Mit 20 Toren hatte Stürmer Jerome Assauer maßgeblichen Anteil am guten Saisonergebnis der TuS Koblenz. Nun verlässt er nach nur einem Jahr die Schängel und schließt sich dem nur durch Glück und dem Lizenzentzug von Kickers Offenbach in der 3. Liga verbliebenen SV Darmstadt 98 an. Assauer zog eine im Vertrag festgeschriebene Ausstiegsklausel und trotz einer für diesen Fall festgeschriebenen Ablösesumme dürfte er ein echter Schnappen für die Darmstädter sein. Eigentlich ein ganz normaler Vorgang im Amateurfußball, dennoch schlagen die Emotionen im Umfeld der TuS hohe Wellen.
Er war eine Ausnahmegestalt im deutschen Fußball. Nach sage und schreibe 19 Jahren im Trikot der Frankfurter Eintracht kehrt Torwart Oka Nikolov seinem Verein den Rücken und erfüllt sich zum Karriereende mit dem Wechsel in die US Profiliga einen persönlichen Traum. Die Fans werden ihn als ‚ewigen Oka‘ in bester Erinnerung behalten, der ohne zu Meckern bereitstand, egal welchen Startorhüter man ihm vor die Nase setzte.
Jerome Assauer hatte wenig Zeit, die Herzen der Fans auf dem Oberwerth zu erobern, Koblenz sollte für den talentierten Stürmer nur eine Durchgangsstation in den bezahlten Fußball sein. Der sympathische Stürmer hat als fleischgewordene Torgarantie ein Offensivpotenzial auf den Rasen des Stadion Oberwerth gebracht, das in den Jahren zuvor schmerzlich vermisst wurde. Satte 20 Tore und die Torjägerkanone standen für Assauer am Ende zu Buche, eine eindrucksvolle Bilanz, die durchaus das Interesse der höherklassigen Konkurrenz geweckt hatte. Assauers Berater hätte wohl seinen Job verfehlt, wenn er potentielle Arbeitgeber nicht auch über die vorhandene Ausstiegsklausel informiert hätte und so war ein Verbleib Assauers in Koblenz wohl von Beginn an sehr unwahrscheinlich.
Entsprechend bizarr muten heute Assauers Aussagen an, die er noch vor drei Monaten über die offizielle Homepage der TuS Koblenz verbreiten ließ:
Ich habe mich in meiner Karriere noch nie so wohl gefühlt wie in Koblenz. Das ist wirklich so. Mein Vertrag läuft noch bis 2014, ich bin total zufrieden hier. Ich bin stolz darauf Teil dieser Mannschaft zu sein und freue mich auf jede Trainingseinheit. Mit der TuS möchte ich noch einiges erreichen, ich will vorangehen und Tore schießen. Am liebsten würde ich meinen Vertrag bei der TuS schon jetzt verlängern.
Gerade diese Worte, weniger der Wechsel an sich, sorgen bei vielen TuS-Anhängern für Verbitterung und Wut, die vielfach auch über die Grenzen des guten Geschmacks hinausgeht. Auch wenn im beschaulichen Koblenz natürlich keine Götze-Dimensionen auf der nach oben offenen Shitstormskala erwartet werden dürften, so drücken viele Kommentare und Äußerungen der Fans maßlose Enttäuschung aus. Enttäuschung über die gespaltene Zunge des Fußballers und die Tatsache, dass es der TuS wieder einmal nicht gelungen war, einen starken Fußballer zu halten oder zumindest gewinnbringend zu veräußern. Der oftmals geschmähte moderne Fußball ist längst in Koblenz angekommen und Fans wie Spieler sollten dies akzeptieren und ‚professionell‘ damit umgehen. Ein Verein mit den finanziellen Möglichkeiten der TuS muss froh sein, einen Spieler von der Qualität eines Jermome Assauer unter Vertrag nehmen zu können. Dass er und sein Berater dabei die Bedingungen nach Belieben diktieren können, ist der Preis, der gezahlt werden muss. Bei einem möglichen Karrieresprung zu verbesserten Bezügen ist ein Wechsel vorprogrammiert und Teil des Plans, dies ist keinem Menschen vorzuwerfen, der mit dem Fußball sein Geld verdienen will. Auf der anderen Seite sollten aber auch die Spieler sich nicht aus Kalkül zu belanglosen Treueschwüren hinreißen lassen oder nach dem Torerfolg die immense Vereinsliebe durch den mittlerweile obligatorischen und meist verlogenen Kuss aufs Vereinswappen demonstrieren. Derartiges Verhalten ist es, was die Menschen hinter den Zäunen am Ende wütend macht und die Spieler als kühl berechnende Ich-AGs in Sachen Fußball entlarvt.
Jerome Assauer kann man bei Darmstadt 98 nur viel Glück wünschen, denn darauf wird er in der 3. Liga neben dem zweifellos vorhandenen Talent angewiesen sein. Die Fans in Darmstadt sollten zumindest gewarnt sein und seinen vollmundigen Bekenntnissen keinen großen Glauben schenken. Das hilft enorm, um am Ende Enttäuschungen zu vermeiden.
Update: Die Rhein Zeitung berichtet in bewegten Bildern vom Trainingsauftakt der TuS und Präsident Hecker und Tom Theisen äußern ihre Enttäuschung über die Entscheidung von Assauer:
Update 2: Und die Kehrtwende. Aus persönlichen Gründen sagt Jerome Assauer Darmstadt ab und spielt nun doch in der kommenden Saison in Koblenz!!!
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