit war er stolz und ergriffen, seiner anwesenden Mutter zu zeigen, dass es mit der Musik nun doch etwas werden könnte. Und es wurde etwas sehr Erfolgreiches. Die Hallen wurden immer größer, das letzte Album Nimmermehr ging durch die Decke und es stellte sich auch kommerzieller Erfolg ein. All dies reflektiert der Bandchef kritisch, ist voller ernst gemeinter Dankbarkeit und tief bewegt, wenn er die Bandhistorie Revue passieren lässt. Auch Tiefschläge werden künstlerisch verarbeitet und wie an diesem Abend dem verstorbenen Bandmitgründer Miky Mono mit The Best of You ein ergreifendes Lied gewidmet. Kein Weg zu weit macht er zu einem starken Statement gegen innerfamiliäre Gewalt, die er in der Vergangenheit am eigenen Leib erfahren musste. Es ist beeindruckend, wie ehrlich der Sänger mit sich, seinem Leben und der Band umgeht und wie offen er seine Emotionen leben kann.
Die Fabrik ist ein lauschiger Konzertraum mitten in Altona, der zu diesem Anlass bestuhlt wurde. Eine nicht so richtig zu Ende gedachte Idee, wie sich zeigen sollte. An den Seiten gibt es außerdem noch kleine Tribünen, dennoch fanden nicht alle Besucher einen Sitzplatz und so saßen die einen, während sich die anderen im hinteren Bereich drängelten. Oder dreist nach vorne marschierten, und den Sitzenden die Sicht nahmen. Des Weiteren sorgten ein paar hölzerne Säulen zwar für die nötige Stabilität, führten aber zu einigen Sichtbehinderungen, wenn man seinen Stuhl im hinteren Bereich gefunden hatte. Aber egal, man war ja wegen der Musik gekommen.
Die große Frage war, wie sich die eher klassischen Rocksongs („Party Goth“, wie der Sänger scherzhaft bemerkte) sich akustisch auf der Bühne schlagen würden. Dafür hatte sich die Band Verstärkung organisiert. Neben Gitarrist Carl Fornia, Bassist Manuel Antoni, der hochschwangeren Schlagzeugerin Katha Mia, die diesmal allerdings Klavier und Gesang beisteuerte, und Sänger Martin Engler hatte man mit Schlagzeuger Sebastian Rupio sowie einem Cellisten zwei Musiker gefunden, die dem Konzert gut taten. Auch das gediegene Outfit war dem Anlass angemessen und so bat die Band darum, den ersten Teil des Konzerts mit eher getragenen Stücken still und im Sitzen zu genießen. Wer „normale“ Mono Inc. Konzerte kennt, weiß um die Livequalitäten der Band, die es bislang noch immer geschafft hat, mich zu packen und zu berühren. Nach der ersten halben Stunde hatte ich diesmal aber ernsthafte Zweifel, ob das diesmal auch funktionieren würde. Diesmal trafen die nachdenklichen Stücke zu Beginn meinen Nerv nicht.
Doch das sollte sich ändern. Nach einer Pause wurden die Stühle auf der Bühne beiseite geräumt und ein deutlicher Zahn zugelegt. Viele Zuschauer wirkten geradezu erleichtert, nun endlich aufstehen und die Band wie gewohnt feiern zu können. Zwar wurde das Setting mit weitestgehend akustischen Instrumenten und entsprechend angepassten Arrangements beibehalten, aber jetzt wurde gerockt. Das Konzert umfasste alle Bandepochen und bildete einen schönen Querschnitt, wobei manchen Liedern das akustische Kleid besser passte als anderen. Revenge kam zum Beispiel irgendwie nicht so recht aus den Puschen, bei Arabia, Voices of Doom oder der Coverversion von Purple Rain klang das dafür um so besser. Apropos Cover: Natürlich wurde auch wieder der unvermeidliche Passenger mit der gewohnten Publikumsbespaßung zum Besten gegeben. Nach so vielen Mono Inc. Konzerten kann ich es fast nicht mehr hören und auch die Band hatte ihr Passenger-Veto eingelegt, wurde aber vom Chef überstimmt. Schade eigentlich.
Nach knapp zwei Stunden verabschiedeten sich Mono Inc. von ihren zufriedenen Anhängern, die einen vor allem in der in der zweiten Hälfte mitreißenden und intensiven Konzertabend genossen hatten. Katha Mia darf nach Abschluss der Tour nun endlich entbinden und die Band kann sich auf die Open-Air-Saison vorbereiten. Ich hoffe beim Hexentanz in Losheim im Mai bleibe ich vom Passenger verschont. Aber ich fürchte, das wird ein Wunsch bleiben. Aber wenn Mono Inc. live weiter so überzeugende Konzerte abliefern, verzeihe ich ihnen das gerne!