Freude an Vielfalt – Bierfestival in Olewig
Oft schon beklagte ich mich über den Verlust der Biervielfalt in der Region und richtete den Blick neidisch in Richtung Süden, wo die Brauereidichte um ein Vielfaches höher ist. Doch mittlerweile gibt es in Trier immerhin zwei Kleinbrauereien, die es mit den Platzhirschen Bitburger und Karlsberg aufnehmen. Über Petrusbräu habe ich bereits ausführlich berichtet und seit einigen Jahren gibt es mit Kraft Bräu eine wunderbare Brauerei im Weinort Olewig. Im Blesius Garten, dem Stammsitz von Kraft Bräu, fand nun das erste Trierer Bierfestival statt, auf dem sich eine ganze Reihe kleinerer Brauereien mit ihren Spezialbieren präsentierten. Eine wundervolle Veranstaltung, die hoffentlich fortgesetzt wird!
Die Macher hatten sich wirklich viel Mühe gegeben. Der schöne Biergarten des Blesius Gartens wurde liebevoll umgestaltet, um den zehn Anbietern angemessenen Raum für ihre Kreationen zu geben. Als vorbeugende aber zum Glück unnötige Maßnahme wurde das Gelände noch überdacht, was für eine wirklich gemütliche Atmosphäre sorgte. Der Brunnen im Zentrum wurde zu einer Reinigungsstation für das Bierglas umfunktioniert, es wurde wirklich an alles gedacht. Neben den Bieren gab es auch frisch zubereitetes Essen und ich entschied mich für einen deftigen Pulled-Pork-Burger. Es war nicht ganz das, was ich unter Pulled Pork verstehe, aber lecker war es und es war eine gute Grundlage für die vielen Biere, die es zu probieren gab. Zehn Brauereien hatten insgesamt über 60 Biere mitgebracht. Leider konnte ich so natürlich nicht alle verkosten, aber ich habe mir Mühe gegeben, mir zumindest einen kleinen Überblick zu verschaffen. Für 5 Euro Eintritt gab es ein Glas, die Biere selbst kosteten an den Ständen 1 Euro für ein kleines Bier zwischen 0,1 und 0,2 Litern. Ein mehr als fairer Preis und ein schlüssiges Konzept.
Kraft- und Petrus-Bräu: Die Lokalmatadore
Die durchaus empfehlenswerten Standardbiere der beiden Trierer Hausbrauereien kenne ich ja bereits gut, daher mussten sie zu diesem Anlass nicht noch einmal extra verkostet werden. Petrus hatte das Weizen und das Pils im Gepäck, wobei ich ja eigentlich das dunkle Spezial präferiere. Es gab allerdings noch ein besonderes Bier ohne Namen, das natürlich probiert werden musste. Es handelt sich um eine Spezialabfüllung für einen belgischen Kunden, das noch nicht auf dem Markt ist und zu dieser guten Gelegenheit einmal getestet werden sollte. So richtig überzeugend fand ich es nicht, wobei das sicher wie so oft Sache des persönlichen Geschmacks ist. Das Helle mit stark cremig-karamelliger Note hat im Abgang dann doch deutlich an Kraft verloren.
Von Kraft Bräu probierte ich Seb’s Pale Ale. Bei den sog. Pale Ales handelt es sich um Biere, die ursprünglich im England des 19. Jahrhunderts für den Export in die indischen Kolonien durch höheren Alkoholgehalt und die Zugabe von besonders Viel Hopfen haltbar gemacht wurden. Die durchaus prägnante Würze hatte auch Seb’s Pale Ale, das aber wie schon das belgische Petrusbräu im Abgang etwas schwächelte.
Die Region im Fokus: Vulkanbräu und Zils
Da hätte ich ja gleich mein Leergut mitnehmen können, denn in der Vulkan-Brauerei in Mendig war ich vor einigen Wochen erst gewesen und habe mich mit den dortigen Spezialitäten eingedeckt. Doch das Helle, das Dunkle und das Weizen waren schneller ausgetrunken, als ich den Bericht tippen konnte, daher gab es hier keinen diesbezüglichen Test zu lesen. Dennoch verzichtete ich auf die drei Standardbiere und probierte stattdessen das sehr prägnante Pale Ale, das mir nach ein paar Gewöhnungsschlucken sehr gut schmeckte. Überhaupt ist mir aufgefallen, dass ich bei Weinverkostungen einem Wein deutlich schneller auf die Schliche komme als einem charakterstarken Bier.
