Saisonfinale. Die Zeit der großen Entscheidungen. Auf- und Abstiegskampf. Der emotionale Gipfel der Saison. Dieses Jahr ist alles anders. Keine Absteiger. Kein Zittern, Spiele, bei denen das Ergebnis nicht im Vordergrund steht.
Für unsere TuS war es ein schwieriges, ein existenzielles Jahr. Nach dem Schock und der Ungewissheit der vergangenen Sommerpause haben wir uns alle sehr darauf gefreut, in diesem Jahr wenigstens in der Regionalliga spielen zu können. Wir waren erleichtert, überhaupt noch am Leben zu sein. Es wurde die Existenz der TuS gefeiert, ein neuer, ein frischer Wind wehte durch den Verein, wobei jedem bewusst war, dass es ein Tanz auf der Rasierklinge wird.
Der Beitrag entstand kurz vor Saisonende für den DKF
Aus den Ruinen…
Nun ist die Saison fast gespielt, ein Spieljahr, das all diejenigen viel Substanz gekostet hat, die sich mit Leib und Seele dem Verein verschrieben haben. Die Voraussetzungen waren schlecht. Erst spät wurde die nötige Lizenz erteilt, es blieben nur wenige Wochen, um eine Mannschaft zusammenzustellen, die zumindest ansatzweise die Perspektive hat, regionalligatauglich zu sein. Nach dem Abgang von Trainer Petrik Sander sowie fast der gesamten Drittligamannschaft, die trotz des grausam vermasselten Pokalfinals in Trier unter den Anhängern größte Sympathie erworben hatte, lag es an Trainer Michael Dämgen und Geschäftsführer Thomas Theisen, die Herkulesaufgabe anzugehen. Es hatte etwas von „Koblenz sucht den Superkicker“, wer wollte, konnte sich um einen Platz im Kader bewerben.
Nicht vergessen werden darf aber, dass letztendlich eine Mannschaft zur Verfügung stand, die in der Spitze durchaus erfahrene Spieler aufwies. Angelo Barletta, Thomas Gentner, Thomas Klasen, Michael Stahl – mindestens das Gerüst der Mannschaft hatte durchaus Regionalliganiveau. Als dann noch Mineiro dazustieß, erhielt man auch mediale Aufmerksamkeit. Bei welchem tief gefallenen Regionalligisten gibt sich schon ein ehemaliger WM-Teilnehmer die Ehre? Lange Rede, kurzer Sinn: Es gab durchaus die Hoffnung, dass auf dem Rasen des Oberwerths etwas entsteht. Eine hungrige Mannschaft, geführt von „alten“ Haudegen, die es schaffen könnte, das Gerüst für die wichtige Saison 2012/2013 herauszubilden, in der es nach der Regionalligareform dann wieder ernsthaft um Punkte und den Klassenerhalt gehen wird.
Das lange Warten auf den ersten Sieg

Die TuS-Fans bejubeln die ersten Treffer der Saison in Wattenscheid gegen die Reserve des VfL Bochum
Von Beginn an wurde eins deutlich: Das größte Problem der TuS liegt in der Offensive. David Sasse konnte letztendlich die Erwartungen nicht erfüllen und verließ den Verein bereits im Winter wieder. Somit blieben nur noch Tokio Nakai, Thomas Klassen und Jan Hawel, zu wenig, um in der Klasse bestehen zu können. Das erste Highlight war das Auswärtsspiel in Bochum am vierten Spieltag. Nach zehn Minuten sahen die wenigen mitgereisten TuS-Fans unter der Woche in Wattenscheid einem Debakel entgegen. 2:0 führte die VfL-Reserve, da wir noch kein Tor geschossen hatten, war ein Punkt in weite Ferne gerückt. Bier nicht toll, Hunde bissig, kein schöner Fußballabend. Doch dann die sensationelle Wende und ein emotionaler Ausbruch, wie man ihn in der noch folgenden Saison nur ganz selten erleben sollte. Die TuS führte plötzlich 3:2 und hätte fast gewonnen, doch in der gefühlt zehnten Minute der Nachspielzeit zappelte der Ball nach einem Freistoß dann doch zum 3:3 im Netz. Eine kalte Dusche, dennoch fuhr man mit dem Gefühl nach Hause, dass man doch Tore erzielen kann. In den folgenden Wochen zeigte die Mannschaft, wo ihre Hauptqualität liegt, nämlich jeder Mannschaft das Leben schwer machen zu können. Unentschieden gegen Wuppertal und gegen Trier, in Lotte verlor man nur knapp. Unter den Heimspielen ragte das Spiel gegen den Rivalen aus der Moselstadt heraus, was vor allem an der beeindruckenden Jubiläumschoreographie in Block 1 lag. Sportlich tat man sich schwer, doch auch wenn man bis Ende November kein Spiel gewann, hatte man als Fan immer das Gefühl, dass man einer Mannschaft zusah, die sich für TuS Koblenz einsetzte und die Farben des Traditionsvereins würdig vertrat. Auch bei den Heimspielen zeigte sie mit den begrenzten Mitteln ordentliche Leistungen, die trotz der widrigen Bedingungen im zurückgebauten Stadion Oberwerth für ordentliche Zuschauerzahlen sorgten, auch wenn der Caterer selbstständig Risikospiele ausrief, weil die Bestände an alkoholfreiem Bier noch weg mussten.
