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Zum dritten Mal sollte es nun soweit sein: Rammstein live! Kaum zu glauben, dass ich die im Oktober 1997 noch auf der Sehnsucht-Tour in der Sporthalle Oberwerth zu Koblenz gesehen habe. Im letzten Jahr gaben die Jungs dann ein Konzert in der Escher Rockhal und diesmal führte uns die Reise also nach Nancy. Drei Konzerte, drei Länderpunkte gewissermaßen. Und die Franzosen schafften es wirklich, nahezu alle Klischees, die man so mit sich herumträgt, voll und ganz zu bestätigen!

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Nur gute 160 Kilometer trennen das schöne Trier von Nancy, eine Distanz, die man sogar mit einem Smart problemlos überbrücken kann. Und somit brachen wir am frühen Sonntagmorgen auf in Richtung Lothringen, wo wir vorausschauend gleich mal ein Hotel gebucht hatten. Gab zwar etwas Chaos bei der Buchung, aber letztendlich bezogen wir ein wirklich schönes, wenn auch funktionelles Zimmer in Laxou, einem Vorort von Nancy. Die Stadt war zwar in der Ferne zu sehen, allerdings lag die Konzertlocation praktischerweise in fußläufiger Entfernung. Ein Fakt, über den wir am Ende noch sehr froh sein durften.

Rammstein_zenith 2Das Zenith de Nancy, etwas vollmundig als Amphitheater angekündigt, ist eine Konzertbühne vor den Toren der Stadt mit einem Fassungsvermögen von etwa 25.000 Zuschauern. Dank moderner Navigationstechnik schlugen wir uns also durch Industriegebiete und über Autobahnzubringer, bis wir nach etwa einer Stunde Fußmarsch den Ort des Geschehens erreichten. Zwei Stunden vor dem Einlass war der Vorplatz mit diversen Eingängen schon gut gefüllt. Wir versorgten uns erst einmal mit Getränkebons, was zwar recht lange dauerte, aber wir hatten ja eh nichts vor. Die Getränkepreise sorgten dann gleich mal für Erstaunen, denn diese reichten von drei Euro für Wasser bis zu sechs (!!!) Euro für ein Bier. Mit Betrinken war also mal nix. Dabei hatten wir aber noch Glück. Im Innenbereich des Geländes gab es ebenfalls nur zwei (?) Bonstände, die Schlangen nahmen endlose Ausmaße an. Wohl dem, der sich die kostbaren Zettel rechtzeitig besorgt hatte. Weniger lustig war aber wohl die Tatsache, dass noch vor Konzertbeginn das Wasser ausgegangen war, was einigen bei gut 30 Grad zum Verhängnis werden sollte.

Im Innenbereich bot sich ein beeindruckendes Bild. Man konnte die grandiose Bühne hinter den Vorhängen bereits erahnen, gegenüber befanden sich steile Sitzplatztribünen und ein betonierter Innenraum, der nicht noch einmal in verschiedene Bereiche abgetrennt war. Je näher das Konzert rückte, umso unmöglicher wurde es, durch das Gedränge noch an Getränke zu kommen, ohne seinen Platz aufzugeben. Das Programm begann dann leider nicht mit einer klassischen Vorband, sondern mit einem DJ-Set. Joe Letz, einigen als Drummer bei Combichrist bekannt, präsentierte seine Rammstein-Remixe. Hmm, Rammstein im Industrial-Techno-Gewand, das hat nicht jedem gefallen, von ein paar guten Ideen abgesehen auch mir nicht. Außerdem wirkte der kleine, tätowierte Bursche auf der großen Bühne sehr verloren und seine etwas peinlichen Versuche, das Publikum zu animieren schlugen kolossal fehl. Da war man froh, dass es nach einer guten halben Stunde vorbei war.

Rammstein_zenith 10Kurz nach 21 Uhr war es dann soweit. Die ersten Explosionen dröhnten und Raketen stiegen hoch in den Himmel. Das hätte sicher im Dunkeln noch viel besser ausgesehen. Aber egal, der Vorhang fiel und Till schwebte im Feuerregen und in einen rosa Flokatimantel auf die Bühne hinab. Du tust mir weh war der Opener und von Beginn an tobte die Menge, zumindest in dem Bereich vor der Bühne. Was folgte war ein ausgewogenes Best-of-Programm, die einzigartige Bühnenshow muss nicht extra erwähnt werden. Es krachte an allen Ecken und Enden, selbst in gebotenem Abstand hatte man häufiger einmal Angst um die eigenen Augenbrauen. Der Sound war im Bereich vor der Bühne ordentlich. Man verstand jedes Wort und es war anständig laut. Das gemischte deutsch-französische Publikum feierte ausgelassen und die Leute um mich herum waren durch die Bank freundlich und nicht aggressiv. Auch die Band präsentierte sich ausgesprochen gut gelaunt. Sind sie auf der Bühne sonst häufig konzentriert und ernst, so sah man sie diesmal gelegentlich herzhaft lachen und sogar Kontakt mit dem Publikum aufnehmen. Viel zu schnell näherte sich das Konzert dem Ende, was zum einen daran lag, dass einem kaum eine Atempause gegönnt wurde, zum anderen aber auch an einer durchaus knapp bemessenen Spielzeit von deutlich unter zwei Stunden. Da hatte ich mir mehr erwartet als ein Festivalset. Den Zugabeblock eröffnete eine überraschende Pianoversion von Mein Herz brennt, wenige Lieder später sorgte Pussy mit einer riesigen Penis-Schaumkanone für den brachialen Schlusspunkt.

Fazit: Dass Rammstein eine fantastische Liveband ist, haben sie in Nancy eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Lediglich die etwas kurze Spielzeit kann man bemängeln. Pluspunkte hat auch die Location gesammelt, wobei das Zenith an das Ambiente eines ‚echten‘ Amphitheaters natürlich nicht herankommt. Es gab aber auch einige negative Punkte, wobei uns die meisten nicht direkt betroffen haben:

  • Keine Vorgruppe, dafür ein DJ, der es nicht schaffte, das Publikum für sich zu gewinnen
  • Zu wenige Toiletten für 25.000 Menschen
  • Chaotisches Bonsystem mit endlosen Wartezeiten
  • Extreme Getränkepreise
  • Kaum Mitarbeiter vor Ort, die mehr als Französisch sprachen (oder sprechen wollten)
  • Tickets, die im Rammstein-Shop gekauft wurden, mussten vor Ort umgetauscht werden
  • Totales Chaos bei der Abfahrt und auf den Parkplätzen. Gut, dass wir zu Fuß unterwegs waren!

Dennoch kann ich es kaum erwarten, Rammstein das nächste Mal live zu erleben. Meinetwegen wieder in Frankreich, man weiß ja jetzt, worauf man sich einlässt!

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