Für mich neu war die Brauerei Zils aus Naurath in der Eifel. An diesem Stand blieb ich irgendwie hängen, die Biere haben mich voll und ganz überzeugt. Als erstes gab es ein wunderbar ausgewogenes Weizen, das dennoch einen ausgesprochen eigenen Charakter entwickelte. Eigentlich nicht so mein Fall sind die vor allem aus Bamberg bekannten Rauchbiere, doch das Fest-Rauchbier war nicht ganz so intensiv rauchig, prägnant, aber nicht penetrant. Zum Abschluss gab es noch das 5-Korn, das ebenfalls sehr anschmiegsam und harmonisch wirkte. Nach Naurath muss ich also wirklich einmal fahren.
Fast schon Heimat – Riegele aus Augsburg
Die Augsburger Bierkultur hat es mir ja bekanntlich angetan. Das Brauhaus Riegele habe ich bei meinem letzten Besuch ausführlich getestet und beinahe hätte ich zwei Kartons mit den Spezialbieren nach Trier geschleppt. Dann war ich aber doch zu faul und habe mich daher um so mehr gefreut, dass ich diese nun vor meiner Haustür probieren konnte.
Acht experimentelle Bierspezialitäten wurden in der Traditionsbrauerei kreiert, die ein breites Geschmacksspektrum abdecken und Lichtjahre von den Mainstreambieren entfernt sind. Begonnen habe ich mit dem fruchtigen Simco 3, einem Indian Pale Ale, das Lust auf mehr machte. Das dunkle Robustus 6 ist kräftig aber doch süffig, wirkt aber deutlich schmalbrüstiger als das Ator 20. Dieses wurde gestachelt, eine Tradition, die ich schon in Augsburg kennenlernen durfte und in der ein glühender Metallstift in das Bier getaucht wird. Ein super Showeffekt, doch die eindrucksvolle Karamellnote und der warme Schaum zum kalten Bier machen das Bier so zu einem Erlebnis für alle Sinne. Zum Abschluss gönnte ich mir Noctus 100. Kräftig schwarz, mit starken Schoko- und Kaffeenoten und 10% Alkohol. Mir war das alles etwas viel, es sollte eher so bedächtig wie ein schwerer Rotwein genossen werden.
Gäste aus der Ferne
Unter der Prämisse „Stoppt MassenBIERhaltung“ traten von Freude aus Hamburg an. Zwei Biere hatten die sympathischen Nordlichter im Gepäck, die beide einen ausgesprochen starken eigenen Charakter hatten. Das mit 4,3 % Alkohol leichtere der beiden gab mit angenehmen Zitrusnoten dem Hopfen vollen Raum sich zu entfalten, das etwas kräftigere überzeugte ebenfalls auf ganzer Linie.
Die Bierzauberei von Dipl. Braumeister Günther Thömmes aus Brunn am Gebirge in Österreich habe ich leider ebenfalls nur an einem Beispiel testen können. Das Märzen war weich, harmonisch mit Honignoten und hat mir ausgezeichnet geschmeckt.
Das Bière d’Abbaye von Pax-Bräu aus Oberelsbach in der Rhön ist ein Double-Starkbier, das interessanterweise mit Honig und Koriander gebraut wird. Ein sehr charakterstarkes Bier, das mich aber nicht restlos überzeugen konnte. Doch mit dem interessanten Portfolio der kleinen Brauerei würde ich mich gerne noch etwas intensiver auseinandersetzen.
Nicht besucht habe ich leider die Stände vom Craft Werk aus Bitburg und von den Brew Dogs. Vielleicht ergibt sich ja noch einmal eine Gelegenheit, dies nachzuholen!
Fazit
Das Bierfestival war ein voller Erfolg und ich hoffe sehr, dass es eine Wiederholung geben wird. Für mich war das Riegele-Ator der Gewinner des Abends, nicht allein wegen des eindrucksvollen Effekts des Stachelns. Unter den hellen Bieren hat mir das Märzen des Bierzauberers am besten geschmeckt. In der Breite haben mich die Biere von Zils am meisten überzeugt, die wirklich allesamt ausgesprochen wohlschmeckend waren. Es ist schön zu sehen, dass die Craft-Beer-Bewegung mittlerweile zahlreiche Anhänger gewonnen hat und ähnlich wie die jungen Moselwinzer nun auch viele junge Brauer ihre eigenen Ideen umsetzen und das unter höchsten Qualitätsansprüchen und mit einem umfassenden Bewusstsein für die verwendeten Zutaten. Mit Kraftbräu und Petrusbräu gibt es auch in Trier zwei echte Alternativen, um dem Einfluss des Geschmacks-Mainstreams ein Schnippchen schlagen zu können.