Der Befreiungsschlag dann am 16. Spieltag: Der 2:1-Heimsieg gegen Fortuna Köln schien den Fluch besiegt zu haben. Der erste Sieg, nun konnte es nur aufwärtsgehen. Der Jubel war unbeschreiblich. Die Euphorie war zurückgekehrt und so machte sich auch eine stattliche Anzahl von TuS-Fans auf ins Bruchwegstadion nach Mainz, wo man der Reserve des Bundesligisten ein 0:0 abtrotzte. Ein anderes Gesicht zeigte die Mannschaft beim kurzfristig und mit Zustimmung des Vereins verlegten Spiel in Elversberg. Bereits gebuchte Busse mussten abgesagt werden, später entschuldigte sich die TuS-Führung bei den Fans und bezuschusste den Fanbus nach Verl. Gut, dass nicht allzu viele Zuschauer vor Ort waren. Die TuS zeigte im Saarland eine schwache Vorstellung und verlor zum Glück nur 0:3.
Nicht konkurrenzfähig?
Auch wenn die Ergebnisse nicht passten, viele Spiele waren knapp und die TuS auf Augenhöhe, auch wenn man in der Regionalliga noch nicht so recht angekommen war. Doch es kam in der Rückrunde zum Bruch. Gegen die Spitzenmannschaft Gladbach II hielt man gut mit und verlor, gegen Lautern II ließ sich unser Torwart mehrfach kalt erwischen. Kann passieren, vor allem weil Kadir eine sehr starke Saison im Tor der TuS zeigt. Auch gegen Lotte erkämpfte man einen Punkt, doch gegen die Mannschaften auf Augenhöhe wurde deutlich, dass die TuS das Spiel nicht machen kann. Peinliche Vorstellungen gegen Wiedenbrück, Schalke II, Bochum II und Düsseldorf II mit einem Torverhältnis von 0:10 trieben die Zuschauer in Scharen aus dem Stadion, die Trainerfrage stellte sich immer lauter, aber gemäß dem zurückhaltenden Koblenzer Temperament erstaunlich moderat. Nach einer solchen Pleiteserie hätte man außerhalb der Wohlfühloase Koblenz wohl schon so richtig den Baum am brennen gehabt. Statt Wut dominierte Resignation und manchmal Häme die Atmosphäre auf dem Oberwerth. Unglückliche Äußerungen von beiden Seiten zerschnitten das Band, das zu Saisonbeginn mit dem spontanen Freudenfest zur Regionalligalizenz so vielversprechend gesponnen wurde. Dass ein Trainer der Mannschaft die Regionalligatauglichkeit mehrfach abspricht, scheint für die Spieler mehr Alibi als Motivationshilfe gewesen zu sein. Auswärts zeigte man ein anderes Gesicht, hier konnte man sich auf die Stärken im Konterspiel und eine insgesamt solide Defensive verlassen. Davon zeugen ein überraschend deutlicher 4:0-Erfolg in Leverkusen und das 3:2 bei der Reserve der Borussia aus Dortmund, die zu den Spitzenteams der Liga zählt. Die Fahrt ins Stadion Rote Erde sollte die unterhaltsamste der gesamten Saison werden. Niemand rechnete mit dem Hauch einer Chance für die TuS, eine reine Spaßtour war angesagt. In vielen kreativen Gesängen wurde der eigene Verein gefeiert und gelegentlich auf die Schippe genommen, dass man am Ende sogar die drei Punkte mit in die Rhein-Mosel-Stadt nehmen konnte, krönte die Fahrt. Doch Zuschauer bindet man in den Heimspielen an den Verein. Der dramatische Zuschauerrückgang wird sich entscheidend auf den Dauerkartenverkauf in der kommenden Saison auswirken.
Die sportlichen Ziele verpasst
Nur wenig mehr als 1000 Zuschauer im altehrwürdigen Moselstadion, Regen, es war ein trauriger Pokalabend in Trier. Am Ort des Pokaldebakels von 2011 verlor die TuS mit 0:1 und kann die Hoffnung auf den lukrativen DFB-Pokal begraben. Kaum jemand hatte nach den furchtbaren Heimspielen der vergangenen Wochen mit einem Sieg gerechnet, doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Am Ende stand die Erkenntnis, einer verlorenen Saison beigewohnt zu haben, in der alle sportlichen Ziele verpasst wurden: Rheinlandpokal, ein Tabellenplatz ein gutes Stück jenseits der Roten Laterne, eine Mannschaft die zeigt, dass man in der kommenden Saison eine reelle Chance auf den Klassenerhalt in der neuen Regionalliga Südwest haben könnte. Die Zuschauerzahlen auf dem Oberwerth haben einen Tiefpunkt erreicht, nur noch Hartgesottene konnten sich die enttäuschenden Begegnungen der vergangenen Wochen noch antun. Die verlorenen Zuschauer zurückzubekommen wird eine der zentralen Aufgaben der nächsten Monate sein, dies wird nur mit einer Mannschaft funktionieren, die im Rahmen ihrer Möglichkeiten erfolgreich spielt, aber vor allem den Eindruck vermittelt, die Blauschwarzen Farben würdig und mit der nötigen Einstellung zu vertreten.
Ein Dank gebührt all den ehrenamtlichen Helfern, die sich für den Erhalt unseres Vereins einsetzen und denen es nicht um irgendwelche Privilegien oder eine Innenraumkarte geht. Und ohne den DKF wäre wahrscheinlich schon viel Fanleben rund um die TuS gestorben. Danke Jungs! Wir sind gespannt, was die Sommerpause bringt. Ich bin froh, dass es für diese Saison vorbei ist. Forza TuS!
PS: Durch einen 2:1-Heimsieg am letzten Spieltag gegen Elversberg konnte die TuS die rote Laterne noch abgeben und landete am Ende auf einem versöhnlichen Platz 17. Eine Punktlandung, wie Trainer Dämgen betonte.