Camp Nou in Barcelona, Santiago Bernabeu in Madrid – die gigantischen Stadien der spanischen Spitzenteams haben einen legendären Ruf. Doch in Sachen Historie können sie sich nicht mit dem Estadio Mestalla messen, dem 1923 eröffneten Stadion des Valencia CF, das somit das älteste Stadion der derzeitigen Erstligisten in Spanien ist. Teil 3 des Valencia-Reiseberichts!
Das Mestalla ist ein Stadion der alten Schule. Im Vergleich zu modernen Arenen, die zugunsten einer guten Verkehrsanbindung in der Regel weit außerhalb der Städte errichtet werden, liegt das Stadion in Valencia mitten in der Stadt und ist perfekt mit der Metro zu erreichen. Mit einer Fassade in Schwarz und Orange prägen vor allem die steilen Tribünen den Blick von außen. Erst im Stadion selbst erschließt sich die Wucht des Raumes mit voller Kraft. Die Ränge wirken als würden sie nahezu senkrecht in die Höhe wachsen, es entsteht ein Gefühl der Enge, das prall gefüllt sicherlich eine Art Hexenkessel entfachen kann. Leider verpassten wir das Spiel gegen Atletico Madrid aufgrund ungünstiger Flugzeiten knapp und somit mussten wir uns mit einer sehr informativen und kurzweiligen Stadiontour begnügen. Für knapp 9 Euro (für Besitzer einer Valencia-Card) führte uns Paula knapp 90 Minuten durch die heiligen Hallen.
Im Innenraum konnte man auf den Trainerbänken Platz nehmen, die wie häufig unterhalb der Grasnarbe liegen. Der Blick von dort ist extrem bescheiden und beim Torjubel sollte man darauf achten, dass man sich nicht den Kopf am Dach stößt, denn die Höhe scheint eher für Südländer ausgelegt zu sein. Oder man will den Besuchern in der ersten Reihe dahinter schlicht und ergreifend die Sicht nicht verderben. In den Katakomben gab es den ein oder anderen Film über die Baugeschichte und durchaus eindrucksvolle Historie des Vereins zu schauen, wobei die Erfolge bereits durch die kleine aber feine Trophäensammlung deutlich wurden.
Wir wurden nun immer tiefer ins Allerheiligste des Stadions geführt. Nach Presseraum, Mixed Zone und Kapelle ging es in die Kabine des Gastgebers und man konnte sich direkt auf den Platz unseres Weltmeisters Shkodran Mustafi setzen, der seit dieser Saison in Valencia die Fußballschuhe schnürt, sich zum Stammspieler gemausert und an diesem Wochenende sogar sein erstes Tor geschossen hat. Anschließend konnte man noch einen Blick in den medizinischen Bereich werfen. Das alles ist sicherlich nicht mit den Wellnesstempeln der Hightech-Arenen zu vergleichen, besitzt aber durchaus rustikalen Charme und vor allem ganz viel Geschichte!
Die Zukunft des Estadio Mestalla ist unklar, dabei schien das Schicksal bereits besiegelt. Das Stadion sollte abgerissen, der kostbare innerstädtische Baugrund verkauft und mit dem Geld das neue Stadion bezahlt werden. Das Nou Mestalla steht nun als Ruine und Mahnmal der Krise im Norden der Stadt. Die Bauarbeiten ruhen seit fünf Jahren. Es ist mir auch völlig schleierhaft, wie man auf die Idee kommen kann, einen Tempel wie das Mestalla aufzugeben. Es ist zu hoffen, dass der in dieser Woche bekanntgegebene neue Investor Peter Lim aus Singapur die entsprechenden Pläne nicht vorantreibt, sondern seine Millionen direkt in den finanziell seit langem in Schieflage befindlichen Verein investiert. Angekündigt hat er allerdings, das neue Stadion zum 100-jährigen Jubiläum 2019 fertigzustellen. Damit wäre das Ende des Mestalla besiegelt.