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Ja, ich war skeptisch. Das Broilerskonzert in Düsseldorf Ende 2012 war zwar noch in bester Erinnerung, doch das aktuelle Erfolgsalbum ‚Noir‘ hatte mich dann doch sehr enttäuscht. Die Befürchtung, dass das bis dato größte Konzert der Bandgeschichte nun ein anderes Publikum anlocken und die typische Broilers-Atmosphäre verloren gehen würde, erfüllte sich zum Glück nicht. Die denkmalgeschützte Halle brannte im wahrsten Sinne des Wortes. Es war ein Fest.

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Seit 20 Jahren spielt die Band aus Düsseldorf sich hingebungsvoll durch die Hallen der Republik und hat sich dabei eine treue Fanbasis erarbeitet. Die ruppigen Punk und Oi Wurzeln glätteten sich im Laufe der Jahre, man wurde älter, konnte sich ordentliche Studio- und Bühnentechnik leisten und die Clubs und Hallen wurden langsam immer größer. Kein märchenhafter Aufstieg sondern letztendlich das Ergebnis harter Arbeit. Doch bei ‚Noir‘ war vieles anders. Das Album katapultierte die Band an die Spitze der Albumcharts und in das Bewusstsein der Bild-Zeitungs-Leser. In den Medien war man nahezu omnipräsent und die meisten Konzerte der anstehenden Tournee waren in Windeseile ausverkauft. Es gab aber auch eine andere Seite der Medaille. Im Gästebuch der Bandwebseite und in den sozialen Netzwerken machten viele Fans ihrem Ärger lautstark Luft, zu glatt gebügelt und ohne die gewohnten Ecken und Kanten kam das Album daher. Ein Eindruck, gegen den die Band auf der Bühne vehement anspielte.

broilers01Die altehrwürdige Westfalenhalle 1 gehört zu den traditionsreichsten und meiner Meinung nach schönsten Hallen in Deutschland. Die 11.000 Besucher fassende Halle war auch prall gefüllt und das Publikum bereits am Einlass in großer Vorfreude. Wir hatten diesmal wie schon in Düsseldorf Sitzplätze gewählt (man wird nicht jünger), die einen guten Blick auf Bühne und die Action im Innenraum gewährten. Und da war wirklich einiges geboten.

Bereits beim Supportact, The Bones aus Schweden, gerieten die Massen ordentlich in Wallung. So richtig hat mich der Auftritt allerdings nicht überzeugt, obwohl mir die Alben eigentlich ganz gut gefallen. Doch in Sachen Sound lag leider einiges im Argen und so plätscherte die gute halbe Stunde dann doch relativ monoton an mir vorbei. Zeit sich noch ein Bier zu holen, was sich allerdings schwieriger als erwartet darstellte. Denn neben mir hatten tatsächlich auch noch andere Leute Durst, worauf man im Catering nur unzureichend vorbereitet gewesen zu sein schien. Das durchaus leckere Brinkhoffs zu stolzen vier Euro für einen 0,4-Liter Broilersbecher floss unter der Hand der Aushilfe nur zögerlich aus dem Hahn, was ihm dann einige nett gemeinte, wenn auch rüde Beschimpfungen einbrachte. Immerhin schaffte ich es rechtzeitig zum Intro wieder zurück auf meinen Platz, der dann für die folgenden zweieinhalb Stunden hochgeklappt bleiben sollte. Sitzen blieb kaum einer.

broilers10Nicht ganz zufällig wurden Bilder aus der gesamten Karriere und vor allem den Anfängen der Band auf eine weiße Leinwand projiziert. Eine Entwicklung sollte aufgezeigt werden, ohne dass die Wurzeln in Vergessenheit geraten sind. Ein wichtiges Anliegen der Band, das sich auch in einigen Publikumsansprachen fortsetzte. Die Broilersfamilie als Einheit aus alten und neuen Fans, ob dieser Spagat gelingt, wird die Zukunft zeigen. Mit Konzerten wie in Dortmund ist man auf jeden Fall auf dem besten Wege dazu. Geboten wurde ein ausgewogener Querschnitt aus allen Schaffensperioden, der mit unbändiger Spielfreude und unglaublicher Energie auf die Bühne gebracht wurde.

broilers08Leider blieb der Sound von Beginn an mittelmäßig, was der Stimmung allerdings keinen Abbruch tat. Der gesamte Innenraum war nahezu die gesamte Zeit in Bewegung und auch auf den Rängen hielt es niemanden auf den Sitzen. Gänsehautatmosphäre. Mich persönlich haben die neuen Stücke auch live nicht berührt, aber es gab mehr als genug Klassiker abzufeiern. Stimmungsvoll untermalt wurden diese immer wieder von Bengalos und auch Sänger Sammy ließ es sich nicht nehmen, seinerseits die Halle zum Leuchten zu bringen. Im Fußball würde es Stadionverbote hageln und die Presse sich die Mäuler über den bevorstehenden Bürgerkrieg zerreißen, hier störte es zum Glück niemanden.
broilers06Doch es war nicht alles Party. Man nimmt der Band wirklich ab, dass die Kritik an der neuen Platte nicht spurlos an den Musikern vorübergegangen ist. Die gefeierten Auftritte dürften trotz aller Charterfolge Balsam auf die geschundenen Seelen gewesen sein und immer wieder zeigte sich Sammy dankbar über den großen Zuspruch, aber auch die kritischen Worte der Fans, den beides belegt, wie sehr Musik und Band den Menschen am Herzen liegen. Auch politisch positionierte man sich in gewohnter Weise eindeutig, bereits am Einlass wurde darauf geachtet, dass rechte Szenekleidung draußen bleiben musste. Gut so! Aber selbst wie man mit einem Frei.Wild-Shirt auf ein Broilerskonzert gehen kann, will sich mir einfach nicht erschließen.
Es war ein denkwürdiger Abend in Dortmund. Meine Befürchtungen, dass die aktuelle Platte auch die musikalische Richtung der Konzerte beeinflusst haben könnte, hat sich zum Glück nicht bestätigt, manchmal hatte ich eher das Gefühl, dass man extra noch eine Schippe drauflegte, um es Nörglern wie mir richtig zu zeigen. Damit kann ich leben und so freue ich mich sehr auf die Filmnächte am Elbufer in Dresden, wo die Broilers im Juli ihre Visitenkarte abgeben werden. Und in Trier spielen sie ja auch noch. Mal sehen…

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